Politik | 12. Oktober 2023

Was bis 2030 erreicht werden soll

Von AgE/red
Um die Klimaziele des Landes zu erreichen, muss sich die Landwirtschaft in Baden-Württemberg verändern. In welche Richtung es gehen soll, zeigt ein Bericht des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) auf.
Die Zahl der Rinder in Baden-Württemberg soll laut dem Bericht bis 2030 um 20 % im Vergleich zu 2019 zurückgehen, gleichzeitig soll die Stickstoffdüngung um 27 % eingeschränkt werden.
Ziel der Landesregierung ist es, bis 2040 netto die Treibhausgas-(THG-)Neutralität zu erreichen. Bereits bis 2030 sollen die THG-Emissionen um 65 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 gemindert werden. Um die Klimaziele zu erreichen, hält das Stuttgarter ZSW in seinem jetzt vorgelegten „Endbericht Sektorziele 2030 und klimaneutrales Baden-Württemberg 2040” für den Bereich Landwirtschaft den Ausbau des Ökolandbaus auf 30 % bis 2030 für eine geeignete Strategie.
Stickstoffdüngung soll zurückgehen
Der Verzicht auf synthetische Stickstoffdünger führe zu einer Reduktion der Lachgasemissionen. Konkret halten die Autoren der Studie eine Einschränkung der Stickstoffdüngung bis 2030 um etwa 27 %, nämlich von 210.000 t auf 153.000 t, gegenüber dem aktuellen Stand für erforderlich.
Weiter sinken muss aus ihrer Sicht auch der Viehbestand, und zwar gegenüber 2019 um 20% bis 2030. Dazu braucht es der Studie unter Leitung des ZSW zufolge Vorgaben für eine starke Verringerung der Rindfleisch- und Milchproduktion.
Grünlandbasiert
Die Rinderfütterung habe zudem stärker grünlandbasiert zu erfolgen als heute. Insgesamt würde aufgrund der verringerten Tierhaltung weniger Wirtschaftsdünger anfallen. Von diesem würde aber ein größerer Anteil in Biogasanlagen vergoren, heißt es in der Studie. Der Anteil würde  je nach Tierart von derzeit etwa 11 % bis 21 % auf 40 bis 70 % im Jahr 2030 steigen. Laut dem Statistischen Landesamt belief sich die Anzahl der Rinder und Schweine im Südwesten 2020 auf etwa 929000 bzw. 1,67 Millionen Tiere.
Einen besonderen Handlungsbedarf sehen die Autoren auch mit Blick auf die Politik. Sie weisen darauf hin, dass die Ausrichtung des Agrarsektors stark vom Konsumverhalten abhänge. Bislang seien im Klima-Maßnahmen-Register  die Schritte für die Verbraucherseite aber nur angedeutet worden. Insbesondere der Milch- und Fleischkonsum sei nicht adressiert worden. Zu fördern sei eine klimaschonende Ernährung. Als übergreifende Strategie werden die Stärkung des Ökolandbaus und die Unterstützung innovativer landwirtschaftlicher Ansätze angemahnt.
Darüber hinaus sehen die Studienautoren im Sektor „Landnutzung, Landnutzungsänderung⁠ und Forstwirtschaft (LULUCF)” den Moorbodenschutz als wichtig an. Sie raten der Landesregierung, zeitnah eine zusammenhängende Flächenkulisse festzulegen, die wiedervernässt werden kann. Das Moorschutzprogramm des Landes könnte fortgeschrieben werden. Gleichfalls sollten Anreizsysteme zum Moorbodenschutz verbessert sowie  Sanktionssysteme geprüft werden.
Inanspruchnahme von Flächen
Agroforstsysteme sollten bis 2030 um 4000 ha und bis 2040 um 7000 ha zunehmen.
Als „sehr ambitioniert” ordnen die Autoren das Ziel Baden-Württembergs ein, die Netto-Inanspruchnahme von Flächen bis 2035 auf null zu senken. Sie sehen darin einen Zielkonflikt mit der Anlage von Photovoltaik-Freiflächenanlagen, da diese als Siedlungsfläche gelten. Dieser Zielkonflikt müsse zeitnah geklärt werden.
Prozesse optimieren statt Tierhaltung abbauen
Mit Blick auf den ZSW-Bericht weist das Stuttgarter Ministerium Ländlicher Raum darauf hin, dass rund 40 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Baden-Württemberg  Grünland sind. Es sei einer der wertvollsten CO2-Speicher, vor allem dann, wenn es beweidet werde. Daher komme der Haltung von Nutztieren, speziell Rindern, eine besonders wichtige Bedeutung zu.
Rinder tragen dem MLR  zufolge durch die Beweidung und damit den Erhalt des Grünlands weit mehr zur CO2-Reduzierung bei, als sie CO2 produzieren. Wie generell sei  die  Nutztierhaltung nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.
Grundsätzlich möchte das MLR  den Umfang der landwirtschaftlichen Produktivität erhalten. Dies gelte insbesondere auch für den Bereich der Tierhaltung. Ziel des MLR  sei es – insbesondere im Zusammenhang mit der Erhaltung des CO2-Speichers Grünland –, die Rinderhaltung nicht zu extensivieren, sondern zu intensivieren, mindestens zu halten. Ansonsten drohten Verbuschung und damit der Verlust wertvollen Kohlenstoffspeichers und von Biodiversität.
Zum  Erreichen der Klimaschutzziele setze das Ministerium daher nicht auf einen Abbau der Pflanzenproduktion oder der Tierhaltung, welcher zu einem  Strukturbruch in der Landwirtschaft führen würde, sondern auf die Optimierung von Prozessen. Dazu gehörten beispielsweise Aspekte wie Methanreduzierung durch Fütterung oder innovative technische und bauliche Maßnahmen bei Stallbauten. Im Rahmen des Agrarinvestitionsförderungsprogramms unterstütze das Land  Betriebe bei der Emissionsminderung, wie beispielsweise  Investitionen in emissionsarme Stallböden.