Zulassungsbehörden total überfordert
- das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL),
- das Julius Kühn-Institut (JKI),
- das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und
- das Umweltbundesamt (UBA).
Wie schlecht die Behörden für die Zukunft aufgestellt sind, zeigen die Zahlen zum Antragsvolumen: Die Ressourcen des BVL sind für 100 Anträge jährlich ausgelegt, die Behörde rechnet aber damit, dass bis 2021 jährlich rund 280 Zulassungsanträge gestellt werden.
„Die Pflanzenschutz-Industrie beklagt nationale Sonderwege, die ständigen Fristüberschreitungen und den daraus resultierenden Antragsstau schon seit Jahren. Die EU-Zulassungsverordnung von 2009 versprach die Beschleunigung der Verfahren, verbindliche Vorgaben und eine europäische Harmonisierung. Im Alltag aber haben die Antragsteller in Deutschland heute nicht etwa mehr, sondern weniger Planungs- und Rechtssicherheit”, kritisiert Dr. Helmut Schramm, Präsident des Industrieverbands Agrar e.V. (IVA). „Wir brauchen eine grundlegende Reform des Zulassungssystems für Pflanzenschutzmittel in Deutschland”, fordert Schramm.
„In Zukunft sollte es nur noch eine, dem für Landwirtschaft zuständigen Ministerium unterstellte Institution geben, die wissenschaftsfundiert alle Prüfbereiche bewertet. Um zu funktionieren, muss sie politisch unabhängig und nicht weisungsgebunden sein. Das Risikomanagement sowie die Zulassungsentscheidung müssen vom selben Ministerium verantwortet werden”, so Schramm.
Leidtragende des Zulassungsstaus sind nicht nur die Hersteller, sondern vor allem auch die Anwender, denen moderne Pflanzenschutzlösungen vorenthalten werden. Die Auditoren verweisen auf den Bericht der Erzeugerverbände des Hopfenanbaus: Hopfen, eine Kultur, die quasi stellvertretend für deutsches Bier steht, ist hochwertig und anspruchsvoll im Anbau. Zwar stammt heute ein Drittel der weltweiten Hopfenproduktion aus Deutschland, aber da sowohl Flächen als auch Mengen eher klein sind, stehen, wie für Sonderkulturen typisch, längst nicht für alle Befallssituationen Mittel zur Verfügung. So entstehen deutschen Hopfenbauern Wettbewerbsnachteile, wenn ihnen, wie der Audit-Bericht feststellt, wegen langwieriger Zulassungsverfahren neue Pflanzenschutzmittel nicht zur Verfügung stehen, die in Nachbarstaaten bereits auf dem Markt sind.
„Die Bestandsaufnahme des EU-Audits ist schon ernüchternd, doch vor allem der Blick nach vorn stimmt sorgenvoll. Letztlich ist es Aufgabe der politisch Verantwortlichen, klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu definieren und die erforderlichen Ressourcen bereitzustellen, damit die Behörden ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen können”, so Schramm.