Politik | 02. Oktober 2014

Vier bedenklich mächtige Händler

Von AgE
Die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Deutschland sei bedenklich. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Wettbewerbsverhältnisse weiter verschlechtern. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundeskartellamt in seiner Sektoruntersuchung zum Thema Nachfragemacht im LEH.
Das Kartellamt hat festgestellt, was alle schon wussten. Konkrete Folgen hat das im Moment nicht.
Laut der Studie decken Edeka, Rewe, Aldi sowie die Schwarz-Gruppe – zu der Lidl und  Kaufland gehören – rund 85 % des Marktes in Deutschland ab. „Wir müssen einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse konsequent entgegenwirken”, zog Kartellamtspräsident Andreas  Mundt ein Fazit aus der über drei Jahre währenden  Untersuchung. Bereits jetzt hätten die großen Handelskonzerne einen gravierenden Vorsprung gegenüber ihren mittelständischen Konkurrenten und genössen Vorteile, die sie in den Verhandlungen mit den Herstellern nutzen könnten. Bundesagrarminister Christian Schmidt  begrüßte die Untersuchung. Er  mahnte ebenso wie die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie und der Deutsche Bauernverband (DBV) eine strikte Anwendung des Kartellrechts an. Dessen ungeachtet hob der DBV die Bedeutung einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit in der Kette  hervor. Beispiele dafür seien unter anderem das System der Qualität und Sicherheit GmbH (QS) sowie die Initiative Tierwohl. Ebenso wichtig sei es, dass die Akteure unabhängig vom Wettbewerbsrecht  ihre Eigenverantwortung zur Gewährleistung fairer Geschäftspraktiken wahrnähmen. So hätten sich alle Stufen der Lebensmittellieferkette auf europäischer Ebene zu Grundprinzipien für faire Geschäftsbeziehungen verständigt. Das 2013 beschlossene Rahmenkonzept zur Anwendung dieser Prinzipien befinde sich in den Mitgliedstaaten in der nationalen Umsetzungsphase, berichtete der DBV. Bei der nationalen Umsetzung dieser Initiative wirke er mit.
Hersteller haben kaum Macht
Die Marktmacht der vier Großen kommt laut Kartellamt sowohl gegenüber ihren Wettbewerbern als auch gegenüber ihren Lieferanten zum Ausdruck. Die bestehenden und sehr weitgehenden Einkaufskooperationen der „neuen Generation” verbessern nach Einschätzung der Behörde auf längere Sicht die Verhandlungsposition der führenden Handelsunternehmen beträchtlich.  Zwar könne auch auf Herstellerseite Verhandlungsmacht gegenüber den vier Großen bestehen, wenn es um Produkte mit einer besonderen Markenstärke gehe. Eine solche Markenstärke liegt nach den Erkenntnissen des Kartellamts aber nur bei einem sehr geringen Teil der Produkte vor. Zu Buche schlägt dem Amt zufolge auch die zunehmende Bedeutung von Handelsmarken. Das Angebot einer eigenen Handelsmarke durch einen Händler führe tendenziell zu einer Verbesserung seiner Verhandlungsposition im Verhältnis gegenüber dem Hersteller.
Das Kartellamt kündigte an, jeder Erwerb eines Lebensmitteleinzelhändlers in Deutschland durch einen  der großen Händler  werde eine vertiefte Prüfung des geplanten Zusammenschlusses nach sich ziehen. Schließlich will das Amt bei der Bildung neuer oder der Erweiterung bestehender Einkaufskooperationen unter Beteiligung von einem der Großen  intensiv die Auswirkungen auf die Absatz- und Beschaffungsmärkte prüfen. Als Aufgreifkriterium für eine solche Prüfung soll zunächst ein Marktanteil der Beteiligten von mindestens 15 % auf den betroffenen Absatz- und Beschaffungsmärkten gelten.
Edeka vorn
Der Studie zufolge weist Edeka im Verhältnis zu den jeweiligen nächsten Wettbewerbern eine etwa doppelt so große Gesamtverkaufsfläche und eine doppelt so hohe Standortdichte auf. Das Unternehmen ist demnach gemessen an Umsatz, Beschaffungsanteilen bei Herstellermarken, der Verkaufsfläche und der Standortzahl der bei weitem führende Anbieter in Deutschland. Bei Handelsmarken hat insbesondere Aldi eine herausragende Stellung.