Tierhaltung | 29. Dezember 2020

Von gutem Futter und bösen Erregern

Von Gisela Ehret
Oberstes Ziel in der Pferdehaltung sind gesunde Tiere. Wie man dieses Ziel mit Maßnahmen der Biosicherheit und einer guten Grundfutterqualität erreicht, darum ging es beim Ludwigsburger Pferdetag im November.
Grundfutter: In guter Qualität, ausreichend und mit der richtigen Vorlagetechnik, ist es schon die halbe Miete für ein gesundes Pferd.
Pandemiebedingt fand der Ludwigsburger Pferdetag dieses Jahr zum ersten Mal in digitaler Form statt. Die Teilnehmer konnten von zuhause aus die Vorträge mitverfolgen und Fragen stellen. Schon zu Beginn der Veranstaltung hatten sich mehr als 230 Teilnehmer angemeldet.
Katja Fetzer, Pferdewirtschaftsmeisterin vom Fetzerhof Auenwald, berichtete den digitalen Zuhörern vom  Herpesausbruch in ihrem Bestand. Als es bei einer Zuchtstute zum Virusabort kam, wurden alle tragenden Stuten der Gruppe sofort ins ausgeräumte Heulager separiert. Einsteller und Nachbarn wurden informiert, Besuche und Ausritte verboten.
Nach Kontakt zu Dr. Susanne Müller vom Pferdegesundheitsdienst (PGD) wurden weitere Maßnahmen ergriffen: Gabe von Zylexis, Fieberkontrolle, viel Frischluft, Umsiedlung zweier tragender Stuten in einen leerstehenden Hof. Ein zweites Fohlen kam tot zur Welt, das dritte Fohlen war gesund. Keines der anderen Pferde erkrankte – nach fünf Wochen war kein Virus mehr im Labor nachweisbar. Dennoch saß der Schock tief.
Fetzer änderte ihr Management: Sie führt nun zweimal im Jahr eine Herpes-Impfung durch – die ist Pflicht, auch für die Pensionspferde. Die Zuchtstuten wurden dauerhaft
vom Restbestand getrennt, Aufzuchtpferde und Kurzbesucher in einem getrennten Stalltrakt untergebracht. Neue Pferde werden separiert, über 10 Tage wird die Temperatur kontrolliert, und nur geimpfte und entwurmte Pferde werden aufgenommen. Geplant ist auch, die Boxen- und Paddockgruppen zu synchronisieren, sodass die Pferde in Stall und Auslauf immer innerhalb ihrer Gruppe bleiben. 
Plan B haben
Dr. Müller vom Pferdegesundheitsdienst (PGD) der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg lobte Fetzers Krisenmanagement. Sie riet allen Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern dringend, sich Gedanken über einen Plan B zu machen, solange man nicht betroffen ist: „Das Ereignis fragt nicht nach, ob es stattfinden darf.”
Da die heutzutage bedeutendsten Krankheiten in Pferdebeständen nicht melde- oder anzeigepflichtig sind, fehle Betriebsleitern bei Krankheitsausbruch häufig ein Handlungsleitfaden, so Müller. Hier können die Hinweise zum Umgang mit nicht gesetzlich geregelten Infektionskrankheiten der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) weiterhelfen. Die Leistungsprüfungsordnung (LPO) regelt den Umgang mit Seuchen im Turniersport.
Als Kernthema sieht sie Neuzugänge, die Erreger in den Bestand tragen. Sie sollten genau unter die Lupe genommen werden: Ist der Bestand, in dem das Pferd bisher steht, unauffällig? Ist es gesund? Ist der Pferdepass korrekt? Aus Sicht der Biosicherheit sind die in Gruppenhaltungen üblichen Integrationsboxen ein Horrorszenario, betonte Müller. Neuzugänge werden ausgiebig beschnuppert und dabei Erreger übertragen.
Ebenfalls risikobehaftet sind Rückkehrer von Veranstaltungen oder Klinikaufenthalten, Gastpferde sowie Dauerausscheider (Herpes, Druse) im Bestand. Müller sagte deutlich: „Der Stallbetreiber muss sich darum kümmern, dass keine Erreger in den Bestand rein- und rauskommen! Er muss sich sachkundig machen und Vorbereitungen treffen.”
Für den Notfall braucht man eine dezentrale Unterbringungsmöglichkeit auf dem Betrieb  – idealerweise mit Sichtkontakt zur restlichen Herde. Das kann auch nur ein Weidezelt oder ein Heulager sein, das leergeräumt werden kann. Daneben spielten die allgemeine Hygiene und Sauberkeit im Stall eine große Rolle. In diesem Zusammenhang riet Müller den Anwesenden, sich in einer ruhigen Minute den Hygieneleitfaden Pferd der FN zu Gemüte zu führen. Zum Bestandsmanagement hinsichtlich Impfungen und Entwurmung verwies sie auf die Leitlinie zur Impfung von Pferden der StIKo Vet sowie auf die Empfehlungen zur Behandlung und Kontrolle gastrointestinaler Parasiten bei Pferden und anderen Equiden der ESCCAP.
Müller empfahl außerdem, die Regelungen zum Betriebsmanagement im Einstellvertrag zu fixieren und auch in der Stallordnung das Vorgehen bei Krankheiten und Tierseuchen aufzunehmen. Das erspare Diskussionen.
Heulage besser als ihr Ruf
Ein weiteres großes Thema für die Pferdegesundheit ist das Grundfutter. Eine Blitzumfrage unter den Teilnehmern ergab, dass 77 Prozent als Grundfutter nur Heu füttern, 22 Prozent eine Kombination aus Heu und Heulage und nur ein Prozent ausschließlich Heulage. Dabei hat Heulage zu Unrecht einen schlechten Ruf, wie Ueli Wyss von der Schweizer Forschungsstelle Agroscope findet.
Grundsätzlich seien beide Futtermittel für die Pferdefütterung geeignet. Entscheidend sei der Keimbesatz. Agroscope bietet ein ausführliches Merkblatt zu guter Raufutterqualität für Pferde zum kostenlosen Download an.
Die häufig befürchtete Gefahr von Botulismus sei bei Heulage gegenüber der feuchteren Silage gering, so Wyss. Die Sporen von C. botulinum könnten nur bei hoher Feuchtigkeit auskeimen. Heulage mit ihrem Trockenmassegehalt über 50 Prozent sei in der Regel unproblematisch.
Dafür enthalte Heulage weniger in der Pferdefütterung unerwünschte Zucker und Fruktane, da diese bei der Gärung abgebaut werden. Der Proteingehalt sei aber etwas höher. Entscheidend für die Qualität ist auch der richtige Schnittzeitpunkt. Eine sichere und gute Futterqualität weisen Analysen zufolge im Handel erhältliche Heulage-Kleinballen auf, allerdings sind diese teuer.  
Analysen zeigten laut Wyss, dass der Keimbesatz bei Heu höher ist als bei Heulage. „Bodenheu ist beim Pressen selten ausreichend trocken”, befand der Experte. Dadurch weise Heu häufiger Schimmel auf. Abhilfe könnten Heu-Belüftungsanlagen, Trocknungsanlagen oder auch Konservierungsmittel schaffen. Die sensorische Beurteilung gebe einen guten Eindruck von der Futtermittelqualität, so Wyss. Bei Zweifeln rät er zu einer laborlichen Untersuchung.
 
