Betrieb und Wirtschaft | 08. März 2018

Wie die Hohenloher Rindfleisch vermarkten

Von Heinrich von Kobylinski
Wie die bäuerliche Erzeugergemeinschaft „Bœuf de Hohenlohe” ihr Rindfleisch vermarktet, erklärte deren geschäftsführender Vorsitzender Klaus Süpple vergangene Woche bei einer Versammlung des Arbeitskreises Mutterkuhhalter in Biberach.
Die Anfänge der bäuerlichen Selbsthilfeorganisation im Raum Schwäbisch Hall reichen bis 1988 zurück. Sie beruhen maßgeblich auf der Weidehaltung und dem Regionalitätskonzept von Rudolf Bühler, der die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) bis heute führt. Damals erregte die Erhaltung der regionalen Rasse der Schwäbisch Hällischen Schweine Aufsehen. 
Inzwischen hat sich die BESH zu einer Dachorganisation einer Reihe von  Unterorganisationen entwickelt. Eine davon ist „Bœuf de Hohenlohe” mit rund 100 Mitgliedern (Bœuf heißt Rindfleisch). Insgesamt sind unter der BESH über 1450 Erzeuger vereint.
Rund ein Drittel davon sind Bio-Landwirte. Folgende Grundsätze gelten für alle: Bäuerliche und GVO-freie Produktion, Transfer der Wertschöpfung an die Erzeuger und  Pflege regionaler Identität. 
Klaus Süpple informierte mit einer Reihe von spannenden Zahlen.

BESH-Dachorganisation und Bœuf de Hohenlohe sind eng miteinander verflochten: Zentrales Element im BESH-Konzept ist der eigene Schlachthof in Schwäbisch Hall, in dem neben den Rindern auch Schweine und Schafe verarbeitet werden. Der Schlachthof mit dem angeschlossenen Zerlegebereich, der handwerklichen Wurstproduktion und dem Fuhrpark macht die BESH zum Vollsortimenter. Dabei kommen sowohl konventionell erzeugte Tiere zur Verarbeitung als auch Vieh aus den Bio-Linien EU-Bio, Demeter und  Ecoland.
Breite Auswahl
Neben den fertigen Schlachtkörperhälften besteht das Angebot aus einer breiten Auswahl an Teilstücken und Spezialitäten. Genau darin liegt laut Süpple das BESH-Erfolgsgeheimnis! Über 350 gehobene Fleischerfachgeschäfte werden in Baden-Württemberg und den angrenzenden Bundesländern beliefert. Zu den Kunden gehören  unter anderem Lufthansa, Audi Neckarsulm, Mercedes Sindelfingen, Stihl Waiblingen oder der Reichstag in Berlin.
Auch den Erzeugern kann BESH/Bœuf de Hohenlohe eine Auswahl anbieten: eine Vielfalt an Qualitätsfleischprogrammen, die neben den heimischen Herkünften und Rassen auch Bezug nehmen auf die Fleisch-, Fett- und Altersklassen des EU-Etikettierungsgesetzes.
Im Hohenloher Programm, das keine Rassevorgaben hat und neben der Weidehaltung die GVO-freie Fütterung voraussetzt, wurden folgende Schlachtkategorien und aktuelle Erzeugerpreise pro Kilo vorgestellt:
  • Kälber, 90 bis 140 kg Schlachtgewicht (SG): 5,70 €
  • Färsen, 255−375 kg SG: 4,10€
  • Ochsen, 250−380 kg SG: 4,10€
  • Bullen bis 20 Monate, 290 bis 410 kg SG: 4,25€
  • Altkuh, 180−480 kg SG: 1,93− 3,56 € (E)
Im Bio-Bereich gelten andere Preise und Gewichtskategorien:
  • Kälber, 90−140 kg Schlachtgwicht: 6,15 €
  • Färsen, 240−350 kg SG: 4,70€
  • Ochsen, 260−350 kg SG: 4,70€
  • Altkühe: 2,43−4,03 €
Für Verbandsware von Ecoland und Demeter gelten weitere Aufschläge.
Das Spezialprogramm „Bœuf de Hohenlohe” konzentriert sich auf Färsen und Ochsen und nimmt im Namen Bezug auf historische Rinderverkäufe bis nach Paris. Heute bezieht sich dieses Programm auf die Rassen Fleckvieh, Limpurger und das fränkische Gelbvieh. Dabei gilt für Färsen (240 bis 300 kg SG) ein Erzeugerpreis von 4,50 €, für Ochsen (280 bis 320 kg SG) sind es 4,45 €.  
Auf Abgrenzung achten
Die BESH-Mitgliedschaft sieht auch eine Teilnahmemöglichkeit am Edeka-Programm für Jungweiderinder vor: Für Absetzer zwischen 200 und 260 kg SG ist ein Preis von 4,80 €/kg vorgesehen, wenn die Bio-Richtlinien eingehalten werden, ein Lebensalter von 8 bis 14 Monaten vorliegt und eine Säugezeit von mindestens drei Monaten nachgewiesen werden kann.
Süpple appellierte an die Zuhörer, sorgfältig auf die unterschiedlichen Klassenabgrenzungen zu achten. In Analogie zum EU-Etikettierungsgesetz sei neben den Stufen der Fleischigkeit (E,U,R,O,P) und des Fettgewebes (1,2,3,4,5) auch das Alter zu beachten. Hierzu nannte er Beispiele:
Bei einem Weiderind mit 11,9 Monaten und 250 kg SG ist mit einer Z-R2-Klassifizierung laut Süpple eine Marktleistung von 250 × 4,80 € = 1200 € erzielbar. Falls die Gewichtsobergrenze von 260 kg allerdings überschritten wurde, gibt es Abzüge: Mit 270 kg SG könnte nur noch ein Kilopreis von 4,35 € gelten, was zur Folge hätte, dass die Marktleistung auf 1135 € sinkt (Z-U2), somit real  65 € weniger beträgt, obwohl der Schlachtkörper mehr Masse aufweist. Zu diesem Verlust kommt noch ein Zeit- und Futterverlust hinzu.
Zu früh geschlachtet
Als wesentliche Grundlage zur Erzielung optimaler Klassifizierungsergebnisse kann laut Süpple die kontinuierliche Vermarktungsmöglichkeit gelten, so wie sie von der BESH angeboten wird. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass die Tiere in der Aufwuchsphase regelmäßig verwogen werden, zumindest aber mittels Maßband vermessen, um dann mithilfe von Faustformeln das tatsächliche Gewicht einschätzen zu können (Brustumfang × Brustumfang × Körperlänge des Rumpfes – jeweils in Zentimeter – geteilt durch den Faktor 11877,4). Weitere Voraussetzungen beim Mäster sind die effektive Selektion und ein regelmäßiger Umgang mit dem Vieh. Hilfreich seien Sortierschleusen oder Fanggitter.