Politik | 04. Januar 2023

Was die Deutschen essen sollen

Von AgE
Die Bundesregierung will die Voraussetzungen für eine stärker pflanzenbetonte und nachhaltige Ernährung in der Bevölkerung schaffen. Das steht in einem Eckpunktepapier, das vom Kabinett am 21. Dezember beschlossen wurde.
Eine Schlüsselrolle für eine gesundheitsfördernde Ernährung im Alltag räumt die Bundesregierung der Gemeinschaftsverpflegung ein.
Die Regierung will die Ernährungsstrategie Ende 2023 beschließen. Angestrebt wird eine pflanzenbetonte Ernährung mit einem hohen Anteil an möglichst unverarbeitetem Gemüse und Obst sowie ballaststoffreichen Getreideprodukten, Hülsenfrüchten und Nüssen.
Weniger Fleisch
Gleichzeitig soll die Reduzierung des Konsums tierischer Lebensmittel auf ein nachhaltiges und gesundheitsförderndes Maß unterstützt werden. Der Fleischkonsum liege in Deutschland deutlich über dem ernährungsphysiologisch empfohlenen Wert, heißt es in dem Papier. Zudem benötige die Erzeugung tierischer Lebensmittel teilweise ein Mehrfaches der darin enthaltenen Energie in Form von Futterpflanzen und sei mit hohen Treibhausgasemissionen und Umweltbelastungen verbunden.
Eine Schlüsselrolle für eine gesundheitsfördernde Ernährung im Alltag räumt die Bundesregierung der Gemeinschaftsverpflegung ein. Dort soll der Anteil ökologischer und pflanzlicher sowie saisonal-regional erzeugter Lebensmittel erhöht werden.
Bei den Liberalen stießen die Eckpunkte auf Kritik. FDP-Fraktionsvize Carina Konrad sprach sich gegen eine „Politik des erhobenen Zeigefingers” im Ernährungsbereich aus. Agrarsprecher  Gero Hocker erteilte einer staatlichen Bevormundung eine Absage. Ähnlich äußerte sich der Lebensmittelverband Deutschland.
DBV warnt vor Diskriminierung
Vor einer Diskriminierung tierischer Lebensmittel  warnte der Deutsche Bauernverband (DBV).
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir verteidigte die geplante Ernährungsstrategie gegen den Vorwurf der Verbraucherbevormundung. „Ich möchte den Leuten nicht vorschreiben, was sie essen sollen”, sagte Özdemir anlässlich der Kabinettsbefassung. Er wolle jedoch dafür sorgen, „dass es für alle Menschen in Deutschland möglich ist, sich gut und gesund zu ernähren – unabhängig von Einkommen, Bildung oder Herkunft.” Özdemir wies darauf hin, dass gut zwei Drittel der Männer, ungefähr die Hälfte der Frauen und fast jedes sechste Kind in Deutschland übergewichtig seien. Darauf müsse man politisch reagieren.
Die Sprecherin für Ernährung und Landwirtschaft der Grünen im Bundestag, Renate Künast, bezeichnete eine Ernährungsstrategie als „wichtigen Baustein für eine Ernährungswende”. Es gehe dabei um „eine grundsätzliche Ausrichtung an einer gesunden Umgebung für Ernährung und Bewegung, die besonders schutzbedürftige Personen wie Kinder in den Mittelpunkt stellt.” Ziel sei ein neues Ernährungssystem, „das individuelle Gesundheit, Klima und Umwelt endlich ins Zentrum stellt, statt die finanziellen Interessen der Wirtschaft”, so Künast.
Meilenstein
Die SPD begrüßte die Strategie als Erfolg ihrer jahrelangen Arbeit für mehr soziale Gerechtigkeit in Sachen gesunder Ernährung. Nunmehr müsse es darum gehen, ambitionierte Maßnahmen zu entwickeln. „Mit der Ernährungsstrategie erreichen wir einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer gesunden, nachhaltigen Ernährung, die uns guttut”, erklärte die ernährungs- und landwirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Susanne Mittag. Die Strategie biete die Chance, allen Menschen in Deutschland – unabhängig von Einkommen, Bildungsgrad oder Herkunft – den Zugang zu ausreichendem und gesundem Essen zu erleichtern.