Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) propagiert weder einen Fleischverzicht noch eine drastische Einschränkung des Verzehrs tierischer Lebensmittel.
Berichte, die DGE wolle eine Einschränkung des Fleischverzehrs auf 10 g pro Tag empfehlen, bezeichnet deren Präsident Bernhard Watzl als Falschmeldungen und Missverständnis.
„Wir werden weiter eine omnivore Ernährung empfehlen, also eine Ernährung, die weder Fleisch, Fisch und Meeresprodukte noch Obst oder Gemüse ausschließt, aber aus unserer Sicht pflanzenbetont sein sollte”, sagt DGE-Präsident Professor Bernhard Watzl im Interview mit dem Fachpressedienst Agra-Europe.
Ausschließlich pflanzlich nicht sinnvoll
Für den früheren Leiter des Instituts für
Physiologie und Biochemie der Ernährung am Max Rubner-Institut (MRI) ist
eine ausschließlich pflanzliche Ernährung „aus
ernährungswissenschaftlicher Sicht keine sinnvolle Empfehlung”. Zwar
seien tierische Lebensmittel für eine gesunde Ernährung nicht notwendig.
Insgesamt biete der Verzehr tierischer Lebensmittel jedoch viele
Vorteile.
Watzl lässt offen, welche Änderungen es im Rahmen der für Anfang
nächsten Jahres geplanten neuen Empfehlungen für Lebensmittel geben
werde. Die DGE werde aber an ihrer bisherigen Position festhalten, dass
die Zufuhr an tierischen Lebensmitteln geringer sein sollte, als es
gegenwärtig der Fall sei.
Berichte, die DGE wolle eine Einschränkung des Fleischverzehrs auf 10 g
pro Tag empfehlen, bezeichnet Watzl als Falschmeldungen und
Missverständnis.
Unabhängigkeit betont
Watzl betont die Unabhängigkeit der DGE. Der
Auftrag für neue Ernährungsempfehlungen stamme von der früheren
Bundesministerin Julia Klöckner. Die Arbeit habe nichts mit der
derzeitigen politischen Konstellation im Bund oder den Plänen für eine
Ernährungsstrategie der Bundesregierung zu tun. Der DGE-Präsident
bekräftigt die Notwendigkeit, auch Umweltaspekte einzubeziehen: „Damit
befolgen wir einen Rat, den die Weltgesundheitsorganisation schon 2019
für die Entwicklung von lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen
gegeben hat.”
Nährstoffversorgung an oberster Stelle
An oberster Stelle stehe für die DGE die
Nährstoffversorgung. Danach seien mögliche Zusammenhänge zwischen
Ernährungsweisen und Gesundheit in den Empfehlungen zu berücksichtigen.
Daneben fänden die üblichen Ernährungsgewohnheiten ihren Niederschlag
und schließlich Umweltwirkungen von Lebensmitteln. Derzeit arbeite man
an einem Optimierungsmodell, um aus diesen vier Zielgrößen
wissenschaftlich gesicherte Ernährungsempfehlungen abzuleiten.
Kritik an Werbung für Grillfleisch
Fleischprodukte sind zum Start der diesjährigen Grillsaison 20-mal häufiger beworben und auch günstiger angeboten worden als pflanzliche Ersatzprodukte, berichtet der World Wide Fund for Nature (WWF). Wie der WWF vergangene Woche mitteilte, ist dies das Ergebnis seines Grillfleischchecks, bei dem Rabatte und Preise in Werbeprospekten großer Handelsketten zwischen dem 24. April und dem 20. Mai ausgewertet wurden. Demnach wurde das Kilogramm Fleisch durchschnittlich mit 10,00 Euro angeboten; Alternativen wie Tofuwurst oder Sojaburger lagen hingegen je Kilogramm bei 11,64 Euro oder Grillkäse bei 10,75 Euro. Der niedrigste herabgesetzte Preis betrug 2,99 Euro für ein Kilogramm Hähnchenschenkel. Gut 90Prozent des rabattierten Fleisches stammten aus den niedrigen Haltungsstufen 1 und 2. „Der Lebensmitteleinzelhandel rabattiert an den Konsumentenwünschen vorbei”, kritisierte WWF-Ernährungsreferentin Elisa Kollenda. Die Ernährungswende sei aber längst in der Bevölkerung angekommen, der Fleischkonsum 2022 auf einen langjährigen Tiefpunkt gesunken.