Zaunbau ist zu arbeitsaufwändig
Bei der Beschreibung der Wolfspopulation und deren Vermehrungsrate machte Herdtfelder deutlich, dass der Schwarzwald bei der aktuellen Gesetzeslage dauerhaft ein Wolfsgebiet bleiben wird, auch wenn in der Gegend erst ein Tier zu beobachten sei , das sich dauerhaft festsetzt. Nach den Zahlen des letzten Monitorings von 2016/17 sind in Deutschland mindestens 60 Wolfsrudel nachweisbar, dazu 13 Paare und drei Einzeltiere.
Zur starken Mobilität der Wolfspopulation trägt bei, dass junge Rüden mit der Geschlechtsreife ihr angestammtes Rudel verlassen und dabei hunderte Kilometer zurücklegen. Das Rudel selbst hat ein Territorium von 200 bis 300 Quadratkilometern. Der große Aktionsraum treibt im Schwarzwald die Zahl der gefährdeten Weiden sehr hoch. Michael Nödl machte anhand bisheriger Vorfälle deutlich, dass eine Standardumzäunung vor dem Wolf nicht schützen kann. Erst Zäune ab einer Höhe von 90 cm hätten einen gewissen Effekt. Gleichzeitig müsste dazu noch ein Schutz vor dem Untergraben gewährleistet sein. Doch selbst wenn das gegeben sei und die Höhe deutlich über 90 cm wäre, könnte der Schutz trotzdem versagen.
Weiden in der Nähe von Bundesstraßen und Bahnlinien müssten aufwendiger geschützt sein als solche, die außerhalb des Zaunareals noch genügend Auslauf- und Entspannungsfläche bieten. Nödl warnte vor einem „Wettrüsten im Zaunbau”, mit dem bestenfalls erreicht werde, dass der Wolf sich den geringsten Widerstand suche.
Herdtfelder empfahl einen Flexinetz-Zaun mit effektiv 120 cm Höhe und gutem Bodenabschluss. Erforderlich sei eine Erdungsleiste, die mindestens 110 cm in den Boden reicht, um über eine hohe Spannung einen Stromschlag von 2 bis 3 Joule Impulsenergie zu realisieren.
Hans-Jörg Wiederrecht, Ortsvorsteher und Vorsitzender der Ziegenfreunde in Bermersbach, sieht im Zaunbau und dem staatlichen Förderprogramm für Herdenschutz kein taugliches Mittel. Er verwies auf die 32 Einzelweiden seiner Gemeinschaft, auf denen 60 ha Hangflächen offengehalten würden. Dafür müssten Zäune in einer Länge von 28 Kilometern errichtet werden – eine Aufgabe, die ihm wegen Personalmangels nicht lösbar erscheint.
Auch wenn von der öffentlichen Hand 90 % der Materialkosten erstattet werden, sei der Arbeitsaufwand nicht berücksichtigt. Wiederrecht bedauerte daher, dass künftige Übergriffe nur dann entschädigt werden, wenn ein funktionsgerechter Zaun vorhanden ist.
Laut Thomas Huschle, Vorsitzender des BLHV-Kreisverbandes Rastatt, ist beim Thema Wolf ein enger Dialog mit der Politik und der Öffentlichkeit erforderlich, in den sich der BLHV umso wirksamer einbringen könne, wenn er von Mitgliedern getragen werde, die weiterhin aktiv seien.