Politik | 15. Juni 2022

Windkraft soll privilegiert sein

Von AgE
Die Bundesregierung will die regulatorischen Hürden für den Ausbau der Windenergie an Land senken und dazu die bisher von den Bundesländern in Eigenregie festgelegten Abstandsregelungen aushebeln.
Dieses Windrad hier bei Alpirsbach im Nordschwarzwald steht schon.
Das sieht ein Gesetzespaket zum Ausbau der Windenergie an Land vor, der diese Woche vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Demnach sollen die Länder bis 2032 im Schnitt 2 % ihrer Fläche für Windkraftanlagen bereitstellen. Bislang werden im Bundesschnitt nur 0,5  % der deutschen Landfläche mit Windkraftanlagen genutzt.
Dabei sind die Aufgaben für die Länder unterschiedlich groß: Während die eher windschwachen Länder Bayern und Baden-Württemberg in zehn Jahren 1,8 % ihrer Landesfläche bereithalten sollen, sind es in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Brandenburg jeweils 2,2 %.
Wird bis 2026 ein Zwischenziel von 1,4 % im Schnitt der Länder nicht erreicht, kann der Bund Abstandsregelungen zu Wohnsiedlungen aufheben. Wo es zu Zielverfehlungen kommt, sollen Anlagen dann nämlich nach § 35 Bundesbaugesetzbuch – Privilegiertes Bauen im Außenbereich – genehmigt werden.
Länder, die ihre Ziele übertreffen, sollen anderen Ländern ihre Windflächen übertragen können – also etwa das windreiche Schleswig-Holstein an Bayern. Für den 24. Juni ist zu dem Gesetzespaket eine Anhörung im Bundestag geplant. Und noch vor der Sommerpause soll das parlamentarische Verfahren abgeschlossen sein.
Standardisierte Artenschutzprüfung
Generell ermöglichen will die Regierung  Windkraft in Landschaftsschutzgebieten (LSG) – zumindest solange das individuelle Flächenziel in einem Bundesland noch nicht erreicht ist. Um den Ausbau der Windkraft an Land zu beschleunigen, soll  nicht nur das Planungs- und Baurecht, sondern auch das Bundesnaturschutzgesetz  geändert werden. So soll es in Zukunft standardisierte Artenschutzprüfungen geben. Der Bundesverband WindEnergie (BWE) fürchtet, dass der aus Verbandssicht eigentlich nicht vorhandene Konflikt zwischen Windenergie und Artenschutz gesetzlich zementiert werden soll.
Aus Sicht des Naturschutzbund Deutschland (NABU) haben die geplanten Änderungen im Naturschutzgesetz das Zeug, durch Rechtsunsicherheiten und fachliche Einwände eine Vollbremsung für die  Energiewende einzuleiten. „Die Ausbaugeschwindigkeit bei den Erneuerbaren muss zunehmen”, stellte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger klar. Aus seiner Sicht geht die Rechnung aber nicht auf, Naturschutzstandards abzusenken, um beim Windkraftausbau schneller voranzukommen.
Unterdessen haben die zum Stichtag 1. Mai eingereichten Gebote für Windenergie-Ausschreibungen gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nicht ausgereicht, um das Ausschreibungsvolumen zu füllen, nachdem die beiden vorherigen Ausschreibungen noch überzeichnet waren.
Genehmigung reicht nicht
Der Bundesverband Windenergie sieht das in  wachsenden Unsicherheiten begründet. Neben massiven Preissteigerungen und   gestörten Lieferketten  gehörten dazu auch die  schnell steigenden Zinsen. Es brauche  kurzfristige politische Maßnahmen, um  Genehmigungen auch in realisierbare Projekte zu verwandeln.