Wie erwartet kritisch ist die Bewertung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz in der Anhörung des Ernährungsausschusses am 16. Januar im Bundestag ausgefallen.
Der Deutsche Bauernverband moniert am Entwurf des Gesetzes unter anderem eine fehlende Verzahnung mit privatwirtschaftlichen Initiativen.
Alle Sachverständigen mahnten zu der Gesetzesvorlage zum Teil erhebliche Defizite und weitreichende Änderungen an. Die Kritik gipfelte in der Einschätzung, dass ein Gesetz in der vorliegenden Fassung der Tierhaltung in Deutschland schaden und den Verbrauchern keinen Nutzen stiften werde.
DBV sieht gravierende Schwachstellen
Der Generalsekretär des Deutschen
Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, monierte gravierende
Schwachstellen im Entwurf. Dazu zählten der beschränkte Geltungsbereich
der Kennzeichnung, große Lücken in der Abdeckung, ein unzureichendes
Kontrollkonzept sowie die fehlende Verzahnung mit privatwirtschaftlichen
Initiativen. Von den drei Säulen für einen Umbau der Tierhaltung mit
einem verlässlichen Finanzierungskonzept und einer Anpassung des Bau-
und Genehmigungsrechts werde lediglich die Kennzeichnung berücksichtigt.
Eine Haltungskennzeichnung gemäß dem Regierungsentwurf gefährde
erfolgreiche und etablierte Ansätze wie die Initiative Tierwohl, warnte
deren Geschäftsführer Dr. Alexander Hinrichs. Durch die
Nichteinbeziehung ausländischer Ware drohe darüber hinaus der
inländischen Erzeugung ein deutlicher Absatzeinbruch. Eine bislang nicht
vorgesehene regelmäßige Kontrolle der teilnehmenden Betriebe gefährdet
laut Hinrichs zudem die Glaubwürdigkeit der staatlichen
Haltungskennzeichnung.
Unzufrieden äußerte sich auch der Bundesvorsitzende der
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Martin Schulz, zu
dem Entwurf. Hauptkritikpunkt ist für Schulz, dass die Sauenhaltung bei
der Kennzeichnung außen vor bleibe. Dies sei umso unverständlicher, als
die Borchert-Kommission bereits Kriterien für die Sauenhaltung
erarbeitet habe.
Es fehlt Gestaltungsspielraum
Nicht akzeptabel ist für den AbL-Vorsitzenden eine
eigene Biostufe, obwohl der Ökolandbau nicht per se den höchsten
Tierwohlstandard biete. Demgegenüber bescheinigte der geschäftsführende
Vorstand vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Peter
Röhrig, den Biobetrieben eine Vorbildfunktion für den Umbau der
Tierhaltung, die eine eigene Biostufe rechtfertige.
Der Leiter des Instituts für Tierschutz und Tierhaltung am
Friedrich-Löffler-Institut (FLI), Professor Lars Schrader, wies darauf
hin, dass die politisch gewollte verpflichtende Kennzeichnung den
Gestaltungsbedarf erheblich einschränke. Beim Gesetzentwurf gehe es
daher in erster Linie um eine bessere Orientierung der Verbraucher,
nicht jedoch um mehr Tierwohl. „Eine freiwillige Kennzeichnung hätte
mehr Spielraum für Tierwohlkriterien geboten”, betonte der
Wissenschaftler.