Von Dr. Albrecht Schwarzmaier
Die Weidekeratitis trat in Südbaden lange Zeit nur vereinzelt auf. Erst in den letzten Jahren wurden vermehrt Krankheitsfälle gemeldet. Teilweise sind auch ganze Herden von der Hornhautentzündung betroffen.
Stadium 3: Eiterherd auf der Hornhaut und pinkfarbener Ring.
Vom Kinzigtal über Hofstetten zum Elztal bis nach Freiamt: In diesem Bereich liegen die Betriebe, die in den letzten Jahren Infektionen ihrer Tiere mit Weidekeratitis gemeldet haben.
Ursache für diese sehr schmerzhafte Augenerkrankung sind Bakterien der Gattung Moraxella. Sie kommen natürlicherweise auf den Schleimhäuten der oberen Luftwege vor. In Verbindung mit einer Vorschädigung des Auges insbesondere durch hohe UV-Strahlung nimmt die Gefahr zu, dass die Krankheit ausbricht. Aber auch Schadgas- und Staubbelastungen können eine solche Vorschädigung bewirken, sodass auch Krankheitsfälle in der Stallhaltung auftreten können. Wenn erst einmal einzelne Tiere einer Gruppe erkrankt sind, vermehren sich die Moraxella-Bakterien sehr stark und werden durch Fliegen auch auf die anderen Rinder übertragen. Entsprechend stellt die Stärke des Fliegenbefalls einen weiteren Faktor im Krankheitsgeschehen dar.
Die Erkrankung beginnt mit sehr
starkem Tränenfluss über Hornhauttrübung bis zu eitriger Einschmelzung
der Hornhaut und Verlust der Sehfähigkeit. In schweren Fällen kann
schließlich auch das Gehirn betroffen werden und die Krankheit daher zum
Tod des Tieres führen.
Maßnahmen
Die erkrankten Rinder müssen aufgestallt werden, um den Lichtreiz zu
mindern. Vor allem im alpinen Raum ist dies auch notwendig, weil die
Rinder nur noch schlecht sehen können und daher die Trittsicherheit
abnimmt. Eine antibiotische Augensalbe kann zur Heilung führen – in
schweren Fällen zumindest zu einer deutlichen Besserung. Beim Auftragen
sollten Handschuhe getragen werden, da die Moraxellen auch bei Menschen
Augenentzündungen verursachen können. Gleichzeitig sollte die
Fliegenbekämpfung intensiviert werden.
Impfen möglich
Wenn die Weidekeratitis auf bestimmten Weiden regelmäßig auftritt,
sollte die Möglichkeit genutzt werden, den Schweizer Impfstoff
„Piliguard Pinkeye-1” über eine Sondergenehmigung des MLR einzusetzen.
Auf Vermittlung des Rindergesundheitsdienstes wurde dies erstmals 2017
genutzt. Unter Angabe des Betriebs und der Anzahl der zu impfenden Tiere
können die Hoftierärzte solche Sondergenehmigungen erhalten.
Der Impfstoff enthält drei Moraxella bovis-Stämme. Als Impfzeitpunkt ist
„drei bis sechs Wochen vor Alpaufzug” angegeben. Hier bedeutet dies
entsprechend drei bis sechs Wochen vor dem Austrieb. Je nach Fall kann
es auch sinnvoll sein, während der Weideperiode zu impfen, wenn zu
befürchten ist, dass sich die Erkrankung in der Herde weiter ausbreitet.
Vorbeugende Maßnahmen sind die genaue Tierbeobachtung, um gegebenenfalls
frühzeitig behandeln zu können. Tränenfluss kann ein Zeichen für eine
beginnende Weidekeratitis sein – vor allem bei längeren
Schönwetterperioden mit intensiver UV-Strahlung. Ergänzt wird dies durch
eine konsequente Fliegenbekämpfung.