Tierhaltung | 03. Dezember 2020

Zu viele antibiotikaresistente Bakterien

Von AgE
Die Antibiotikaresistenzlage in der Tierproduktion hat sich nicht verbessert. Dieses Fazit hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) aus dem Zoonosen-Monitoring 2019 gezogen.
Die Bekämpfung antibiotikaresistenter Keime in der Nutztierhaltung stagniert. Das ist das Ergebnis einer Erhebung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
Das BVL berichtete kürzlich über das Aufkommen antibiotikaresistenter Keime in der Nutztierhaltung. Danach haben sich bei den Untersuchungen von Bakterien aus den Lebensmittelketten Mastschweine, Mastkälber und Jungrinder sowie bei Tankmilch keine Fortschritte gezeigt. Der Anteil von resistenten Escherichia-coli-Bakterien (E. coli) habe bei Proben aus dem Blinddarminhalt von Mastkälbern und Jungrindern bei 47 % gelegen, in Tankmilch bei 18,4 % und in frischem Rindfleisch bei 20,3 %.
In Bezug auf Cephalosporine der dritten Generation seien Keime aus Tankmilch häufiger resistent als solche von Mastkälbern, Jungrindern und Rindfleisch, was mit dem Einsatz von Cephalosporinen bei Kühen mit Euterentzündungen in Zusammenhang stehen könnte. In 10 % der Rohmilchproben wurden zudem multiresistente Bakterien gefunden. Die Behörde betont deshalb, dass Rohmilch vor dem Verzehr zu erhitzen sei. Zumal nach derzeitigem Kenntnisstand davon auszugehen sei, dass diese resistenten Keime auch über Lebensmittel auf Menschen übertragen werden könnten. Nachgewiesen wurden resistente E.-coli-Bakterien laut Monitoring außerdem in fast jeder zehnten Kotprobe von Wildenten und -gänsen. Das zeige, dass die entsprechenden Resistenzeigenschaften auch in der Umwelt vorkämen.
Problematisch sind laut BVL auch die E.-coli-Bakterien aus importiertem Fisch aus Aquakulturen, die nahezu ausschließlich gegen Fluorchino-lone resistent gewesen seien. Diese Wirkstoffe seien für die Behandlung von Menschen besonders wichtig.
Krankheiten vorbeugen
Die Ergebnisse des Monitorings verdeutlichen laut BVL, dass die Anstrengungen den Antibiotikaeinsatz  zu senken, weiter verstärkt werden müssen. Ein Schwerpunkt dabei sollte der Behörde zufolge die Verringerung des Einsatzes kritischer Antibiotika sein.
Dem Bundesverband für Tiergesundheit (BfT) zufolge, müssen Krankheiten mit einem umfassenden Tiergesundheitsmanagement vorgebeugt werden, um Behandlungen mit Antibiotika auf das notwendige Maß zu beschränken. Dabei spielten Impfstoffe und immunmodulierende Tierarzneimittel eine bedeutende Rolle. Wichtig für die Erhaltung der Tiergesundheit seien auch eine geeignete Fütterung und Haltung sowie Diagnostika, die eine frühzeitige Erkennung von Erkrankungen ermöglichten. Hinzu kämen Maßnahmen zur Infektionskontrolle und zur Vermeidung eines Resistenztransfers auf dem landwirtschaftlichen Betrieb sowie in vor- und nachgelagerten Stufen der Lebensmittelkette.
Allerdings könnten Tiere trotz bester Hygiene und Prävention krank werden und müssten behandelt werden – wenn erforderlich, auch mit Antibiotika, gab der BfT zu bedenken. Laut der neuen EU-Tierarzneimittel-Verordnung, die am 28. Januar 2022 in Kraft trete, seien besonders kritische Antibiotika der Humanmedizin vorzubehalten.
Gefahr einer Pandemie
Der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge ist die Antibiotikaresistenz von Mikroorganismen potenziell noch gefährlicher als COVID-19. Der Nahrungsmittel- und Landwirtschaftssektor spiele bei der Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen eine zentrale Rolle. In vielen Teilen der Welt würden Antibiotika in weit größerem Umfang bei Tieren als beim Menschen eingesetzt. Wenn das Problem nicht eingedämmt werde, könnte der stellvertretenden FAO-Generaldirektorin Maria Helena Semedo zufolge die nächste Pandemie bakteriell sein und viel mehr Tote fordern als Corona. Laut FAO sterben jährlich mindestens 700000 Menschen an den Folgen von antibiotikaresistenten Infektionen.