Politik | 09. März 2023

Wieder mehr Fläche bebaut statt weniger

Von AgE
Ungeachtet politischer Ziele auf Bundes- und Landesebene zeichnet sich beim Flächenverbrauch in Deutschland kein Trend zum Besseren ab.
Zu ambitioniert? Bis 2050 sollen in Deutschland netto keine weiteren Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke erschlossen werden.
Im vierjährigen Mittel der Jahre 2018 bis 2021 wuchs die Siedlungs- und Verkehrsfläche um durchschnittlich 55 Hektar (ha) pro Tag. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am 28. Februar mitteilte, nahm der tägliche Anstieg damit gegenüber dem Wert des Vorjahres, der 54ha in den Jahren 2017 bis 2020 betragen hatte, sogar leicht zu.
Weit vom Ziel entfernt
Erklärtes Ziel der Bundesregierung in der Nachhaltigkeitsstrategie ist es, den mittleren täglichen Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf weniger als 30 ha zu begrenzen. Angesichts des jüngsten Bevölkerungszuwachses auf 84,3 Millionen Menschen und des damit verbundenen Bedarfs an zusätzlichen Wohnungen stellt sich dieses Ziel allerdings noch ehrgeiziger dar. Bis 2050 wird eine Flächenkreislaufwirtschaft angestrebt. Das heißt, es sollen dann netto keine weiteren Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke erschlossen werden.
Der World Wide Fund For Nature (WWF) Deutschland beklagte indes, die Entwicklung gehe weiter in die falsche Richtung. „Unser Flächenverbrauch vernichtet wichtige Ackerböden und Lebensräume. Zu viel Boden verschwindet Tag für Tag unter Beton”, so Dr. Rolf Sommer, Fachbereichsleiter Landwirtschaft und Landnutzungswandel bei der Umweltorganisation. Die Böden gingen als natürlicher Wasserspeicher und für die Produktion von Lebensmitteln verloren. Der Parlamentarische Staatssekretär Christian Kühn vom Bundesumweltministerium sprach von einer bedenklichen Entwicklung des Flächenverbrauchs. Einmal mehr gelte es, bei der Siedlungsentwicklung den Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung” zu beherzigen und zu stärken. Mit Blick auf die Verkehrsflächen müsse der Erhalt der maroden Straßen und Brücken unbedingten Vorrang vor dem weiteren Ausbau oder gar Neubau haben.
Kühn wies darauf hin, dass der Flächenverbrauch von ehemals im Mittel gut 120 ha pro Tag im Jahr 2000 fast zwei Jahrzehnte bis 2019 langsam aber kontinuierlich zurückgegangen sei. 2020 sei erstmals wieder eine leichte Zunahme gemessen worden. Zu fast 50 Prozent gehe der Flächenverbrauch mit einer besonders umweltschädlichen Bodenversiegelung einher, wodurch die Böden undurchlässig für Niederschläge werden und bei den zunehmenden Starkregenereignissen das Wasser nicht aufnehmen können, stellte der Parlamentarische Staatssekretär fest. Vermiedener Flächenverbrauch hingegen erhalte die Senkenfunktion des Bodens und binde klimaschädliche Treibhausgase. Durch die Begrenzung des Flächenverbrauchs blieben nicht nur wertvolle Flächen für den Erhalt der Biodiversität bestehen, sondern auch Ackerflächen für den wichtigen Anbau von Nahrungsmitteln. Auch bleibe mehr Raum für die so dringend benötigten Maßnahmen für die Energiewende.
Starke Bautätigkeit im Umland
Laut Destatis wuchsen 2020 und 2021 innerhalb der Siedlungsfläche – ohne Abbauland – vor allem die Flächen für Wohnbau, Industrie und Gewerbe sowie öffentliche Einrichtungen stärker als in den Vorjahren. 2021 betrug die Zunahme dieser Flächen im Schnitt 39 ha pro Tag; 2020 waren es 40 ha. Im Jahr 2019 waren es täglich „nur” 33 ha gewesen, 2018 und 2017 jeweils 32 ha. Eine Ursache für die stärkere Inanspruchnahme solcher Flächen dürfte den Statistikern zufolge in der starken Bautätigkeit in und um Gemeinden und Städte liegen. Der Zuwachs bei den Sport-, Freizeit- und Erholungs- sowie Friedhofsflächen zeigte sich im Vierjahreszeitraum seit 2018 hingegen weitestgehend konstant und wies 2021 täglich 11 ha auf. Die Verkehrsfläche legte um durchschnittlich knapp 8 ha Tag zu.
Trotz der Zunahme machen die Flächen für Siedlung und Verkehr laut Angaben von Destatis nach wie vor etwa ein Siebtel der Gesamtfläche Deutschlands aus. Insgesamt rund 5,2Millionen (Mio.)  ha und damit 14,5 Prozent der Fläche werden für Siedlung und Verkehr genutzt. Davon entfallen 3,4 Mio.ha oder 9,4 Prozent auf die Siedlungsfläche einschließlich Abbauland und etwa 1,8 Mio. ha beziehungsweise 5,1 Prozent auf die Verkehrsfläche.
Insgesamt umfasst die Fläche Deutschlands 35,8 Mio. ha. Die Vegetation nimmt mit 83,2 Prozent den höchsten Anteil ein. Die betreffenden 29,8 Mio. ha bestehen im Wesentlichen aus Flächen für die Landwirtschaft mit 18,1 Mio. ha oder 50,5 Prozent sowie aus Waldflächen mit 10,7 Mio. ha beziehungsweise 29,8 Prozent und aus Gehölz mit 441000 ha oder 1,2 Prozent. Lediglich rund 800000 ha oder 2,3Prozent der  Fläche Deutschlands sind mit Gewässern bedeckt.