Tierhaltung | 14. September 2018

Wenn Schafe und Ziegen husten

Von Dr. Ursula Domes, TGD Grub
Erkrankungen der Lunge sind nicht nur ein gesundheitliches, sondern auch ein großes wirtschaftliches Problem. Wir zeigen Ursachen und Vorbeugemaßnahmen auf.
Typisch für die Pasteurellose ist der schleimig-eitrige Nasenausfluss, daher kommt auch der Name Schafrotz.
Die Lunge ist ein wichtiges Organ im Körper, sie ist zuständig für die Sauerstoffanreicherung des Blutes und den Abtransport von Kohlendioxid. Wenn sie geschädigt ist, funktioniert dieser Gasaustausch nicht mehr und alle restlichen wichtigen Funktionen im Körper werden gestört. Das heißt, das Tier kann nicht richtig wachsen, keine ideale Milch- oder Wollproduktion leisten und ist krankheitsanfälliger.
Der Körper hat den Husten als Schutzfunktion etabliert, um Fremdpartikel oder Schleim aus der Lunge zu entfernen. Jedoch ist ein dauernder Hustenreiz sehr quälend für die Tiere, sie sind unruhig, fressen schlechter und fühlen sich unwohl. Deswegen ist es auch aus Tierschutzgründen notwendig, Lungenerkrankungen vorzubeugen und schnellstmöglich zu heilen, wenn sie auftreten.Gerade junge Tiere, Schaflämmer und Ziegenkitze, sind sehr anfällig für Lungenerkrankungen, sie haben noch kein gut ausgebildetes Immunsystem und können noch schlecht ihre Temperatur regeln. Zudem ist ein junges Tier, das einmal eine Lungenschädigung hatte, häufig für den Rest des Lebens in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt.
Auslöser ist selten nur ein Erreger allein
Es gibt vielfältige Ursachen für Lungenerkrankungen. Die häufigsten sind Bakterien, Viren und Parasiten. Meist handelt es sich um Faktorenerkrankungen, das bedeutet, dass ein Erreger nicht für sich allein die Krankheit verursacht, sondern dass diese erst zusammen mit anderen schwächenden Faktoren ausgelöst wird. Diese Faktoren sind unter anderem:
  • Stallklima: Zugluft, Schadgase, Luftfeuchtigkeit
  •  Ernährung: Mangelernährung und somit geschwächtes Immunsystem durch zum Beispiel Vitamin E- oder Selenmangel oder ungenügende Biestmilchversorgung
  • Anzahl der Tiere: Überbelegung, schlechte Herdenstruktur
  • Andere Krankheiten und Parasiten: Schwächung der Tiere
Eine der häufigsten Lungenerkrankungen ist die Pasteurellose, auch Schafrotz genannt. Bei dieser bakteriellen Erkrankung haben die Tiere hohes Fieber, sie atmen angestrengt, husten, sind geschwächt, fressen schlecht und zeigen einen schleimig-eitrigen Nasenausfluss, der sogar blutig sein kann. Es kann besonders bei Lämmern zu hohen Todesraten mit teils sehr schnellen Krankheitsverläufen kommen.
Bei der Schlachtung sieht man mit der Brustwand verklebte Lungen, die blaurote, verdichtete Stellen aufweisen, die ähnliche Konsistenz wie Leber haben. Die Keime leben in der Flora von Nase und Rachen und werden durch Tröpfcheninfektion von Tier zu Tier übertragen.
Impfung gegen Pasteurellose
Hier dient der Raum unter der Plattform den Kitzen als „Nest”. Ein Lamellenvorhang als flexible Seitenwand sorgte anfangs dafür, dass sich die Tiere nicht gegenseitig in den Ecken erdrückten.
Man kann Pasteurellose durch die klinischen Anzeichen oder durch die Anzüchtung in Nasentupfern oder Lungen nachweisen. Bei schon erkrankten Tieren muss meist eine Behandlung mit Antibiotika erfolgen, ideal sind eine Keimbestimmung und ein Antibiogramm (d. h. Bestimmen des wirksamen Antibiotikums). Zugelassene homöopathische Tierarzneimittel wie Bryonia und abwehrstärkende wie Lachesis können unterstützend wirken.
