Tierhaltung | 31. Januar 2020

Was wäre, wenn ...

Von MLR Stuttgart
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) rückt immer näher an Deutschland heran. Welche Folgen und finanziellen Belastungen auf die Landwirtschaft zukämen, sollte es zu einem ASP-Ausbruch in Deutschland oder in Baden-Württemberg kommen, das zeigt der folgende Beitrag auf.
Werden aufgrund eines ASP-Ausbruchs bei Wildschweinen seitens der Behörden Nutzungsbeschränkungen für land- und forstwirtschaftliche Flächen angeordnet, so sind staatliche Entschädigungen möglich.
Bei den Auswirkungen eines ASP-Ausbruchs in Deutschland muss zwischen einem Seuchengeschehen bei Hausschweinen und bei Wildschweinen unterschieden werden. Generell gilt, dass bei einem ASP-Ausbruch bei Haus- und/oder Wildschweinen in Deutschland der Import von Schweinen, Schweinefleisch und Schweinefleischerzeugnissen und sonstigen Erzeugnissen von Schweinen von wichtigen Abnehmerstaaten außerhalb der EU aus Deutschland generell verboten werden dürfte. So ist zum Beispiel der Export von Schweinefleisch und Schweinefleischerzeugnissen aus Belgien aufgrund des ASP-Ausbruchs bei Wildschweinen im September 2018 in bestimmte Drittstaaten weiterhin nicht möglich.
 Es wird daher davon ausgegangen, dass die Erzeugerpreise in Deutschland bei einem ASP-Ausbruch zumindest vorübergehend einbrechen werden. In China haben sich durch das massive ASP-Geschehen bei Hausschweinen die Schweinepreise zwischenzeitlich verdoppelt mit der Folge, dass deswegen die Inflationsrate merklich angestiegen ist. Das Verbringen in andere EU-Mitgliedstaaten ist dagegen weiterhin ohne Auflagen möglich, sofern die Betriebe nicht in den Restriktionsgebieten liegen.
Folgen eines Ausbruchs bei Hausschweinen
Bei einem ASP-Ausbruch bei Hausschweinen muss zwischen den Folgen für den Ausbruchbetrieb und für die Schweinehaltungsbetriebe in den Restriktionsgebieten (erstens Sperrbezirk mit einem Radius von mindestens 3 km um den Ausbruchbetrieb und zweitens Beobachtungsgebiet um den Sperrbezirk mit einem Radius von mindestens 10 km) unterschieden werden.

Ausbruchbetrieb
Im Ausbruchbetrieb werden alle Schweine getötet und unschädlich beseitigt. Es erfolgt
eine Reinigung, Desinfektion und gegebenenfalls Entwesung des Betriebs. Der gemeine Wert (Marktwert) der Tiere wird durch das Land und die Tierseuchenkasse Baden-Württemberg (TSK) entschädigt, sofern die Tierseuchenkassenbeiträge ordnungsgemäß bezahlt wurden und der Tierhalter seinen Tiergesundheitsverpflichtungen nachgekommen ist, wie beispielsweise unverzügliche Anzeige eines Seuchenverdachts und Einhaltung der Biosicherheits-/Hygienebestimmungen gemäß der Schweinehaltungshygieneverordnung. Ebenso werden die Kosten für die Tötung der Tiere und deren unschädliche Beseitigung übernommen. Die TSK übernimmt zusätzlich 80 Prozent der Desinfektionsmittelkosten. Die übrigen Kosten sowie den Ertragsausfall muss der Ausbruchbetrieb tragen.

Betriebe im Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet
Schweinehaltungsbetriebe im Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet können für 40 Tage (Sperrbezirk) bzw. 30 Tage (Beobachtungsgebiet) keine Schweine aus den Beständen verbringen. Diese Fristen können unter bestimmten Voraussetzungen auf 30 bzw. 21 Tage verkürzt werden. Im Anschluss ist bis zur Aufhebung der Restriktionsgebiete ein Verbringen mit Ausnahmegenehmigung unter Auflagen möglich. Hierzu müssen die Schweine des Betriebes unter anderem klinisch und mittels Blutproben untersucht werden und der Transport darf nur verplombt durchgeführt werden. Schlachtschweine müssen gesondert geschlachtet werden und die Zerlegung und Verarbeitung der Schlachtkörper müssen separat und unter Auflagen erfolgen. Beschränkungen gibt es zudem für Sperma, Eizellen und Embryonen von Schweinen. Die Aufhebung des Sperrbezirks ist frühestens 45 Tage nach Abnahme der Grobreinigung und Vordesinfektion im Ausbruchbetrieb und negativen Untersuchungen der anderen Betriebe im Sperrbezirk sowie frühestens nach 40 Tagen im Beobachtungsgebiet möglich. Die Kosten für Ausnahmegenehmigungen, Handelsuntersuchungen, Verplombung von Fahrzeugen etc. tragen ausschließlich die Betriebe.
Auch andere Haustiere als Schweine (mit Ausnahme von Bienen) dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde aus einem oder in einen Betrieb mit einer Schweinehaltung verbracht werden. Daraus resultierende finanzielle Folgen sind ebenfalls ausschließlich durch den Betrieb zu tragen.
Neben der Hausschlachtung ist auch die künstliche Besamung im Sperrbezirk verboten. Ausnahmegenehmigungen für die künstliche Besamung sind möglich. Finanzielle Auswirkungen tragen auch hier die Betriebe.
Die Pflanzenproduktion ist bei einem ausschließlichen ASP-Ausbruch bei Hausschweinen nicht betroffen.
 
