Politik | 03. März 2022

Zeiterfassung prüfen

Von AgE/red
Eine Neuregelung der Arbeitsaufzeichnungspflichten im Mindestlohnrecht soll erst einmal nicht kommen. Das hat die Bundesregierung vorige Woche beim Kabinettsbeschluss des Gesetzentwurfs zum Mindestlohn entschieden.
Die vorgesehene Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro zum 1. Oktober 2022 sorgt weiterhin für Unmut.
Danach sollen das Bundesarbeits- und das Bundesfinanzministerium zunächst prüfen, „wie durch elektronische und manipulationssichere Arbeitsaufzeichnungen die Durchsetzung des Mindestlohns weiter verbessert werden kann, ohne dass insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen durch die Anschaffung von Zeiterfassungssystemen oder digitalen Zeiterfassungsanwendungen übermäßig belastet werden”.  Geprüft werden soll dazu die Entwicklung einer digitalen Zeiterfassung, die den Arbeitgebern kostenfrei zur Verfügung gestellt werden kann.
DBV: Wettbewerbsdruck wird verschärft
Demgegenüber sorgt die vorgesehene Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro zum 1. Oktober 2022 weiter für Unmut. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, warnte erneut vor einer weiteren Verschärfung des Wettbewerbsdrucks in der Landwirtschaft. Dies gefährde insbesondere die Wirtschaftlichkeit von arbeitsintensiven Betriebszweigen wie den Obst-, Gemüse- und Weinbau. Dadurch werde auch die Erzeugung von heimischen, hochwertigen Lebensmitteln zunehmend erschwert. Dies werde sich spürbar auf die Lebensmittelpreise auswirken, prognostizierte der Bauernpräsident.
Kritik kam auch von der Union. Agrarsprecher Albert Stegemann bekräftigte seine Forderung nach längeren Übergangsfristen für die Land- und Ernährungswirtschaft bei der
Mindestlohnerhöhung. Zudem müsse die Bundesregierung unverzüglich eine verpflichtende, umfassende Herkunftskennzeichnung einführen, damit Verbraucher die höheren Produktionskosten von Lebensmitteln aus Deutschland bewusst honorieren könnten.
Frankreich als Vorbild
„Was in Frankreich geht, muss auch in Deutschland möglich sein”, so Stegemann.
Mit dem Gesetzentwurf wird die im Koalitionsvertrag vereinbarte einmalige gesetzliche Erhöhung des Mindestlohns auf brutto zwölf Euro je Zeitstunde umgesetzt. Zukünftige Anpassungen des Mindestlohns sollen weiterhin auf der Grundlage von Beschlüssen der Mindestlohnkommission erfolgen, erstmals wieder bis zum 30. Juni 2023 mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Zudem soll die Entgeltgrenze für Minijobs auf 520 Euro monatlich erhöht und dynamisch ausgestaltet werden, um damit künftig eine Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zum Mindestlohn zu ermöglichen.
Bolkart fordert Entlastung
„Ein Mindestlohn von zwölf Euro ist für unsere südbadischen Sonderkulturbetriebe nicht leistbar”, kommentiert BLHV-Präsident Bernhard Bolkart den Beschluss des Bundeskabinetts vom Mittwoch voriger Woche. „Die Bundesregierung muss nun auch Maßnahmen ergreifen, die unsere heimischen Betriebe an anderer Stelle entlasten und sie zum Beispiel von der Pflicht der elektronischen Zeiterfassung befreien”, fordert er.
Anderenfalls würden der Weinbau sowie der Anbau von  Spargel, Erdbeeren und anderen arbeitsintensiven Kulturen stark zurückgefahren und insbesondere kleine Sonderkulturbetriebe müssten aufgeben. Das werde unsere Kulturlandschaft sowie die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln nachhaltig schädigen, erklärt Bolkart.
Außerdem fordert er eine Debatte über Importbeschränkungen für landwirtschaftliche Produkte, die nicht unter deutschen Sozial- und Umweltstandards erzeugt wurden. „Die Existenz unserer Betriebe wird vor allem durch Billigimporte aus EU- und Drittstaaten mit deutlich niedrigerem Mindestlohn bedroht. Höhere Erzeugerpreise für heimische Lebensmittel lassen sich unter diesen Umständen nur schwer durchsetzen. Wir sind auf Verbraucher angewiesen, die sich konsequent für unsere hochwertigen regionalen Produkte entscheiden”, so Bolkart.