Land und Leute | 03. April 2014

Schützen durch Nutzen – nachhaltige Wildsammlungsprojekte

Von Tanja Paeslack
Auf der letzten Fachtagung des Vereins Netzwerk Kräuter Baden-Württemberg zum Abschluss des Vereinsjahres 2013 wurde das Thema Nachhaltigkeit, Inkulturnahme und Wildsammlungen von Heil-, Kosmetik- und Gewürzpflanzen erörtert. Tanja Paeslack hat die Ergebnisse zusammengefasst.
Vor dem Hintergrund einer wachsenden Bedeutung von Heilpflanzen als Ausgangsstoff für die Herstellung von Heil-, Kosmetik- und Gewürzprodukten sollten sich Anbau, Wildsammlung und Naturschutz zukünftig besser ergänzen. Da bei manchen Arten eine Inkulturnahme schwierig, finanziell nicht lohnenswert oder gar unmöglich ist, muss die nachhaltige Wildsammlung erhalten und gefördert werden.
Die Pflanzen sollten in Regionen gesammelt werden, wo das Vorkommen der betreffenden Art groß genug ist, um eine gute Regeneration des Bestandes zu gewährleisten. Vor allem bei Arten, die allgemein selten vorkommen, sind Bemüh- ungen zur Inkulturnahme wichtig. Dem
Die Wegwarte (Cichorium intybus L.) wird im Rahmen betreuter Wildsammlungen genutzt.
Artenschutz zuträglich sind Wildsammlungsprojekte, die unter dem Stichwort „Schützen durch Nutzen” zusammengefasst werden können. Ein Beispiel hierfür ist die Vermehrung des Arnika-Vorkommens (Arnica montana L.) in den Vogesen seitens der sammelnden Firmen durch Förderung einer extensiven Landnutzung. Die Rechtsgrundlage für eine Bio-Zertifizierung von Wildsammlungen bildet die EG-Öko-Verordnung. Allerdings sind die Angaben bezüglich Wildsammlung zu ungenau. Das Sammeln von Wildpflanzen gilt als ökologische Produktion, wenn die Sammlung auf langjährig ökologisch bewirtschafteten Flächen stattfindet. Weiterhin dürfen die Stabilität des Lebensraums und der Artenerhalt nicht beeinträchtigt werden. Voraussetzung ist die Einhaltung des Bundesnaturschutzgesetzes.
Die Ziele der Verordnung machen deutlich, dass die Festlegung eines gemeinschaftlichen Rechtsrahmens mit allgemeinen Vorschriften noch aussteht und dringend umgesetzt werden sollte.
Nationale Standards
Bisher fehlen allerdings nationale Standards, welche die Genehmigung von regionalen
Wildsammlungen von Heil- und Kosmetikpflanzen regeln. Das Fehlen von umfassenden Regelwerken hat in der Praxis häufig Schwierigkeiten zur Folge: Beispielsweise können bei der Genehmigung von Wildsammlungen die fehlende Kostentransparenz und die fehlende zeitliche Planbarkeit zum Problem werden. Reinhold Schneider vom Obst-, Kräuter- und Rosenhof Taubertal, Ralf Kunert von der WALA Heilmittel GmbH und Peter Riedl von der DHU Arzneimittel GmbH & Co. KG stellten zahlreiche Wildsammlungsprojekte vor, darunter  Wegwarte (Cichorium intybus L.), Arnika (Arnica montana L.) und Keulen-Bärlapp (Lycopodium clavatum L.), und zeigten auf, dass die Genehmigung von Wildsammlungen von nicht besonders geschützten Arten meist problemlos verläuft. Bei besonders geschützten Arten wird eine Genehmigung nur in Ausnahmefällen erteilt.
Michael Straub, Leiter des Heilpflanzenanbaus der Weleda AG und Artenschutzbeauftragter, zeigte auf, wie es sich bei Weleda mit  Wildsammlung, Inkulturnahme und  Artenschutz verhält: Hier werden  die pflanzlichen Rohstoffe  durch den firmeneigenen Anbau, Vertragspartnerschaften mit Biobauern, internationale Anbauprojekte und zertifizierte Wildsammlung bereitgestellt.
Inkulturnahmeprojekte anderer Projektbetreiber gibt es beispielsweise für Teichschachtelhalm (Equisetum limosum L.), Sumpfporst (Ledum palustre L.) und Kanadischen Gelbwurz (Hydrastis canadensis L.).

 
Das Netzwerk Kräuter Ba-Wü
Aus einer langjährigen Initiative zur Förderung des ökologisch orientierten Kräuteranbaus entstand das Netzwerk Kräuter BW – Verein zur Förderung des Heil-, Kosmetik- und Gewürzpflanzenanbaus mit der Zielsetzung, eine ökologisch orientierte Erzeu-gung und Verbesserung der Qualität von Heil-, Kosmetik- und Gewürzpflanzen aus regionalem Anbau voranzubringen. Weitere Infos unter www.netzwerk-kraeuter.de