Pflanzenbau | 08. September 2016

Wie geht’s weiter mit der Sojabohne?

Von Jürgen Recknagel, LTZ Augustenberg/ Deutscher Sojaförderring e.V.
In den vergangenen Wochen fanden verschiedene Veranstaltungen des deutschen Sojanetzwerks sowie dessen Lehrfahrt in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Sojaförderring statt. Erfahrungsaustausch und Einblicke in Versuche und Praxisbetriebe standen im Mittelpunkt des Interesses.
Halt der Lehrfahrt in Bernburg, wo der LSV am 1. September bereits zur Hälfte      abgeerntet war wegen früher 000-Sorten.
Die Lehrfahrt führte Ende August nach Mitteldeutschland. Stationen waren in Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Nach einer kräftigen Ausdehnung der Anbaufläche in Deutschland von 10000 ha 2014 auf 17500 ha  im Jahr 2015 infolge des Greenings ist für 2016 deutschlandweit mit einer Konsolidierung etwas unterhalb des Vorjahresniveaus zu rechnen. Gründe für die Einschränkung oder Aufgabe des Sojaanbaus waren sicher die teilweise enttäuschenden Erträge im von Sommertrockenheit geprägten Jahr 2015. Hinzu kamen die schwachen Preisangebote im Winter und Frühjahr 2016, denen aber auch schwache Maispreise gegenüberstanden. 
Sojafläche in Baden-Württemberg stabil
Innerhalb Baden-Württembergs gab es einen Rückgang um je 50 ha in den beiden nördlichen Regierungsbezirken, der von einer Zunahme in fast gleicher Höhe in den beiden südlichen Regierungsbezirken weitgehend kompensiert wurde.
Im Gegensatz zum Vorjahr, wo die Saatgutversorgungslage teilweise sehr angespannt war, stand im Frühjahr 2016 genügend Saatgut zur Verfügung.
In Einzelfällen wurde wieder von Partien mit schlechter Keimfähigkeit berichtet, die deutlich unter der Angabe auf dem Saatgutetikett gelegen haben soll.
Da die Keimfähigkeit von Sojasaatgut bei unsachgemäßer Behandlung zwischen der Untersuchung im Saagutlabor und der Aussaat durch den Landwirt erheblich abnehmen kann, sollte dies Anlass sein, Sojasaatgut vor der Aussaat nochmals selbst mit einem Keimtest zu untersuchen, um an der Sämaschine die richtige Aussaatstärke einzustellen.  Insbesondere bei absehbar schwierigen Auflaufbedingungen sollte der Keimtest   verlängert werden.
Anormale Keimlinge, die später eventuell wieder eingehen, sollten dann nicht gewertet werden. Ein gleichmäßiger, ausreichend dichter Bestand ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Unkrautregulierung sowie eine gleichmäßige Abreife. Im Gegensatz zu den trockenen Boden- und Witterungsbedingungen in den beiden Vorjahren war es im Frühjahr 2016 in Süddeutschland meist nass und bis in den Mai hinein eher kühl. 
Späte Aussaat 2016
Infolgedessen wurden die meisten Bestände nicht im April sondern erst Anfang Mai gesät. Dies im Gegensatz zu Norddeutschland, wo der Witterungsverlauf zu einem Entwicklungsvorsprung ab der Aussaat von rund drei Wochen führte. Im Bereich der chemischen Unkrautbekämpfung bei Soja kam es im Januar 2016 zu einem Anwendungsverbot von Basagran. Seither stehen für eine Nachauflaufbehandlung nur noch Harmony SX und die beiden Gräsermittel Focus Ultra und Fusilade Max zur Verfügung. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Unkrautbekämpfung im Vorauflauf noch mehr Bedeutung zukommt. Während für die Wirkung der Bodenherbizide in Süddeutschland genügend Bodenfeuchtigkeit vorhanden war, gab es im Norden teilweise ungenügende Wirkungen. Eine Behandlung nicht unmittelbar nach der Saat, sondern einige Tage später, erwies sich dabei als vorteilhaft.
