Tierhaltung | 28. August 2020

Weidekeratitis: Wenn das Auge rosa wird

Von Dr. Albrecht Schwarzmaier
Die Weidekeratitis trat in Südbaden lange Zeit nur vereinzelt auf. Erst in den letzten Jahren wurden vermehrt Krankheitsfälle gemeldet. Teilweise sind auch ganze Herden von der Hornhautentzündung betroffen.
Stadium 3: Eiterherd auf der Hornhaut und pinkfarbener Ring.
Vom Kinzigtal über Hofstetten zum Elztal bis nach Freiamt: In diesem Bereich liegen die Betriebe, die in den letzten Jahren Infektionen ihrer Tiere mit Weidekeratitis gemeldet haben.
Ursache für diese sehr schmerzhafte Augenerkrankung sind Bakterien der Gattung Moraxella. Sie kommen natürlicherweise auf den Schleimhäuten der oberen Luftwege vor. In Verbindung mit einer Vorschädigung des Auges insbesondere durch hohe UV-Strahlung nimmt die Gefahr zu, dass die Krankheit ausbricht. Aber auch Schadgas- und Staubbelastungen können eine solche Vorschädigung bewirken, sodass auch Krankheitsfälle in der Stallhaltung auftreten können. Wenn erst einmal einzelne Tiere einer Gruppe erkrankt sind, vermehren sich die Moraxella-Bakterien sehr stark und werden durch Fliegen auch auf die anderen Rinder übertragen. Entsprechend stellt die Stärke des Fliegenbefalls einen weiteren Faktor im Krankheitsgeschehen dar.
Die Erkrankung beginnt mit sehr starkem Tränenfluss über Hornhauttrübung bis zu eitriger Einschmelzung der Hornhaut und Verlust der Sehfähigkeit. In schweren Fällen kann schließlich auch das Gehirn betroffen werden und die Krankheit daher zum Tod des Tieres führen.
Maßnahmen
Die erkrankten Rinder müssen aufgestallt werden, um den Lichtreiz zu mindern. Vor allem im alpinen Raum ist dies auch notwendig, weil die Rinder nur noch schlecht sehen können und daher die Trittsicherheit abnimmt. Eine antibiotische Augensalbe kann zur Heilung führen – in schweren Fällen zumindest zu einer deutlichen Besserung. Beim Auftragen sollten Handschuhe getragen werden, da die Moraxellen auch bei Menschen Augenentzündungen verursachen können. Gleichzeitig sollte die Fliegenbekämpfung intensiviert werden.
Impfen möglich
Wenn die Weidekeratitis auf bestimmten Weiden regelmäßig auftritt, sollte die Möglichkeit genutzt werden, den Schweizer Impfstoff „Piliguard Pinkeye-1” über eine Sondergenehmigung des MLR einzusetzen. Auf Vermittlung des Rindergesundheitsdienstes wurde dies erstmals 2017 genutzt. Unter Angabe des Betriebs und der Anzahl der zu impfenden Tiere können die Hoftierärzte solche Sondergenehmigungen erhalten.
Der Impfstoff enthält drei Moraxella bovis-Stämme. Als Impfzeitpunkt ist „drei bis sechs Wochen vor Alpaufzug” angegeben. Hier bedeutet dies entsprechend drei bis sechs Wochen vor dem Austrieb. Je nach Fall kann es auch sinnvoll sein, während der Weideperiode zu impfen, wenn zu befürchten ist, dass sich die Erkrankung in der Herde weiter ausbreitet.
Vorbeugende Maßnahmen sind die genaue Tierbeobachtung, um gegebenenfalls frühzeitig behandeln zu können. Tränenfluss kann ein Zeichen für eine beginnende Weidekeratitis sein – vor allem bei längeren Schönwetterperioden mit intensiver UV-Strahlung. Ergänzt wird dies durch eine konsequente Fliegenbekämpfung.