Tierhaltung | 15. Oktober 2020

Waldhonigernte im Südwesten

Von Bruno Binder-Köllhofer
Imker berichten von einer sehr guten Waldhonigernte - vor allem auch vom geschätzten Weißtannenhonig. Der nicht schleuderbare Melezitosehonig trübt das Ergebenis nur zum Teil.
Diese Honigtautröpfchen stammen von der Fichtenrindenlaus. In den trüben Tropfen haben sich bereits Kristalle gebildet.
2020 wird nicht nur im Weinbau, sondern auch in der Imkerei als ein außergewöhnlich gutes Jahr in Erinnerung bleiben. Schon im Mai begann es im Wald zu „honigen”, wie die Imker sagen. Zuerst an Laubbäumen, wie Akazie und Linden, aber auch bei Buchen fand man zuerst in niedrigen Lagen in der Vorbergzone erste süße Spritzer vom Honigtau auf den Blättern.
Etwas später wurden dann auch die ersten kleinen Kolonien der „Pilicornis” – zu Deutsch Rotbraune bepuderte Fichtenrindenlaus – an den noch jungen, unverholzten Triebspitzen von Fichten gefunden. Begonnen hat der Honigtaueintrag in der Ortenau. Zeitlich etwas später setzte er auch südlich und nördlich davon ein, bis in höhere und östliche Lagen des Schwarzwaldes. Überall da, wo es Fichten und Weißtannen in nennenswertem Umfang gibt.
Melezitosehonig
Eine Kolonie der Großen schwarzbraunen Tannenrindenlaus.
Das Waldhonigjahr 2020 begann jedoch vielfach mit einem hohen Anteil an Melezitose, einem Dreifachzucker, der vor allem im Honigtau von Läusen, die auf Fichten leben, produziert wird. Dieser Honig wird von Imkern auch als „Zementhonig” bezeichnet. Er ist benannt nach seiner hellgrauen Farbe und der Eigenschaft, dass der Honig schon in der Wabe fest auskristallisiert und in dieser Konsistenz nicht zu schleudern ist. Größtenteils war das im Südwesten nur am Anfang der Waldtracht der Fall. Denn später fing auch die Weißtanne an zu „honigen” und die dort lebenden Rindenläuse erzeugen Honigtau mit nur geringen Mengen an Melezitose.
Die Honigernte wurde zusätzlich durch die langanhaltende trockene Wetterlage begünstigt und dauerte bis Ende Juli. Sie endete gerade noch rechtzeitig, um anschließend bei den Bienenvölkern die Spätsommerpflege als Vorbereitung für die Winterbienenaufzucht zu beginnen und die Behandlung gegen die Varroamilbe einzuleiten.
Dunkel und würzig – Waldhonig ist besonders
  • So entsteht Honigtau: Es gibt nur wenige Läusearten, deren Honigtau von Honigbienen beflogen wird. An der Fichte sind maßgeblich drei und an der Weißtanne zwei Arten beteiligt. Sie sind sehr wirtsspezifisch, das heißt an die jeweilige Baumart angepasst. Kurz gesagt: Honigtauläuse stechen die Saftleitungsbahnen der Bäume an und der zuckerhaltige Saft beim Austrieb im Frühjahr und Frühsommer durchströmt das Tier und wird gefiltert. Zur Vermehrung der Nachkommen benötigen die Läuse vorwiegend Mineralstoffe und Aminosäuren, eine Vorstufe von Proteinen. Der überwiegende Teil des unverbrauchten zuckerhaltigen Saftes wird abgespritzt und findet sich als Spritzer auf Nadeln und Blättern. Die Bienen sammeln diese Tropfen und bereiten daraus den dunklen und würzigen Waldhonig – meist von der Fichte oder Tannenhonig von der Weißtanne.
  • Darum ist Waldhonig selten: Damit es zu einer Waldhonigernte kommt, spielen viele Faktoren eine Rolle: Anfangsbesatz der Läuse, der Zustand der Wirtsbäume, das Wetter im Frühjahr während des Baumaustriebs, die ausreichende Stärke und Gesundheit der Bienenvölker, die Findigkeit des Imkers, einen Standplatz mit ausreichend Trachtpotenzial auszuwählen, und nicht zuletzt ist das Wetter während der Honigtautracht entscheidend.So gibt es viele Jahre, in denen kein ausreichender Lausbesatz an den Bäumen zustande kommt oder es in der entsprechenden Zeit zu oft Regen gibt, der die Honigtautropfen abwäscht. Sehr oft ist die Honigtautracht kleinräumig und regional beschränkt. In den letzten Jahren gab es zwar immer wieder vereinzelt Waldhonig, vorwiegend von der Fichte, mit Tannenhonig gemischt. Eine reine Tannenhonigtracht gab es aber beispielsweise zuletzt im Kinzigtal im Jahr 2014.