Dem Ständigen Ausschuss der Berner Konvention liegt eine Stellungnahme zum Schutzstatus des Wolfes in Europa vor. Nach dieser hat sich dessen Verbreitungsgebiet auf dem Kontinent in den letzten zehn Jahren um 25Prozent vergrößert. Unterschieden werden neun Populationen, unter anderem im Norden der iberischen Halbinsel, im Grenzgebiet von Frankreich und Italien, auf der Apenninenhalbinsel und in Skandinavien.
Die deutschen Wölfe werden zur mitteleuropäischen Population gezählt, die etwa in der Mitte von Polen auf den baltischen Bestand trifft; dabei soll es aber nur in begrenztem Umfang zur Vermischung kommen. Diese Population ist gemäß dem Bericht seit dem Jahr 2000 rasant gewachsen und wird als „hochdynamisch” beschrieben. Es wird damit gerechnet, dass bald der Kontakt zum Vorkommen in den Alpen hergestellt wird. Kritisch wird die zunehmende Zahl an Sperrzäunen zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) gesehen – die Fragmentierung der Population könnte sich zu einem ernstzunehmenden Problem ausweiten, heißt es.
Für Deutschland weist der Bericht für das Jahr 2020/21 einen Bestand von mindestens 158 Rudeln und 27 Paaren aus. In Frankreich waren es im vergangenen Jahr zwischen 640 und 978 Wölfe; in Spanien wurden mindestens 304 Rudel registriert. In Italien gehen die Fachleute von zwei getrennten Populationen aus, die es zusammen auf mehr als 3300 Individuen bringen sollen. In der Schweiz wurde der Bestand 2021 auf mindestens 153 Wölfe geschätzt, in Österreich waren es 56. Für Tschechien weist der Bericht 100 Individuen aus. In Polen wurden 2019 mehr als 1880 Wölfe gezählt, die sich auf drei Populationen verteilten.
Vergleichsweise klein sind die Wolfsvorkommen in Deutschlands übrigen Nachbarländern. In Dänemark waren im vergangenen Jahr lediglich 14 Wölfe aktiv, in den Niederlanden 15 und in Belgien neun.
Unter rein numerischen Gesichtspunkten könnten die meisten Wolfspopulationen in den biogeografischen Regionen Europas laut dem Bericht als nicht gefährdet eingestuft werden. Betont wird, dass ein Management zur Erhaltung dieses Zustands von allen beteiligten Staaten getragen werden müsste. Zu den wichtigsten Problemen für die Erhaltung der Wolfsbestände wird die Zunahme von sozialen Konflikten gezählt. Diese würden zunehmend in breiteren politischen Auseinandersetzungen instrumentalisiert, was die Akzeptanz der Bevölkerung verringern und die wissenschaftliche Basis des Managements beschädigen könnte, so die Fachleute. Nach ihrer Einschätzung werden die Wolfspopulationen in der EU künftig auch durch immer mehr Zäune bedroht, die neben der ASP auch die unkontrollierte Migration eindämmen sollen.
Auch die Hybridisierung mit Hunden, die insbesondere die südlichen und östlichen Populationen betrifft, bereitet den Wolfsschützern sorgen. Auf dem Balkan werden zudem das fehlende Monitoring, ein unzureichendes Management und verbreitete illegale Abschüsse als problematisch eingestuft.