Melezitose: Wenn sich der Waldhonig nicht schleudern lässt ...
Von Bruno Binder-Köllhofer, Fachberater Imkerei, RP Freiburg
Seit Mitte Juli melden Imker aus der Ortenau, dem Schwarzwald-Baar-Kreis, dem Landkreis Lörrach, vom Hochrhein und aus weiteren Regionen, dass sie ihre geernteten Honigwaben nicht ausschleudern können. Auch Imker aus anderen Bundesländern haben dieselben Probleme.
Melezitosehonig, der in den Zellen fest auskristallisiert, ist
ein großes Ärgernis. Er kann nicht geerntet werden und ist absolut ungeeignet für die Überwinterung von Bienenvölkern.
Ursache ist der sogenannter „Zementhonig”, der innerhalb kurzer Zeit beige-grau und sehr fest in den Waben auskristallisiert. Der Honigtau davon stammt vermutlich von der Schwarzen Fichtenrindenlaus. Sie besiedelt armdicke Stämme und Äste von wüchsigen Fichten und bildet oft große Kolonien. Für die Vermehrung der Rindenläuse werden vorwiegend Aminosäuren (Eiweiß) aus dem Saft der Bäume benötigt.
Diese Lausart scheidet normalerweise sehr große Mengen überschüssigen Zuckers aus. Dieser Honigtau enthält in großen Mengen den Dreifachzucker Melezitose, der die schnelle Kristallisierung bewirkt.
Keine Warnhinweise
Benützen Imker Stockwaagen und stellen Tageszunahmen von drei und mehr Kilogramm fest, ist das ein erster Warnhinweis. Erfahrene Imker holen ihre Völker bei Verdacht auf Melezitosehonig aus der Tracht und bringen sie an andere Standorte. Übergroße Tageszunahmen gab es bisher dieses Jahr im Wald jedoch nicht – im Gegenteil. Bis Ende Juni blühten bis in die Hochlagen hinein die Linde und die Edelkastanie sehr reichlich, die Bienen sammelten fleißig.
Danach zeigten die im Schwarzwald verteilten Stockwaagen ein wenig eindeutiges Bild. Oft ergaben sich keine oder nur sehr geringe Zunahmen. Wurde etwas eingetragen, dann nur in geringen Mengen. Trotzdem war am Geschmack deutlich erkennbar, dass es sich um Honigtau und nicht um Blütennektar handelte.
Aus der anfänglichen Freude an Waldhonigeintrag wurde dann beim Schleudern großer Frust, denn die Waben mit kristallisiertem Honig lassen sich nicht leer schleudern. Vermutlich sind oder waren die Kolonien der Schwarzen Fichtenrindenlaus dieses Jahr nicht besonders groß und zahlreich, so dass die übergroßen Tageszunahmen als Warnung fehlten.
Melezitosehonigwaben wie verwerten?
Melezitose kann von den Bienen unter bestimmten Voraussetzungen
verwertet werden. Einmal, wenn der Eintrag mit anderem Honigtau
vermischt vorkommt, was nur vereinzelt der Fall war, oder wenn er in so
geringen Mengen eingetragen wird, dass die Bienen bei der Bearbeitung
und Eindickung reichlich Enzyme zusetzen. Melezitose wird dann in
unproblematische, nicht kristallisierende Einfachzucker umgewandelt.
Als
Erklärung für das aktuelle Problem kann die vorherrschende trockene und
sehr warme Witterung herangezogen werden. Der Honigtau war sicherlich
schon so konzentriert, dass die Bienen auch die relativ geringe
Sammelmenge nicht ausreichend mit Enzymen versetzten.
Für das Bienenvolk ist der auskristallisierte Honig praktisch nicht
verwertbar. Die Waben eignen sich weder für die Fütterung im Spätsommer noch als Wintervorrat. Und der betroffene Imker hat das Problem, dass
Melezitose-Waben nicht leer zu schleudern sind und häufig leicht
brechen. Es fehlen dann oft die Ersatzwaben, um das überlebensnotwendige Winterfutter einzulagern.