Lose, Netz oder Raufe?
Stephanie Dirks, Pferdewirtschaftsmeisterin vom Reithof Trab in Konstanz, stellte verschiedene Heufütterungstechniken vor. Für ihre Meisterarbeit hatte die Betriebsleiterin die Heuvorlage lose, im Heunetz, aus der Heutonne und aus der Heuraufe miteinander verglichen. Neben wirtschaftlichen Faktoren wie der Arbeitszeit und der Futterersparnis berücksichtigte sie dabei auch die Pferde- und Kundenzufriedenheit.
„Die perfekte Lösung gibt es nicht”, betonte Dirks. Sie stellte aber fest, dass die lose Heufütterung vom Boden aus am schlechtesten abschnitt. Die Karenzzeit zwischen den Fütterungen war oft zu lang und die Pferde wirkten gestresst bei der Fütterung.
Gar nicht bewährt hat sich auch die Heutonne. „Viele Pferde verstehen das System nicht”, berichtete Dirks.  Die Heuraufe war hinsichtlich der Arbeitszeit die günstigste Variante, das Heunetz die schlechteste. Dafür wirkte sich das Heunetz am günstigsten auf Fresszeiten, Pferde- und Kundenzufriedenheit sowie auf die Heuverluste aus und war daher der beste Kompromiss. Um Arbeitszeit zu sparen, stieg Dirks um auf fest installierte Netze, die von oben befüllt werden können.
Zum Vertiefen
Alle Vortragsunterlagen zum Ludwigsburger Pferdetag gibt es hier zum Nachlesen.