In Deutschland sollen landwirtschaftliche Flächen in benachteiligten Gebieten sowie landwirtschaftlich genutzte Moorböden künftig verstärkt für den Ausbau der Photovoltaik (PV) genutzt werden. Drei Ministerien haben zum Ausbau solcher Anlagen ein Eckpunktepapier erstellt.
Agri-PV-Anlagen sollen laut Eckpunktepapier über das Erneuerbare-Energien-Gesetz und aus Mitteln der gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) gefördert werden können, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen.
Auf das Eckpunktepapier haben sich am 10. Februar die grün geführten Bundesministerien für Wirtschaft, Umwelt und Landwirtschaft verständigt. Bestehende Flächenpotenziale sollen so besser für den Ausbau der Solarenergie genutzt werden können, heißt es darin.
Agri-PV über EEG und GAP fördern
PV-Anlagen auf solchen Flächen sollen demnach künftig
im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gefördert werden. Die
Doppelnutzung für Landwirtschaft und Solarstromerzeugung, die Agri-PV,
soll laut dem ressortübergreifenden Papier künftig auf Ackerflächen
grundsätzlich zulässig und über das EEG förderfähig sein. Die
Unterstützung mit Mitteln aus der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) soll
auf Agri-PV-Flächen gemäß dem gemeinsamen Vorschlag möglich bleiben,
sofern die landwirtschaftliche Nutzung nur bis zu 15 Prozent durch die
Stromerzeugung beeinträchtigt wird. Solarparks auf Grünland und in
Schutzgebieten werden von den grün geführten Bundesministerien mit
Verweis auf Natur- und Klimaschutz abgelehnt.
Habeck schnürt sein „Osterpaket”
Die Ressortverständigung fließt ein in das
Sofortprogramm Klimaschutz, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
noch vor Ostern durch das Kabinett bringen will. „Wir rechnen damit,
dass auf landwirtschaftlichen Flächen bis zu 200 GW zusätzliche
PV-Leistung installiert werden kann”, kommentierte der Vizekanzler die
Ressorteinigung. Gemessen an aktuell nur 60 GW bedeute dies eine enorme
Steigerung. „Das bringt den Klimaschutz voran und behält gleichzeitig
die Belange der Landwirtschaft und des Naturschutzes im Auge”, so
Habeck.
Aus Sicht von Umweltministerin Steffi Lemke darf der Ausbau der
erneuerbaren Energien nicht auf Kosten des Natur- und Umweltschutzes
gehen. „Wir brauchen beides”, stellte die Grünen-Politikerin klar. Der
Weg hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung biete auch neue
Chancen für den ländlichen Raum. Der erforderliche Ausbau der
Freiflächen- und Agri-PV solle dabei naturverträglich gestaltet werden –
durch Kopplung an Naturschutzkriterien, die gleichzeitige
Wiedervernässung von Mooren und eine Erweiterung der Flächenkulisse in
benachteiligten Gebieten.
Özdemir sieht optimalen Ausgleich
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sieht in
diesen Plänen einen optimalen Ausgleich zwischen den Anforderungen der
Landwirtschaft und der Energieproduktion sowie dem Schutz der Natur.
„Agri-PV ermöglicht es unseren Landwirtinnen und Landwirten, einen
Beitrag zur Versorgung mit erneuerbaren Energien zu leisten und
landwirtschaftliche Nutzflächen trotzdem weiter bewirtschaften zu
können”, hob Özdemir hervor.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern
bezeichnete die Pläne der Grünen-Politiker für Agri-PV auf Ackerflächen
als „Riesenchance für die Landwirtschaft und die Energiewende”. Die
Doppelnutzung von Flächen für Landwirtschaft und Energiegewinnung bringe
„Wertschöpfung auf Bauernhöfen statt bei Ölscheichs”.
Rückendeckung für ihre Inititive erhielten Habeck, Lemke und Özdemir
auch aus dem Saarland. „Gerade vor dem Hintergrund der dringend
notwendigen Energiewende zum Schutz des Klimas müssen wir den Ausbau von
Photovoltaik beschleunigen”, hob Landwirtschaftsminister Reinhold Jost
(SPD) hervor.
Die Begeisterung des DBV hält sich in Grenzen
Beim Deutschen Bauernverband (DBV) wertete man die grünen Absichtserklärungen für mehr PV auf dem Acker in einer ersten Reaktion kritisch. „Der Vorschlag nimmt nicht genügend Rücksicht auf die Belange der Landwirtschaft”, monierte Generalseketär Bernhard Krüsken. Ein genereller Ausschluss von Grünland und Schutzgebieten führe dazu, dass vor allem die ertragreichsten Äcker mit PV überbaut würden. „Das ist nicht nachhaltig”, so Krüsken. Bei der Standortwahl müssten zwingend agrarstrukturelle Belange berücksichtigt werden.
Die Familienbetriebe Land und Forst haben den grünen Vorstoß im Grundsatz begrüßt. „Agri-PV kann auf bestimmten Flächen eine Win-win-Situation für den Klimaschutz, den Naturschutz und für die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Betriebe sein. Dabei muss der Ausbau der erneuerbaren Energien aber in einer guten Balance mit der Ernährungssicherung erfolgen”, erklärte der Verbandsvorsitzende Max von Elverfeldt. Dabei müssten regionale Differenzierungen möglich sein und agrarstrukturelle Besonderheiten berücksichtigt werden. Wichtig sei, dass die drei Ministerien einen Vorschlag unterbreitet hätten, wie Agri-PV künftig mit der Förderfähigkeit im Rahmen der GAP zu vereinen sei.
Eher unzufrieden zeigte sich dagegen die Solarwirtschaft. Nach Auffassung des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) reichen die in dem Eckpunktepapier unterbreiteten Vorschläge nicht, damit künftig genügend Flächen für die Solarstromerzeugung und die Umsetzung der Klimaschutzziele genutzt werden. Der Verband räumte ein, dass dafür in der Tat auch eine stärkere Nutzung landwirtschaftlicher Flächen erforderlich sei. „Die jetzt unterbreiteten Vorschläge der Bundesministerien sind ein Schritt in die richtige Richtung, springen allerdings zu kurz”, fasste BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig seinen Standpunkt zusammen.