Politik | 31. Oktober 2018

Wissenschaftler pochen auf Genschere

Von AgE
Ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern aus 87 verschiedenen Forschungseinrichtungen in ganz Europa hat vor der Gleichstellung „präziser Mutagenese-Techniken” mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gewarnt.
Forscher fordern, die mit der Genschere CRISPR/Cas modifizierten Sorten unter das klassische Züchtungsrecht zu fassen.
In einem gemeinsamen Schreiben appellierten die Forscher am 24. Oktober an Brüssel, jede „Innovation in der Pflanzenforschung und Landwirtschaft zu unterstützen” und die Rechtslage entsprechend anzupassen.
Klassisch statt GVO
Konkret wird in dem Papier gefordert, die mit der sogenannten Genschere CRISPR/Cas modifizierten Sorten unter das klassische Züchtungsrecht zu fassen und nicht unter die EU-Regelung gentechnisch veränderter Organismen (GVO).
In ihrer Stellungnahme beziehen sich die Unterzeichner auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Juli dieses Jahres. Darin hatten die Luxemburger Richter entschieden, dass durch Mutagenese gewonnene Züchtungen als GVO anzusehen sind und deshalb „grundsätzlich” den Verpflichtungen aus der entsprechenden EU-Richtlinie unterliegen. Unter das EU-Gentechnik-Recht dürfte nach dem Urteilsspruch auch das Genome-Editing und somit die kontrovers diskutierte CRISPR/Cas-Methode fallen.
Dringend gebraucht
Die Forscher befürchten, dass die EuGH-Entscheidung zu einem „Bann der innovativen Getreidezüchtung” führen werde. Dies würde der Landwirtschaft, der Gesellschaft und auch der Wirtschaft schaden. Außerdem würden den europäischen Bauern dadurch neue Generationen von klimawandelverträglichen und nährstoffreicheren Feldfrüchten entzogen. Diese würden aber dringend gebraucht, um den aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen gewachsen zu sein, konstatieren die Wissenschaftler.
In dem Positionspapier monieren die Wissenschaftler auch, dass das EuGH-Urteil nicht dem aktuellen Wissensstand entspreche. Organismen, die einem einfachen und gezielten Eingriff in ihr Genom ausgesetzt gewesen seien, seien mindestens so sicher wie Sorten, die mit klassischen Zuchttechniken hergestellt worden seien. Dies sei nicht mit Organismen zu vergleichen, denen durch transgene Verfahren fremde Gene eingeführt worden seien.
Unterzeichner
Aus Deutschland haben das Positionspapier unter anderem Vertreter von Max-Planck-Instituten, der Universität Bonn, der Technischen Universität München (TUM) sowie des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie (IME) unterzeichnet.