Pflanzenbau | 18. Juni 2020

Versuche spiegeln politische Vorgaben wider

Von von Kobylinski
Wegen Corona konnte es 2020 in Orschweier statt des traditionellen Versuchsfeldtages mit Landwirten und Vertretern des Landhandels nur eine interne Führung geben, bei der die BBZ am 9. Juni exklusiv dabei war.
Vertreter der Ortenauer Fachverwaltung nahmen die Ackerkulturen auf dem Versuchsfeld bei Orschweier in Augenschein. Von links: Volker Heitz, Pflanzenschutzberater; Dr. Diana Kohlmann, Kreisdezernentin für den ländlichen Raum; Dr. Rainer Moritz, Leiter des Landwirtschaftsamtes, und Thomas Köninger, Pflanzenbauberater.
Das baden-württembergische „Eckpunktepapier zum Schutz der Insekten” bildete einen Schwerpunkt der Tagesordnung. An der Veranstaltung nahm auch Dr. Diana Kohlmann teil. Die Volljuristin hat ihr Amt als Ortenauer Kreisdezernentin für den ländlichen Raum erst kürzlich angetreten. Gegenüber seiner neuen Vorgesetzten nahm Dr. Rainer Moritz, der Leiter des Landwirtschaftsamtes Offenburg, den Ortstermin zum Anlass für eine Positionsbeschreibung der Fachbehörde. Dazu waren auch weitere Vertreter von Verwaltung und Beratung anwesend.
Moritz unterstrich die Bedeutung der neutral vergleichenden Anbauversuche in Orschweier, deren Ergebnisse eine Richtschnur für die Gesamtregion Oberrhein darstellten. Die Flächen sind zur Information der Landwirte frei zugänglich. Es liegen vor Ort schriftliche Versuchsfeldführer in durchsichtigen Vorratsbehältern aus. Der Amtsleiter betonte, dass die Fachberatung den Bauern weiterhin einen ökonomisch und ökologisch erfolgreichen Pflanzenbau aufzeigen wolle. Er sprach aber auch von dem klaren Ziel, sowohl Pflanzenschutzmittel als auch die Düngung zurückzufahren. Parallel müsse die Biodiversität auf den Feldern und Wiesen weiter ausgebaut werden.
Auch das staatliche Versuchsfeld ist auf diese Zielsetzung ausgerichtet. Getreu der Eiweißstrategie gibt es dort jetzt einen umfangreichen Vergleichsversuch mit 15 Ackerbohnen- und  sieben Futtererbsensorten.
Soja und Mais
Neu ist 2020 ein Systemvergleich zur Unkrautbekämpfung in Mais und Soja. Neben der Variante Unbehandelt gibt es dort eine Variante Mechanische Bekämpfung mit Blindstriegel plus Hacke, eine Variante Integriert I mit Herbizideinsatz im Vorauflauf plus Hacke, eine Variante Integriert II mit Bandspritzung im Nachauflauf plus Hacke und schließlich eine Variante Konventionelle chemische Unkrautbekämpfung in Abhängigkeit von der Verunkrautung.
Für Soja gibt es  nur eine Integrierte Variante, bestehend aus Bandspritzung im Nachauflauf plus Hacke. Bisher ist das Bandspritzen in der Rheinebene noch selten. Weitere Varianten sind Unbehandelt, Chemisch und Mechanisch.
Zum Zeitpunkt der Versuchsbegehung waren noch keine gravierenden Unterschiede zwischen den Varianten erkennbar. Sichtbar war ein beachtliches Aufkommen von Ackerwinde, die in der chemischen Variante gerade erkennbar erfasst worden war. Sie stand in den mechanischen Varianten noch im Bestand, insbesondere innerhalb der Reihe. Ähnlich sah es in der Variante Blindstriegeln aus.
Unter dem Wassermangel sichtbar gelitten hatte in Orschweier auch die Sommergerste, sodass sich nur recht dünne Bestände entwickeln konnten. Bei den Winterweizensorten wurde wegen der Frühjahrstrockenheit sowohl auf einen Wachstumsregler verzichtet als auch auf eine Fusariumbehandlung. Berater Thomas Köninger bezifferte die Summe des örtlichen Niederschlagsdefizits der letzten fünf Jahre auf 1400 mm. Möglicherweise trockenheitsbedingt lagen die Nmin-Werte noch niedriger als im Vorjahr. Die Messwerte von 2020 blieben recht nah beieinander: Ende Januar wurden 26 kg N/ha gemessen, Ende März 47 kg N/ha.
Anbauberater Volker Heitz berichtete von einer langen Auflaufphase beim Mais in der Rheinebene und von zahlreichen Beständen mit Pflanzenschutzproblemen. Ein großer Teil davon rührt vom Wegfall der Mesurolbeize her. Es fehlt unter anderem der Vergrämungseffekt gegen Krähen und Tauben, aber auch die systemische insektizide Wirkung gegen die Fritfliege, die auch prompt gehäuft auftritt.
Pflanzenschutz
Stark ist in diesem Jahr auch das Drahtwurmaufkommen, dem mit dem Pyrethroid Tefluthrin (Beizmittel Force 20 CS) und mit dem effektiveren Wirkstoff Thiacloprid (Beizmittel Sonido) vorgebeugt werden konnte. Letztgenannter ist ein Neonikotinoid, das 2021 höchstwahrscheinlich nicht mehr zur Verfügung steht, sodass stärkere Schäden zu befürchten sind. „Es wird nicht einfacher im Anbau”, blickt Volker Heitz in die Zukunft. In der Ortenau hat der Körnermaisanbau  2020 im Vergleich zu 2019 um 1241 auf 11080 ha abgenommen. Der bisherige Spitzenwert wurde 2009 mit 14342 ha erreicht. Zugenommen haben demgegenüber vor allem der Winterweizen – um 623 auf 5925 ha – und der Sojaanbau auf nunmehr 1287 ha – ein Plus von 192 ha.
Amtsleiter Moritz sprach in Orschweier von einer „Richtungsänderung der Produktionssysteme, die wir gemeinsam mit den Landwirten hinbekommen wollen”. Er verwies dazu auf das Eckpunktepapier zum Schutz der Insekten in Baden-Württemberg.
Noch in diesem Jahr soll es in seinem Amtsbezirk zur Einrichtung eines Netzwerks aus Muster- und Demonstrationsbetrieben kommen, die sich mit der Pflanzenschutzreduktion und mit der Erhöhung der Biodiversität befassen.
Auch die Systemvergleiche zur Unkrautregulierung auf dem Versuchsfeld Orschweier sind in diesem Zusammenhang zu verstehen. Ebenfalls im Sinne der Umsetzung des Eckpunktepapiers wird das LTZ Karlsruhe landesweit vier Beratungsstellen zur Pflanzenschutzreduzierung im Ackerbau einrichten. Eine davon soll in Offenburg angesiedelt sein. Zur Aufgabe eines jeden dieser Sachbearbeiter gehört der Aufbau eines Netzwerks von Demonstrationsbetrieben. Gleichzeitig soll jeder von ihnen auch ein Messnetz aufbauen, um die tatsächlichen Effekte dokumentieren zu können.