Wabn entfernen
Rähmchen mit Mittelwänden
werden außerdem im Spätsommer kaum noch zu Waben ausgebaut. Für die Überwinterung ist es dennoch sehr wichtig, möglichst alle
Melezitose-Waben aus dem Wintersitz des Volkes zu entfernen und leere
Waben einzuhängen, damit dort ballaststoffarmes Winterfutter eingelagert
wird. Einerseits, weil die Kristalle im Winter nicht verwertbar sind,
andererseits, weil Waldhonig im Gegensatz zu Blütenhonig oder auch
Futter aus Zuckerwasser sehr ballaststoffreich ist.
In der fluglosen
Winterzeit kann dann die Kotblase von Einzelbienen so massiv gefüllt
werden, dass sie den Darminhalt nicht bis zum ersten Reinigungsflug
halten können und im Stock abkoten. Nachfolgend breiten sich dann
Darmkrankheiten wie Ruhr und Nosema im Volk aus.
Bekannt ist, dass aus Melezitosehonigkristallen, die die Bienen wieder
bearbeiten und intensiv mit Enzymen versetzen, ein flüssiger,
wohlschmeckender Waldhonig wird. Dies ist aber sowohl für Bienen als
auch Imker sehr mühsam: Die Waben müssen gut mit Wasser angefeuchtet und im Bienenvolk so positioniert werden, dass zum einen keine Räuberei
auftritt, zum anderen aber die Bienen den Eindruck haben, dass der
Honig an der falschen Stelle gelagert ist.
Es gibt dazu mehrere Rezepte, die alle nicht immer zu 100 Prozent
funktionieren.
Melezitosehonig
Eine Möglichkeit ist, dass man wenige Waben oberhalb des
Bienenvolkes im Kasten einstellt, jedoch durch eine schwarze Folie vom
Volk getrennt, mit einer kleinen Lücke nach oben. Von oben einfallendes
Licht (aber keine Sonne, Hitze!) verstärkt den Effekt. Nach oben muss
man entweder eine beschattete Glasplatte (Hitze!) oder ein
Lüftungsgitter anbringen, damit dort keine Bienen hineinkommen und
Räuberei stattfindet. Diese Methode geht nur mit ausreichend starken
Völkern und nach Ende der Tracht.
Eine weitere Methode ist, dass man die angefeuchteten
Melezitosehonigwaben in einer Zarge unter das Brutnest mit reduziertem
Flugloch stellt. Bienen dulden in Fluglochnähe keine Honigvorräte
(Gefahr des „Diebstahls”) und tragen sie deshalb nach und nach oberhalb
der Brut ein, weit weg vom Flugloch. Der umgetragene und dann flüssige,
aber dennoch ballaststoffreiche Waldhonig muss aber ebenfalls bald
geschleudert werden, weswegen sich nur starke und im Brutraum eng
geführte Völker für diese Methoden eignen.
Wird der Honig in Waben
eingelagert, wo sich auch noch Brut befindet, verbietet sich das
Schleudern. In allen Fällen kann man mit mindestens 30 bis 50 Prozent
Umarbeitungsverlusten, einer Menge zusätzlicher Arbeit und mit
ungewissem Erfolg rechnen. Außerdem drängt die äußerst wichtige
Sommerbehandlung gegen die Milben, womit das Zeitfenster klein und der
Stress groß ist.
Wer kann, lagert daher die Waben trocken, eventuell in Folie eingepackt
und kühl (unter 9 °C, wegen Wachsmotten) bis zum nächsten Frühjahr und
gibt sie zeitig als Reizfütterung vor der Tracht. Nun wird allerdings seit Mitte Juli auch partiell von verspritzten
Tannen berichtet, so dass der „Spuk” Melezitosehonig hoffentlich bald
ein Ende hat und vielleicht doch noch der begehrte und nicht
kristallisierende Weißtannenhonig eingetragen wird.