Vorbeugend können die Tiere geimpft werden, entweder mit einem kommerziellen Impfstoff  oder mit einem bestandsspezifischen aus Erregern, die aus Lungen von verstorbenen Tieren isoliert wurden. Eine Möglichkeit ist es, die Alttiere in der Hochträchtigkeit – circa sechs bis vier  Wochen vor der Geburt –  zu impfen. Über die Biestmilch geben diese Muttertiere den Impfschutz an die Lämmer weiter, die sofort ab dem ersten Tag geschützt sind.
Jedoch hält dieser Schutz nur zwei bis drei Monate. Dann sollten die Jungtiere geimpft werden, um weiterhin geschützt zu sein. Haben die Lämmer keine Biestmilch von geimpften Alttieren erhalten, können sie schon ab der dritten Lebenswoche geimpft werden.
Eine frühe, ausreichende Biestmilchversorgung ist auch zur Vorbeugung anderer Krankheiten sehr wichtig. Lungenschäden können auch durch Krankheitsfaktoren wie zum Beispiel Lungenwürmer, CAE, Lungenadenomatose, Tuberkulose und Pseudotuberkulose verursacht werden.
Lungenerkrankungen vorbeugen
Das wichtigste Ziel muss es sein, Lungenerkrankungen vorzubeugen. So ist beim Bau bzw. Umbau des Stalls darauf zu achten, das dieser gut belüftet, aber zugleich Zugluft vermieden wird (unter 30 cm/s, alle vier Stunden kompletter Luftaustausch). Man kann Luftbewegungen mit einfachen Mitteln wie zum Beispiel Seifenblasen oder Räucherwerk darstellen.
Windschutznetze ermöglichen einen guten Luftaustausch und verhindern Zugluft. Die Keimbelastung in der Luft steht in direkter Relation mit Lungenerkrankungen. Saubere Luft im Freien hat 100–1000 kbE/m³ (koloniebildende Einheiten = Keime), ein gut belüfteter Stall 10000–15000 kbE/m³ und ein schlecht belüfteter Stall 25000–3 Mio. kbE/m³.
Schädlich sind auch die Schadgase aus der Einstreu, die das Lungengewebe schädigen und somit den Weg für Krankheitserreger ebnen. Um zu testen, ob Schadgase in einem Tierabteil vorhanden sind, sollte man sich immer auf Nasenhöhe der Tiere begeben und dort einatmen. 
Einstreuqualität
Die bei kleinen Wiederkäuern übliche Tiefstreu verschlechtert mit der Zeit immer mehr das Stallklima. Es gibt verschiedene Pulver, die man vor dem Einstreuen auf der Mistmatratze verteilen kann, damit diese trockener bleibt und weniger Schadgase produziert. Zur Reduktion der Krankheitserreger sollte zwischen zwei Lammzeiten der ganze Stall, aber besonders die Ablammbuchten, gründlich gereinigt und desinfiziert werden.
Junge Tiere können ihre Temperatur noch schwer selbst regeln und brauchen deswegen bessere Bedingungen als Alttiere. Eine gute Einstreu, in der die Jungtiere an den Liegeplätzen einsinken, also ähnlich wie in einem Nest die Wärme halten können (sogenannter Nestingscore, wichtig bei unter 10 °C), und besonders die Vermeidung von Zugluft sind wichtig. Dazu kann man ein Art Höhle anbieten, die gegen fallende Luft schützt.
Aber es ist immer zu beachten, dass darin die Luftqualität nicht leidet und die Tiere sich nicht erdrücken. Deswegen sind eine adäquate Gruppengröße und Belegung wichtig. Das Verwenden von Rotlichtlampen ist umstritten, da sie nur die äußere Schicht des Körpers wärmen und gerade Ziegenkitze sich darunter gern zu Gruppen aufeinander legen und erdrücken. Sie sollten nur bei frisch geborenen Lämmern zur Trocknung in den ersten Lebensstunden verwendet werden.
Zugekauft werden sollten weder  hochträchtige noch sehr junge Tiere, da sie noch nicht an die andere Keimflora im neuen Bestand angepasst sind. Eine Quarantäne für zwei bis vier Wochen ist auch zur Vermeidung von anderen Krankheiten wichtig.