Die katholische Kirche ist in Südbaden ein wichtiger Akteur auf dem Markt für Pachtflächen. Welche Vorgaben gelten beim Erzbischöflichen Ordinariat in Freiburg, das sich um die Verpachtung der meisten kirchlichen Flächen kümmert?
1,70 Euro pro Ar beträgt im Durchschnitt der jährliche Pachtpreis, den Pächter für ein von der katholischen Kirche im Erzbistum Freiburg gepachtetes landwirtschaftliches Grundstück bezahlen. Dieser Wert versteht sich über alle Nutzungsarten und kirchlichen Rechtspersonen hinweg. So ergeben sich pro Jahr Pachteinnahmen von 1,5 Millionen Euro, wie Gerhard Beha vom Erzbischöflichen Ordinariat (EBO) in Freiburg bei einem Vortrag im Bildungshaus Kloster St. Ulrich berichtete.
Sein Vortrag war Teil eines Seminars zur Verpachtung kirchlicher Flächen mit dem Titel „Eigentum verpflichtet”, zu dem die Katholische Landvolkbewegung in Freiburg bundesweit eingeladen hatte. Das EBO verwalte die Flächen von kirchlichen Stiftungen und Kirchengemeinden. Die Kirchengemeinden seien nicht verpflichtet, dem EBO die Verpachtung ihrer Grundstücke zu übertragen. Bis auf wenige Ausnahmen hätten dies jedoch alle getan.
Dadurch würden im Erzbistum Freiburg einheitliche Verpachtungsgrundsätze angewandt. Die Gefahr der Vetternwirtschaft sei daher nicht gegeben, so Beha. Die Pachtverträge aller kirchlichen Rechtspersonen, also Stiftungen und Gemeinden, laufen neun Jahre. Die Laufzeiten der Verträge seien einheitlich für Pächter und Gemarkung.
Bewirtschaftungseinheiten
Die Interessenten, vor allem die bisherigen Pächter, werden Beha
zufolge auf einen Tag eingeladen. Verlässliche Pächterfamilien hätten
die Grundstücke oft für Generationen in Pacht.
„Wer gute Flächen bekommt, muss gegebenenfalls auch schlechte nehmen”, erläuterte Gerhard Beha einen seiner Grundsätze bei der Verpachtung.
Vielfach hätten die Pächter mit verschiedenen Pacht- und
Eigentumsgrundstücken größere Bewirtschaftungseinheiten geschaffen.
Diese sollten nicht zerschlagen werden. Ziehe man kleine Grundstücke
heraus, bringe das nur Unruhe.
„Werden Flächen von einem
Pächter gekündigt, wird geprüft, ob sie in einer Bewirtschaftungseinheit
liegen, die weiter bestehen soll. Ist dies der Fall, werden die Flächen
an den Landwirt verpachtet, der die gesamte Bewirtschaftungseinheit
übernimmt”, erklärte Beha.
Größere Grundstücke, die separat bewirtschaftet werden können, werden
öffentlich zur Verpachtung ausgeschrieben. Laut Beha werden Bodenzahlen
im Bistum nicht erhoben, doch werden die Flächen bewertet. Jede
Gemarkung habe ein anderes Pachtzinsniveau, über das man sich nicht
hinwegsetzen wolle. Man strebe allerdings einen einheitlichen Pachtpreis
für vergleichbare Grundstücke über die Gemarkungen hinweg an.
"Das war Wahnsinn"
Früher habe man alle Landwirte gleichmäßig zu bedenken versucht und
deshalb größere Grundstücke, die beispielsweise durch die
Flurneuordnung entstanden waren, in Lose aufgeteilt. „Das war Wahnsinn”,
kommentierte der Referent. Würden Kleinstflächen oder in Lose
aufgeteilte Flächen frei, bekomme sie nun ein Nachbar.
Beha stellte die Vergabekriterien vor. Dabei wies er darauf hin, dass in
99 % der Fälle der bisherige Pächter bei Neuverpachtung vorrangig
berücksichtigt wird, es sei denn, die Grundstücke seien „katastrophal
bewirtschaftet oder ohne Erlaubnis unterverpachtet worden, oder der
Pachtzins wurde nicht bezahlt”. Bei Flächen unter einem Hektar werde auf
die öffentliche Ausschreibung und das Vergabeverfahren verzichtet.
Dieses greife bei ausgeschriebenen Pachtgrundstücken.
Die
Pächterauswahl erfolge nach der Punktezahl und pflichtgemäßem Ermessen.