Besonderheiten im Ökoanbau
Schwieriger war die Unkrautregulierung im Ökolandbau Süddeutschlands, da aufgrund der Witterungsverhältnisse oftmals nicht rechtzeitig gestriegelt und gehackt werden konnte, so dass insbesondere in den Saatreihen der Bekämpfungserfolg zum Teil zu wünschen übrig ließ. Nachdem es aber ab Juli zunehmend trockener wurde, entwickelte sich auch die Verunkrautung nicht mehr so stark und die Bestände zeigten sich zunehmend positiv – nicht nur in der vegetativen Entwicklung, sondern auch im Hülsenansatz.
Im Gegensatz zum Vorjahr kam es an einigen Standorten der Landessortenversuche  bei anfälligeren Sorten auch wieder zu etwas Lager. Trotz der feuchtwarmen Witterung im Juni zeigte sich in den Sortenversuchen kein größerer Sklerotiniabefall. Dennoch ist zu befürchten, dass die Erträge auch in diesem Jahr wieder durch die Sommertrockenheit in den für die Ertragsbildung kritischen Monaten Juli und August in Verbindung mit der mehrtägigen Hitzeperiode deutlich über 30 °C (im Rheintal und in der Magdeburger Börde Ende August bis zu 37 °C) in den warmen Lagen beeinträchtigt werden.
Insbesondere die 000-Sorten wurden bereits ab Mitte August gelb und warfen dann ihre Blätter ab. Da die Hülsen der frühesten Sorten in den Versuchen bereits zu platzen begannen, musste beispielsweise in Bernburg in der Magdeburger Börde bereits in den letzten Augusttagen gedroschen werden. Auch im Rheintal und in Thüringen ist die Ernte dieser Sorten in den ersten Septembertagen fällig.
Früher Drusch 2016
Die 00-Sorten haben sich dort ebenfalls bereits ab Ende August gelb verfärbt und dürften bei anhaltend sommerlicher Witterung Mitte September druschreif sein. Die schnelle Abreife dürfte jedoch zu Lasten des TKG gehen, das bei Soja sehr variabel ist, und damit zu Lasten des Ertrags. Man darf gespannt sein, wie die verschiedenen Sorten mit dieser Stresssituation zurechtkommen. Die Ergebnisse der Sojasortenversuche der verschiedenen Bundesländer findet man am leichtesten auf www.isip.de unter Versuchsberichte/Fruchtart/ Sojabohne.
Da im größten deutschen Soja-Anbaugebiet Bayern die Trockenheit selbst in Unterfranken weniger ausgeprägt war als 2015 und in der Südhälfte des Landes die Wasserversorgung diesen Sommer teilweise sogar sehr gut war, dürfte das Gesamtangebot an deutscher Ware aber durchaus befriedigen.
Ein Thema bei der Lehrfahrt, aber auch bei einem Feldtag in Baden-Württemberg war die Direktsaat von Sojabohnen. Der konventionelle Ackerbaubetrieb von Thomas Sander im Sächsischen Löss-Hügelland bei Waldenburg sät Sojabohnen schon seit mehreren Jahren direkt. Anfänglich mit einer Cross-Slot-Maschine, inzwischen, nachdem sich die Bodenstruktur so weit gelockert hat, mit einer Amazone-Scheibensämaschine mit 30 kg Schardruck, die weniger Zugkraftbedarf hat, mehr Flächenleistung bringt und weniger Verschleiß aufweist.
Übermäßiger Bewuchs vor der Saat wird mit einem nicht selektiv wirkenden Herbizid bekämpft, die Unkrautflora von Soja mit den üblichen Vorauflauf-Herbiziden. In diesem Frühjahr gestaltete sich die Aussaat insofern schwierig, als der Boden eher zu feucht war, so dass der Verschluss der Saatreihen teilweise ungenügend war, was dazu führte, dass sich Schnecken an den jungen Keimlingen gütlich tun konnten und den Bestand in einigen Bereichen stark ausdünnten.
