Politik | 23. August 2018

Von den USA lernen?

Von AgE
In der Agrarpolitik der USA spielen Direkzahlungen keine Rolle. Instrumente für die Risikoabsicherung sind dagegen sehr bedeutend. Die EU könnte hier nach dem Dafürhalten von Wissenschaftlern der Universität Hohenheim Anleihen nehmen.
Vom Staat subventionierte Ernteversicherungen bieten den US-Landwirten als „Herzstück” des Sicherheitsnetzes die Möglichkeit, sich gegen Ertrags-, Erlös- oder Einkommensverluste abzusichern.
Hierzu wären allerdings nachhaltige Anpassungen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erforderlich. Zu diesem Ergebnis kommen Agrarökonomen um Professor Martina Brockmeier und Dr. Kirsten Boysen-Urban von der Universität Hohenheim. Sie haben  mit Unterstützung der Edmund-Rehwinkel-Stiftung der Landwirtschaftlichen Rentenbank mögliche „Sicherheitsnetze in der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020” untersucht.
Drei Säulen
Brockmeier und Boysen-Urban weisen darauf hin, dass Instrumente für Risikoausgleich  in der EU im Vergleich zu den USA eine relativ geringe Bedeutung haben. Im Gegensatz dazu spielten Direktzahlungen in den Vereinigten Staaten keine Rolle. Stattdessen setze das „Farm Safety Net” auf die drei Säulen „Föderale Ernteversicherungen”, „Agrargüterprogramme” und „Katastrophenhilfen”.
Die vom Staat subventionierten Ernteversicherungen böten den US-Landwirten dabei als „Herzstück” des Sicherheitsnetzes die Möglichkeit, sich gegen Ertrags-, Erlös- oder Einkommensverluste abzusichern. Zusätzlich seien 2014 von Washington die zuvor gewährten Direktzahlungen durch zwei sogenannte antizyklische Programme ersetzt worden, stellen die Hohenheimer Agrarökonomen fest. Nach ihren Angaben können die Produzenten dabei zwischen einem Programm zur Preisabsicherung (PLC) und einem zur Erlösabsicherung (ARC) wählen.
Bei PLC erhielten registrierte Produzenten eine Zahlung, wenn der nationale Durchschnittspreis der Saison unter ein bestimmtes Referenzpreisniveau falle. ARC dagegen sichere die Differenz zwischen einer regional bestimmten Erlösgarantie und dem aktuellen Erlös ab. Finanziert werde das Programm in beiden Fällen durch staatliche Ausgleichszahlungen.
Die Risikoabsicherung der EU besteht laut Brockmeyer und Boysen-Urban neben den „historischen Programmen” Intervention und Exporterstattung insbesondere in der 2013 eingeführten Krisenreserve von 400 Millionen Euro pro Jahr. Daneben sei den Mitgliedstaaten bei der damaligen GAP-Reform mehr Gestaltungsfreiheit bei der Finanzierung nationaler Risikoabsicherungsprogramme aus der Zweiten Säule zugestanden
Fester GAP-Haushalt als Hürde
Schließlich verfügt die EU über das Income Stabilisation Tool (IST), bei dem laut den Autoren der Studie ein Referenzeinkommen definiert wird, das 80 Prozent des Durchschnittseinkommens der vergangenen fünf Jahre entspricht. Ein Landwirt hat Anspruch auf eine Kompensationszahlung, wenn sein Einkommen auf unter 80 Prozent des Referenzeinkommens absinkt. Aufgrund etlicher Probleme bei der Finanzierung und Umsetzung sei das Instrument allerdings bisher nur in wenigen EU-Mitgliedstaaten zur Anwendung gekommen.
Ob die Agrarpolitik der USA in Bezug auf das Risikomanagement der Landwirtschaft ein geeignetes Vorbild für die Ausgestaltung der GAP nach 2020 sein kann, hängt laut Brockmeier und Boysen-Urban von den Zielen der EU-Agrarpolitik ab. Während IST und ARC besser geeignet seien für die Absicherung negativer Einkommensschwankungen, stelle PLC eher ein Instrument zur generellen Einkommensstützung dar. Die bestehende Krisenreserve im Rahmen der GAP ist allerdings nach Einschätzung der Hohenheimer Forscher längst nicht ausreichend dimensioniert, um ein dementsprechend aufgestelltes Sicherheitsnetz zu finanzieren.
Einem Einsatz solcher Instrumente zur Preisabsicherung wie in den USA stehe insbesondere der feste GAP-Agrarhaushalt im Weg, da hiermit kaum auf volatile Märkte reagiert werden könne. Eine breite Umsetzung von PLC und IST in der EU würde daher ein flexibles GAP-Budget erfordern.