Der mit der maximalen Punktzahl bekomme daher nicht zwingend den
Zuschlag. Die mit Punkten bewerteten Hauptkriterien sind:
- Regionale Herkunft: Hier erhält der in der Gemarkung Wohnende die höchste Punktzahl.
- Kirchenzugehörigkeit, gleich welcher Kirche innerhalb der
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Ein Amt muss man in der
Kirche aber nicht ausüben.
- Pachtpreisgebot: Wird ein Grundstück zur Verpachtung
ausgeschrieben, wird aus allen Angeboten das Durchschnittsgebot
ermittelt. Erhält ein Bieter über dem Durchschnitt den Zuschlag, muss er
den von ihm gebotenen Preis zahlen. Erhält er das Grundstück, obwohl
sein Gebot unter dem Durchschnitt liegt, muss er die gebotene
Durchschnittspacht zahlen.
- Soziale Aspekte wie die Zahl der Auszubildenden und das kirchlich-karitative Engagement des Bewerbers.
Nicht alles vorschreiben
Ausgeschrieben würden die Flächen in den Gemeindemitteilungsblättern
oder im Pfarrbrief. Es sei im Einzelfall denkbar, dass ein Interessent
aus Nachbargemeinden zum Zuge komme, wenn sich die Ortsansässigen einig
seien und einen zu niedrigen Pachtpreis böten bzw. bestimmen wollten,
wie es zu laufen hat.
Zu den Pachtbedingungen gehöre die ordnungsgemäße Bewirtschaftung und
die Einhaltung der Vorschriften. Außerdem wird die Bitte ausgesprochen,
auf Gentechnik zu verzichten. „Bitte deshalb, weil wir ein Verbot nicht
kontrollieren können”, begründete Beha.
Man wolle nicht alles vorschreiben. Das erforderte Kontrollen, und
Kontrollen seien personalintensiv. Letztlich habe man Vertrauen in die
Pächter, da die Pachtflächen bis auf wenige Ausnahmen ordnungsgemäß
bewirtschaftet würden.
Kontrolle aller nicht möglich
Um überprüfen zu können, ob der Pächter seine Flächen selbst
bewirtschaftet, müsse er sich im Pachtvertrag verpflichten, die
Unterlagen des Gemeinsamen Antrages offenzulegen. Wenn daraus
hervorgehe, dass er die Fläche nicht mehr selbst im Antrag habe, liege
zweifelsfrei eine unerlaubte Unterverpachtung vor, so dass eine
Kündigung ausgesprochen werde. Manche hätten nach Betriebsaufgabe
kirchliche Flächen nach wie vor in Pacht und würden sie unterverpachten.
Auf die Frage aus dem Publikum nach Kontrolle meinte der
Referent: „So etwas kriegt man mit!” Allerdings könne man nicht jeden
Betrieb alle paar Jahre unter die Lupe nehmen. Bei begründetem Verdacht
wird der Pächter gebeten, den Gemeinsamen Antrag offenzulegen. Bei rund
10.000 Pächtern im Erzbistum sei keine Kontrolle aller möglich – und
auch nicht beabsichtigt.
Um zu vermeiden, dass schlechtere Flächen unverpachtet
bleiben, werden diese bei Bedarf zusammen mit einem guten Grundstück im
Paket zur Verpachtung angeboten. „Wer gute Flächen bekommt, muss
gegebenenfalls auch schlechte nehmen”, führte Beha aus. Für den
Naturschutz prädestinierte Flurstücke werden interessierten Kommunen
oder dem Land verkauft.
Keine Bevorzugung von Öko-Betrieben
Die Kirche orientiere sich am
konventionellen Familienbetrieb. Vorschläge, Öko-Betriebe als Pächter zu
bevorzugen, kämen zunehmend von Interessengemeinschaften und Gremien.
Wenn man konventionelle Betriebe ausgrenze, treffe das jene Betriebe,
die unsere Kulturlandschaft geschaffen hätten und bis heute im
Wesentlichen erhalten würden. „Wollen wir das?”, fragte Beha.
„Eine
pauschale Bevorzugung der ökologisch wirtschaftenden Betriebe kann daher
nicht die Lösung sein.”
Landvolkpfarrer Thomas Dietrich ergänzte, in diesem Fall kämen Ideen und
Politik ins Spiel, nicht nur Sachfragen. Landwirt Markus Gräbling aus
Breisach stellte fest: „Mit 8900 Hektar verteilt auf 13.300 Grundstücke
kann man keine Politik machen, und man sollte es auch nicht versuchen.”