Die Borchert-Kommission hält an ihren bisherigen Vorschlägen zur Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung in Deutschland fest. Die derzeit in Aussicht gestellte Investitionsförderung hält die Kommission für unzureichend.
Auf Distanz geht die Borchert-Kommission zu den Plänen des Bundeslandwirtschaftsministeriums für eine staatliche Haltungskennzeichnung.
In ihren aktualisierten Empfehlungen spricht sich das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung erneut für eine Rücknahme des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf tierische Produkte aus. Dieser Weg biete am ehesten die politische Chance für eine Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode.
Eine Milliarde in vier Jahren reicht nicht
Unzureichend ist den Experten zufolge die von der
Bundesregierung in Aussicht gestellte Investitionsförderung von einer Milliarde Euro in den kommenden vier Jahren. „Der Umbau kann so nicht
gelingen”, heißt es in dem Papier. Entscheidend sei vielmehr eine
Finanzierung in Form laufender Tierwohlzahlungen auf der Basis
langfristiger Verträge mit den Landwirten.
Auf Distanz geht die Borchert-Kommission zu den Plänen des
Bundeslandwirtschaftsministeriums für eine staatliche
Haltungskennzeichnung. Diese müsse so gestaltet werden, „dass bisher
erreichte Fortschritte nicht zunichte gemacht werden”. Unterdessen hat
die Diskussion um steigende Lebensmittelpreise Forderungen nach einer
Streichung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte
aufkommen lassen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßte die Debatte
zur Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel. Die Bundesvereinigung der
Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) warnte hingegen vor einer
„Konsumlenkung durch die Hintertür”.
Finanzierungsblockade lösen
„Idealerweise sollten alle Lebensmittel mit
dem reduzierten Steuersatz belegt werden”, sagte DBV-Generalsekretär
Bernhard Krüsken. Genauso wichtig ist für ihn jedoch, „jetzt endlich die
Blockade bei der Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung zu lösen”.
Hier müsse dringend im Sinne des Tierwohls eine tragfähige Lösung
gefunden werden, so Krüsken im Vorfeld des Parteitags der FDP. Die
Liberalen sperren sich bekanntlich gegen den Vorschlag der
Borchert-Kommission, über eine Anhebung der Mehrwertsteuer auf tierische
Erzeugnisse die Transformation der Tierhaltung zu finanzieren. Auch
eine ebenfalls weiterhin von der Borchert-Kommission befürwortete
mengenbezogene staatliche Tierwohlabgabe stößt in der FDP weiterhin auf
Ablehnung.
Vorschlag mit doppelter Dividende
Unterdessen stellte sich
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hinter die insbesondere von
Sozial- und Verbraucherverbänden erhobene Forderung, die Mehrwertsteuer
auf Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte zu streichen. „Wenn wir Obst und
Gemüse billiger machen, entlasten wir die Verbraucherinnen und
Verbraucher nicht nur vergleichsweise kostengünstig, sondern fördern
dazu auch noch eine gesunde Ernährung durch die gewonnene Lenkungswirkung”, erklärte
Özdemir gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) und sprach von
einem „Vorschlag mit doppelter Dividende, wie ich sie bevorzuge”.
BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff erteilte Forderungen eine
Absage, über die Mehrwertsteuer den Konsum zu lenken. Selbstverständlich
müsse sich auch weiterhin jeder Lebensmittel leisten können. „Und zwar
die Lebensmittel, die man gerne essen möchte, die zum persönlichen
Lebensstil passen und die einem guttun”, so Minhoff.
Der agrarpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan
Protschka, zeigte sich verwundert über die Aussage Özdemirs, nachdem die
Bundesregierung erst kürzlich in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage
seiner Fraktion betont habe, sie plane keine Absenkung der
Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Die AfD fordert schon seit längerem
die vorübergehende Streichung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel.