Von den USA lernen?
Von AgE
In der Agrarpolitik der USA spielen Direkzahlungen keine Rolle. Instrumente für die Risikoabsicherung sind dagegen sehr bedeutend. Die EU könnte hier nach dem Dafürhalten von Wissenschaftlern der Universität Hohenheim Anleihen nehmen.
Vom Staat subventionierte Ernteversicherungen bieten den US-Landwirten als „Herzstück” des Sicherheitsnetzes die Möglichkeit, sich gegen Ertrags-, Erlös- oder Einkommensverluste abzusichern.
Hierzu wären allerdings nachhaltige Anpassungen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erforderlich. Zu diesem Ergebnis kommen Agrarökonomen um Professor Martina Brockmeier und Dr. Kirsten Boysen-Urban von der Universität Hohenheim. Sie haben mit Unterstützung der Edmund-Rehwinkel-Stiftung der Landwirtschaftlichen Rentenbank mögliche „Sicherheitsnetze in der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020” untersucht.
Drei Säulen
Brockmeier und Boysen-Urban weisen darauf hin, dass
Instrumente für Risikoausgleich in der EU im Vergleich zu den USA eine
relativ geringe Bedeutung haben. Im Gegensatz dazu spielten
Direktzahlungen in den Vereinigten Staaten keine Rolle. Stattdessen
setze das „Farm Safety Net” auf die drei Säulen „Föderale
Ernteversicherungen”, „Agrargüterprogramme” und „Katastrophenhilfen”.
Die vom Staat subventionierten Ernteversicherungen böten den
US-Landwirten dabei als „Herzstück” des Sicherheitsnetzes die
Möglichkeit, sich gegen Ertrags-, Erlös- oder Einkommensverluste
abzusichern. Zusätzlich seien 2014 von Washington die zuvor gewährten
Direktzahlungen durch zwei sogenannte antizyklische Programme ersetzt
worden, stellen die Hohenheimer Agrarökonomen fest. Nach ihren Angaben
können die Produzenten dabei zwischen einem Programm zur
Preisabsicherung (PLC) und einem zur Erlösabsicherung (ARC) wählen.
Bei PLC erhielten registrierte Produzenten eine Zahlung, wenn der
nationale Durchschnittspreis der Saison unter ein bestimmtes
Referenzpreisniveau falle. ARC dagegen sichere die Differenz zwischen
einer regional bestimmten Erlösgarantie und dem aktuellen Erlös ab.
Finanziert werde das Programm in beiden Fällen durch staatliche
Ausgleichszahlungen.
Die Risikoabsicherung der EU besteht laut Brockmeyer und Boysen-Urban
neben den „historischen Programmen” Intervention und Exporterstattung
insbesondere in der 2013 eingeführten Krisenreserve von 400 Millionen
Euro pro Jahr. Daneben sei den Mitgliedstaaten bei der damaligen
GAP-Reform mehr Gestaltungsfreiheit bei der Finanzierung nationaler
Risikoabsicherungsprogramme aus der Zweiten Säule zugestanden
Fester GAP-Haushalt als Hürde
Schließlich verfügt die EU über das Income Stabilisation Tool
(IST), bei dem laut den Autoren der Studie ein Referenzeinkommen
definiert wird, das 80 Prozent des Durchschnittseinkommens der
vergangenen fünf Jahre entspricht. Ein Landwirt hat Anspruch auf eine
Kompensationszahlung, wenn sein Einkommen auf unter 80 Prozent des
Referenzeinkommens absinkt. Aufgrund etlicher Probleme bei der
Finanzierung und Umsetzung sei das Instrument allerdings bisher nur in
wenigen EU-Mitgliedstaaten zur Anwendung gekommen.
Ob die Agrarpolitik der USA in Bezug auf das Risikomanagement der
Landwirtschaft ein geeignetes Vorbild für die Ausgestaltung der GAP nach
2020 sein kann, hängt laut Brockmeier und Boysen-Urban von den Zielen
der EU-Agrarpolitik ab. Während IST und ARC besser geeignet seien für
die Absicherung negativer Einkommensschwankungen, stelle PLC eher ein Instrument zur
generellen Einkommensstützung dar. Die bestehende Krisenreserve im
Rahmen der GAP ist allerdings nach Einschätzung der Hohenheimer Forscher
längst nicht ausreichend dimensioniert, um ein dementsprechend
aufgestelltes Sicherheitsnetz zu finanzieren.
Einem Einsatz solcher
Instrumente zur Preisabsicherung wie in den USA stehe insbesondere der
feste GAP-Agrarhaushalt im Weg, da hiermit kaum auf volatile Märkte
reagiert werden könne. Eine breite Umsetzung von PLC und IST in der EU
würde daher ein flexibles GAP-Budget erfordern.