Direktsaat im Ökoanbau
Die Direktsaat von Soja im ökologischen Landbau war auch eines der Themen am Feldtag bei Friedrich Ruesch Anfang August in Buggingen. Dabei wurde Soja zwei Wochen nach der normalen Saat mit einer Direktsämaschine im Drillreihenabstand in bei der Blüte gewalzten Grünroggen gesät. In den ersten zwei Monaten nach der Aussaat war die Entwicklung dieser Bestände eher verhalten und die herkömmlich bestellten Bestände bekamen einen deutlichen Vorsprung. Als die Wachstumsbedingungen dann gut wurden, holten die Direktsaatbestände auf: Erfahrungsgemäß erreichen sie jedoch nicht ganz das Ertragsniveau guter, herkömmlich bestellter Bestände. Auf Betrieben mit Erosionsgefährdung oder Mangel an Arbeitszeit für die Unkrautregulierung kann dieses Verfahren aber dennoch interessant sein. Eine Zusammenfassung der Erfahrungen mit Direktsaat von Sojabohnen im Ökolandbau an der LTZ-Außenstelle Müllheim findet sich hier. Bei einer Erntevorführung im Rahmen des ersten Mitteldeutschen Sojatags auf dem Lehr-, Prüf- und Versuchsgut der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft in Buttelstedt bei Weimar konnten sich die Teilnehmer der Lehrfahrt vom Nutzen eines flexiblen Messerbalkens am Schneidetisch des Mähdreschers überzeugen. Auch bei den Betriebsbesichtigungen von Gut Döllnitz bei Halle/Saale (Bio) sowie dem Klostergut Winningen (konventionell) in der Nähe von Bernburg betonten beide Betriebsleiter unabhängig voneinander den hohe Nutzen des Flex-Schneidwerkes, das die Ernteverluste bei Soja infolge des tiefen Hülsenansatzes von 10 bis 15 % auf praktisch Null reduziert. Auch der Drusch von Lagergetreide sei damit ein Kinderspiel. Der Mehrpreis gegenüber einem herkömmlichen Schneidwerk wurde mit 1500 Euro beziffert. Käufer  von Gebrauchtmaschinen aus Osteuropa wollten keine herkömmlichen Schneidwerke mehr.   Eine Marktübersicht zu Flex-Schneidwerken findet sich hier.
Für den schonenden Drusch von Soja im Axial-Mähdrescher zur Saatgutgewinnung und Lebensmittelherstellung wurde die Verwendung eines Maiskorbes mit Rundstäben empfohlen. Eine besondere Herausforderung stellt insbesondere für konventionelle Betriebe in Norddeutschland noch die Vermarktung dar. Im Gegensatz zu Baden-Württemberg und Bayern, wo es doch schon ein grobmaschiges Netz von Erfassern und Verarbeitern gibt, sind diese Angebote im Norden noch rar. Und selbst wenn eine Toastanlage wie die besichtigte der Börde-Kraftkorn-Service GmbH in Gröningen bei Magdeburg gute Dienste beim Aufschluss von Soja, Lupinen, Erbsen und Ackerbohnen leistet und bereits seit 2000 verlässlich gute Qualität liefert, kann es dazu kommen, dass einem 3000-ha-Betrieb dessen Verarbeitungskapazität von 50 t pro Tag zu gering erscheint und er stattdessen lieber nach Süddeutschland oder gar Italien liefert, da im Norden der Markt für regionale Wertschöpfungsketten noch in den Kinderschuhen steckt. Im Biobereich ist die Nachfrage nach Soja schon besser und  das Angebot leider noch gering, so dass sich eher die Frage nach Umstellern oder Neueinsteigern stellt. Ein schönes Beispiel für die Lancierung von Regionalprodukten mit Gesicht bot die Ölmühle Moog aus dem sächsischen Lommatzsch, die in ihrer umfangreichen Palette an Ölen auch Sojaöl führt, das sie aus Bohnen eines Biolandwirts aus dem niedersächsischen Wendland presst und unter der Marke „H – Aus unserer Heimat” vermarktet, die für regionale Herkunft der Rohstoffe steht und den jeweiligen Lieferanten auf dem Etikett vorstellt.