Pflanzenbau | 14. Februar 2019

Zwei neue Destillieranlagen eingeweiht

Von BBZ
Ein Beitrag zum Erhalt von Streuobstwiesen ist die Veredelung ihrer Früchte, zum Beispiel in Form von Spirituosen. Auch deren Herstellung will gelernt sein – bei der LVWO gibt es hierfür jetzt eine neue Brennereieinrichtung
Landwirtschaftsminister Peter Hauk (dritter von rechts) eröffnet neue Brennerei der ältesten deutschen Weinbauschule. Links neben Hauk LVWO-Direktor Dr. Dieter Blankenhorn.
Artenreiche Streuobstwiesen können auf Dauer nur erhalten bleiben, wenn deren Früchte ökonomisch attraktiv veredelt werden. Dies kann dadurch geschehen, dass sie die Grundlage für Spirituosen bilden. Marktfähige Premiumprodukte bringen aber nur Brenner zuwege, die eine gute Aus- und Weiterbildung erfahren.
Das waren die Kernthesen von Peter Hauk, dem baden-württembergischen Landwirtschaftsminister, bei der Eröffnung der neuen Lehr- und Versuchsbrennerei in Weinsberg. „Wir haben die Gunst der fetten Jahre – was die Steuereinnahmen des Landes angeht – genutzt, um mehr in die Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich zu investieren. Das betrifft beispielsweise Gebäude und Labore oder wie hier eine Brennerei.”
 
Widerstände überwunden
Das sagte Hauk am 7. Februar während der Einweihung der neuen Brennerei in den Räumen der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) in Weinsberg. Nach den einleitenden Worten des LVWO-Direktors Dr. Dieter Blankenhorn wies Hauk darauf hin, dass die beiden primären Ziele der Investition darin bestünden, angewandte Forschung für die Praxis zu betreiben sowie die Aus- und Weiterbildung weiter zu verbessern: „Als wir vor 20 Jahren begonnen haben, eine Brenner-Ausbildung anzubieten, hat uns manch einer in Deutschland ausgelacht: Das konnte man schon immer, das sei kein großes Kunststück, war zu hören. Noch vor zehn Jahren hatte ich Schwierigkeiten, dass der damalige Bundesminister Seehofer den Brenner-Meisterlehrgang überhaupt als solchen anerkannt hat.”
Angesichts des Auslaufens des Branntwein-Monopols sei es aber noch wichtiger als früher, Premiumprodukte anzubieten, um im Wettbewerb bestehen zu können, denn 08/15-Erzeugnisse gebe es schon zuhauf am Markt. „Gute Produkte werden aber nur durch gute Brenner erzeugt, und die Voraussetzung für gute Brenner ist die zielgerichtete Ausbildung”, sagte der Minister. Die Verbesserung der Ausbildung sei somit die baden-württembergische Antwort auf das weggefallene Branntweinmonopol.
„Am Ende wird man das dadurch nicht vollständig kompensieren können. Aber es ist weit besser, als tatenlos zuzuschauen, wie die Streuobstwiesen mehr und mehr aufgegeben werden”, ergänzte Hauk. Er ging darauf ein, dass der größere Teil der rund 100000 Hektar Streuobstwiesen schon heute nicht mehr adäquat gepflegt werde, dass die Bäume häufig nicht mehr geschnitten würden und daher überalterten.
Durch die ungenügende Pflege sei letztendlich der gesamte, biologisch wertvolle Lebensraum Streuobstwiese in Gefahr. Zwar werde es nicht gelingen, überall den „letzten Baum” zu erhalten. Aber indem man die Wertschöpfung durch vorzügliche Brennereierzeugnisse erhöhe, steige die Wahrscheinlichkeit, diese artenreichen Biotope bewahren zu können.
Hauk wies darauf hin, dass ein großer Teil der deutschen Brenner im Südwesten Deutschlands zu Hause sei. Auch unter diesem Aspekt sei die Investition in die neue Anlage der LVWO sinnvoll. Die neue Weinsberger Brennerei ist ein Produkt der Firma Holstein aus dem im Bodenseekreis gelegenen badischen Markdorf: „Ein badisches Produkt an einem württembergischen Standort ist eine gute Zusammenführung der beiden Landesteile”, war dem Minister wichtig.
Neue Brennerei an der ältesten deutschen Weinbauschule
Die neue Ausrüstung der Versuchs- und Lehrbrennerei der LVWO Weinsberg bildet die Grundlage für die Arbeiten im Kompetenzteam Brennerei, das sich seit 2017 insbesondere der Themen und Fragestellungen der Klein- und Obstbrenner in Baden-Württemberg annimmt.
Insbesondere für künftige Betriebsleiter aus den Meisterkursen bietet die Ausbildung praktische Inhalte zur Führung einer Verschlussbrennerei, welche einen Betrieb im Haupterwerb ermöglicht. Auch die zukünftigen Schülerinnen und Schüler der Kurse Fachkraft für Brennereiwesen, Brennmeister, Staatlich geprüfte Wirtschafter für Obstbau, Weinküfermeister, Studierende im neuen Bachelor Studiengang Wein-Technologie-Management sowie angehende Weinbautechniker dürfen sich auf eine fundierte praktische Ausbildung freuen.
Die dampfbeheizte Verschlussbrennerei mit 400 Litern Blasenvolumen, drei einzeln abschaltbaren Verstärkerböden, Röhrendephlegmator, integriertem Kupferkatalysator sowie flexiblem Kühlsystem und moderner Messuhr setzt Maßstäbe.
Das zweite neue Gerät daneben ist eine klassische Abfindungsbrennerei mit 150 Litern Blasenvolumen. Sie ermöglicht die Ausbildung an den in der Praxis traditionell vorhandenen Verfahren.
Die Kombination der beiden Brennverfahren ist in der Ausbildung in Deutschland einzigartig. Es können auch kleinere Mengen an Maischen auf einem Brenngerät in geeigneter Dimension bearbeitet werden. Das erleichtert die Entwicklung von Produkten auf Streuobstbasis sowie die Prüfung neuer Obstsorten.
Künftig können auch Rohstoffe wie beispielsweise Feigen gebrannt werden, was bislang steuerrechtlich nicht möglich war. Darüber hinaus bietet die Verschlussbrennerei die Möglichkeit, Rohstoffe zu verarbeiten, welche in der Abfindungsbrennerei nach wie vor keine Berücksichtigung finden.