Folgen eines Ausbruchs bei Wildschweinen
Um den Fundort eines positiven Wildschweines werden ein gefährdetes Gebiet und eine Pufferzone eingerichtet. Die Größe beider Gebiete ist rechtlich nicht vorgeschrieben. Sie orientiert sich an epidemiologischen Erkenntnissen, wie zum Beispiel  dem vermuteten Eintragszeitpunkt, natürlichen Grenzen der Weiterverbreitung (für Wildschweine unüberwindbare Hindernisse), Schwarzwilddichte, Futterangebot, Überwachungsmöglichkeiten etc. und kann in Abhängigkeit vom Seuchengeschehen die Größe eines Landkreises oder darüber hinaus besitzen.
Innerhalb des gefährdeten Gebietes kann zudem ein sogenanntes  Kerngebiet mit weiteren, verschärften Maßnahmen wie zum Beispiel einem Betretungsverbot eingerichtet werden, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung unerlässlich ist.
Das gefährdete Gebiet und die Pufferzone können erst aufgehoben werden, wenn das Seuchengeschehen bei den Wildschweinen wieder erloschen ist, das heißt frühestens zwölf Monate nach dem letzten Nachweis der Afrikanischen Schweinepest.

Auswirkungen auf die Schweinehaltung
Schweine dürfen in einen oder aus einem Betrieb im gefährdeten Gebiet nicht mehr verbracht werden. Ausnahmegenehmigungen sind jedoch unter Auflagen möglich. Zu verbringende Schweine müssen mittels Blutproben untersucht werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, dass Betriebe „Status-Betriebe” werden. Hierzu müssen die Betriebe zweimal jährlich im Abstand von mindestens vier Monaten durch das zuständige Veterinäramt untersucht werden. Transporte von Schlachtschweinen dürfen nur auf direktem Weg an die Schlachtstätte erfolgen. Die Kosten für Ausnahmegenehmigungen, Untersuchungen etc. tragen ausschließlich die Betriebe.

Auswirkungen auf die Pflanzenproduktion
Stroh, Gras und Heu dürfen zur Verfütterung oder als Einstreu und Beschäftigungsmaterial aus dem gefährdeten Gebiet in Schweinehaltungen nicht genutzt werden. Ausnahme: Dieses wurde sechs Monate vor Festlegung des gefährdeten Gebietes gewonnen und vor Wildschweinen sicher geschützt gelagert, oder es wurde einer Hitzebehandlung für mindestens 30 Minuten bei mindestens 70 Grad unterzogen. Entsprechende finanzielle Auswirkungen müssen vom Betrieb getragen werden.
Neben den genannten Einschränkungen für Hausschweine sind als weitere Maßnahmen im gefährdeten Gebiet zeitweise Nutzungsbeschränkungen bis hin zum Nutzungsverbot für land- und forstwirtschaftliche Flächen möglich.
Übergeordnetes Ziel ist es, die Wildschweine in ihrem angestammten Bereich zu halten und zu verhindern, dass die Seuche weiterverschleppt wird.
Um eine effektive Bejagung zu ermöglichen, besteht neben der Nutzungsbeschränkung auch eine Anordnungsermächtigung für die zuständige Behörde, dass Jagdschneisen angelegt werden müssen.
Beschränkungen hinsichtlich der Nutzung von Gras, Heu und Stroh gelten ausschließlich für Schweinehaltungen. Bei anderen Tierarten, ebenso wie bei Biogasanlagen, kommt es zu keiner Reglementierung. Gleiches gilt für den Handel mit Getreide oder anderen landwirtschaftlichen Produkten.
Für die auf behördliche Anordnung getroffenen Maßnahmen bezüglich möglicher Nutzungsbeschränkungen von land- und forstwirtschaftlichen Flächen können staatliche Entschädigungen gewährt werden. Bund und Länder stimmen sich derzeit wegen Entschädigungsregelungen zur Pflanzenproduktion ab.
 
Fazit
Bei einem ASP-Ausbruch bei Haus- und/oder Wildschweinen gibt es teilweise Entschädigungen und Kostenerstattungen. Die nicht durch Entschädigungen abgedeckten Kosten können die Existenzgrundlage eines landwirtschaftlichen Betriebs gefährden. Es ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung, ob die Betriebe sogenannte Ertragsschadenversicherungen abschließen, um sich gegen diese Elementarschäden abzusichern. Bei den Versicherungsleistungen der Policenanbieter ist vor Vertragsabschluss sorgfältig zu prüfen, ob die bei einem ASP-Ausbruch entstehenden finanziellen Risiken abgedeckt sind. Insbesondere sollten sie alle Risiken berücksichtigen, die nicht durch staatliche Entschädigungen abgedeckt sind und die Existenzgrundlage der Betriebe gefährden können.
Vordringliches Ziel ist es, einen ASP-Ausbruch bei Hausschweinen zu verhindern. Es  ist daher besonders wichtig, dass die Biosicherheits-/Hygienemaßnahmen nach der Schweinehaltungshygieneverordnung in  schweinehaltenden Betrieben konsequent eingehalten werden, um die besonders schwerwiegenden Folgen bei einem ASP-Ausbruch in einem Hausschweinebestand zu verhindern.