Tierhaltung | 03. Juli 2014

Varroabekämpfung: Was gibt es Neues?

Von Thomas Kustermann, RP Stuttgart
Über die Erfahrungen, die 2013 mit dem Einsatz der 60-prozentigen Ameisensäure zur Varroabekämpfung gemacht wurden, informiert der folgende Beitrag. Zudem erläutert er, weshalb es in diesem Jahr in manchen Völkern schon ungewöhnlich früh zu einem sehr hohen Varroabefall kam.
Für die Imker in Baden-Württemberg hat sich vergangenes  Jahr eine geringfügige Veränderung ergeben. Nachdem bei aufwendigen Untersuchungen an fünf Bienenforschungseinrichtungen  (Bochum, Celle, Hohenheim, Mayen, Veitshöchheim) keine gravierenden Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen 60-%iger und 85-%iger Ameisensäure (AS) nachgewiesen werden konnten, war die  Erweiterung der Standardzulassung auf AS 85 % nicht möglich. Daher hat sich der offizielle Beratungsdienst in Baden-Württemberg  darauf verständigt, den Fokus in der Beratung auf die mit einer Standardzulassung versehene 60-%ige Ameisensäure zu legen. Der Einsatz der 85-%igen Ameisensäure bleibt dem Imker aber weiterhin über den von einem Tierarzt zu diagnostizierenden Therapienotstand und ein entsprechendes Rezept möglich (Regelung wie bisher).
 In Baden-Württemberg gab es bisher noch keine langjährigen Erfahrungen mit der Anwendung der 60-%igen Ameisensäure, daher gab es Bedenken, ob die 60-%ige Ameisensäure  ausreichend wirkt. Aufgrund verschiedener Versuche, unter anderem  an der Landesanstalt für Bienenkunde in Hohenheim, und den Erfahrungen von Imkern kann man aber feststellen, dass 2013 die Behandlung mit der 60-%igen Ameisensäure gut gewirkt hat und es von Herbst 2013 bis Frühjahr 2014 zu keinen nennenswerten Völkerverlusten durch die Varroamilbe gekommen ist.
Teils schon im Mai hoher Varroabefall
Da schon Anfang Juni Meldungen über Völker mit sehr hohem Varroabefall, verbunden mit deutlichen Brutschäden, eingegangen sind, haben die offiziellen Beratungseinrichtungen über die Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität  Hohenheim einen Varroa-Warnhinweis ausgegeben, in dem die  Imker in diesem Jahr zu einer  außergewöhnlich frühzeitigen Diagnose ihrer Völker aufgerufen werden (https://bienenkunde.uni-hohenheim.de/startseite).
Tatsächlich war der Varroabefall dieses Jahr schon im Mai an einigen Standorten bei einzelnen Völkern besorgniserregend hoch und mitunter gab es Völkerzusammenbrüche. Was ist die Ursache für diese außergewöhnliche Situation?
Baurahmen am 20. März 2014: Drohnenbrut als Milbenfalle wirkt besonders gut, wenn zeitig damit begonnen wird.

Sicher nicht eine unzureichende Wirksamkeit der erstmals flächendeckend eingesetzten 60-%igen Ameisensäure. Unterstellt man eine unzureichende Wirksamkeit der Ameisen-
säurebehandlung 2013, müsste dies mit erhöhten Völkerverlusten bis zur Winterbehandlung einhergehen. Spätestens bei der Winterbehandlung hätten vermehrt Meldungen über leere Beuten oder sehr hohen Milbenfall bei der Restentmilbung eingehen müssen. Dem war aber nicht so! Im Gegenteil –  seit Jahren  waren die Völkerverluste nicht so gering wie im letzten „Winter”. Fast jedes Volk hat überlebt – auch Schwächlinge, die ansonsten den Winter nicht überstanden hätten. Möglicherweise hat das vermehrte Auftreten von Viruserkrankungen ebenfalls mit diesem „gnädigen” Winter zu tun. Auffällig ist derzeit das gehäufte Auftreten des sogenannten „Chronischen Paralysevirus”.
Oxalsäurebehandlung war diesmal schwierig
Warum haben wir dann aber dieses Jahr ein Varroaproblem? Es liegt in erster Linie am sehr milden Winter 2013/2014! Die Völker hatten (wenn über-haupt) nur eine sehr kurze brutfreie Phase, die aber Voraussetzung für eine hochwirksame Winterbehandlung mit Oxalsäure ist. Nicht jeder Imker hat da den richtigen Zeitpunkt erwischt. Das führte dazu, dass viele Völker mit einer relativ hohen Milbenzahl ins neue Jahr gestartet sind. Diese konnten sich in den seit Januar flächendeckend brütenden Völkern prächtig vermehren, vor allem wenn die Drohnenbrutentnahme nicht praktiziert wurde. So konnte bei solchen Völkern die Schadschwelle schon Wochen früher als sonst üblich erreicht werden, wenn der Imker nicht rechtzeitig gegengesteuert hat.
Die regelmäßige Gemülldiagnose sollte für jeden Imker eine Selbstverständlichkeit sein.

Schon seit März wurde gewarnt, dass in einzelnen Völkern hohe Milbenzahlen zu finden sind. Die Imker sollten ihre Völker mit Hilfe der Gemülldiagnose kontrollieren und verstärkt auf sichtbare Varroose-Schäden (verkrüppelte Bienen) achten, um die stärker befallenen Völker ausfindig zu machen. Diese Ausreißer, die es auf jedem Bienenstand geben kann, sollten durch gezielten und intensiven Einsatz von Gegenmaßnahmen wie Brutentnahme  (mit einer verdeckelten Drohnenwabe können einem Volk über 1000 Milben entnommen werden) und Ablegerbildung unter der Schadschwelle gehalten werden.
 Werden solche Warnungen aber ignoriert, darf man sich nicht wundern, wenn Völker „plötzlich und unerwartet” zusammenbrechen.