Pflanzenbau | 13. August 2020

Wasser entscheidender Produktionsfaktor

Von Gernot Raiser
Am 6. August fand in Rheinau-Linx auf dem Betrieb Sänger und Schwarz GbR das diesjährige BLHV-Erntegespräch statt. Gekoppelt war die Veranstaltung mit Informationen des Regierungspräsidiums Freiburg über Versuche und Modellbetriebe zur Biodiversität.
Von links: Klaus Mastel, RP Freiburg, Egon Busam, BLHV-Vizepräsident, Werner Räpple, BLHV-Präsident und Padraig Elsner, beim BLHV zuständig für Öffentlichkeitsarbeit.
Präsident Werner Räpple zeichnete eine sehr uneinheitliche Bilanz der verschiedenen Kulturen. Haupteinflussfaktoren sind dieses Jahr die Wasserversorgung und Wasserhaltefähigkeit der Böden. Gekoppelt war die Veranstaltung mit Informationen des Regierungspräsidiums Freiburg über Versuche und Modellbetriebe zur Biodiversität. Katharina Hügel vom Regierungspräsidium Freiburg erläuterte  bei der Besichtigung von Versuchsparzellen die vielfältigen Möglichkeiten zur Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft.
Erntemengen und Preise
Durchschnittlich und somit zufriedenstellend, so der BLHV-Präsident, seien die Hektarerträge bei den Winterungen ausgefallen.  Ausreißer nach unten und oben seien allerdings 2020 besonders ausgeprägt – je nach Wasserversorgung und Wasserhaltefähigkeit der Böden. Bei der Wintergerste liege der Durchschnitt im Rheintal bei 60 dt/ha. Die Spanne betrage jedoch 40 bis 100 dt/ha. Winterweizen schwankt zwischen 50 und 100 dt/ha bei guten 70 bis 80 dt/ha über alle Flächen.
„Die Getreidepreise lassen noch zu wünschen übrig, insbesondere bei der Braugerste, die den coronabedingten Absatzeinbruch von 30 Prozent beim Bier zu spüren bekommt”, bedauert Räpple. Als entscheidend für die hiesigen Erzeugerpreise bezeichnet er das Auf und Ab an den globalen und europäischen Konkurrenzmärkten. Der Raps hat laut BLHV in diesem Jahr positiv überrascht. Trotz Frostschäden im April seien mit 35 bis 40 dt/ha ordentliche Erträge zu verzeichnen.
Der in der Rheinebene besonders wichtige Körnermais leidet, mit großen standörtlichen Unterschieden, wie in den Vorjahren unter Wassermangel. Für Spargel sowie Beeren- und Steinobst müssen deutlich unterdurchschnittliche Erntemengen konstatiert werden, wobei die Preise bei den Sonderkulturen aber – aufs Ganze gesehen – relativ stabil geblieben sind, fasst Werner Räpple zusammen. Auch hier hatte das Ausland starken Einfluss, weil der Importdruck aus Südeuropa 2020 nicht so stark war wie sonst – wetterbedingt und durch einen Mangel an Erntehelfern.
Zu trocken für Grünland
Besonders deutlich wird der dominierende Einfluss des diesjährigen Wassermangels beim Grünland, wo der dritte Schnitt wegen ausbleibenden Niederschlägen „zum Teil ein Totalausfall ist”, wie der BLHV konstatieren muss, dessen Verbandsgebiet zu großen Teilen aus Wiesen und Weiden besteht. „Es wird deutlich, dass auf Extensivwiesen, beispielsweise  FFH-Flächen, die aus Naturschutzgründen nicht oder kaum gedüngt werden dürfen, bei Wassermangel sofort die Futtermenge einbricht”, beklagt Räpple. In den dadurch entstehenden Lücken im Bestand machen sich unerwünschte Pflanzenarten breit, die für die Viehhaltung wertlos oder sogar schädlich sind.
Klaus Mastel, zuständig für die Tier- und Pflanzenproduktion im Regierungsbezirk Freiburg, bestätigte den massiven Ertragsrückgang beim Grünland. „Von der Ortenau bis nach Lörrach sind am Westrand des Schwarzwaldes Ertragseinbußen von 50 Prozent festzustellen”, fasst der Referatsleiter am RP zusammen. Vor allem die Niederschlagsdefizite im März, April und Mai hätten den Wiesen und Weiden  sehr zu schaffen gemacht.
Was Ackerkulturen betrifft, berichtet Mastel von einem Rückgang des Winterweizen- und Wintergerstenanbaus. Ursache waren regenbedingte Aussaatprobleme im Oktober 2019. Demgegenüber konnten  Sommerungen, vor allem Sommergerste und hier insbesondere Braugerste, an Fläche gewinnen. Ursächlich war dafür auch der „richtig gute” Erzeugerpreis  von etwa 22 Euro/dt im Vorjahr, wohingegen 2020 tendenziell nur magere rund 16 Euro/dt zu erwarten sind, fasst der Referatsleiter zusammen.
Als regelrechte Erfolgsgeschichte bezeichnet er die weitere Zunahme  des Sojaanbaus in der Rheinebene. Die Eiweißversorgung von Tier und Mensch werde dadurch unabhängiger von Importen. Auch allgemein sei 2020 eine Tendenz zur Kulturartenvielfalt unverkennbar, freut sich Mastel.  Zum Beispiel habe der Anbau von Hafer, Erbsen, Ackerbohnen und Mischungen von Körnerleguminosen und Getreide zugenommen.
Biodiversität
Katharina Hügel (links) erläuterte als Fachfrau für Biodiversität beim Regierungspräsidium Freiburg Versuche zu Unter- und Zwischensaaten sowie Saum- und Blühstreifen. Im Anschluss an die BLHV-Erntepressekonferenz wurden entsprechende Demonstrationsparzellen besichtigt.
Als sehr positiv verbucht Mastel, dass – vom Land über das Programm FAKT mit 710 Euro/ha gefördert – die „Brachebegrünung mit Blühmischungen” weiter um zwölf Prozent im Vergleich zu 2019 zugenommen hat. Landesweit seien dies inzwischen rund 20000 ha. Angeschlossen an die BLHV-Erntepressekonferenz war auch die Besichtigung von Versuchen zur Biodiversität auf den Flächen des gastgebenden Betriebes. Dort erläuterte die Agrarbiologin Katharina Hügel vom Regierungspräsidium Freiburg die vielfältigen Möglichkeiten zur Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft. Sie sollen auf den Modellbetrieben wie der Sänger und Schwarz GbR auf ihre Praxistauglichkeit und Wirksamkeit hin untersucht werden. Zu sehen waren beim Pressetermin neben einem bewuchsfrei gehaltenen Böschungsstreifen als Brutplatz für Wildbienen Blühstreifen und verschiedene Mischkulturen von Mais, zum Beispiel mit Stangenbohnen und Sonnenblumen.
„Die Modellbetriebe sind eine echte Bereicherung für die Landwirtschaft in Südbaden”, lobt Werner Räpple. Er mahnt aber an, dass die Landwirte für den erheblichen Mehraufwand zur Steigerung der Artenvielfalt auf ihren Flächen einen angemessenen finanziellen Ausgleich bekommen  müssen.