Die Union sieht sich in ihrer Kritik am Brüsseler Vorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln bestätigt. Das machte sie bei der öffentlichen Anhörung am Montag im Ernährungsausschuss des Bundestags deutlich.
Der Ernährungsausschuss des Bundestages tagte am Montag zum Pflanzenschutz-Vorschlag der EU-Kommission.
„Der Vorschlag der EU zur pauschalen Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln ist grundsätzlich fehlerhaft, unwissenschaftlich und nicht praxistauglich”, erklärte der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, im Ernährungsausschuss.
Würden die vorgesehenen Regelungen so umgesetzt, käme es den Experten zufolge zu geringeren Ernten und Qualitätseinbußen, fasste Stegemann seinen Eindruck der Stellungnahmen zusammen. Im Ergebnis würde dem CDU-Politiker zufolge die Importabhängigkeit der EU bei Nahrungsmitteln steigen und die Welternährung gefährdet. Stegemann rief Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir dazu auf, sich nicht länger wegzuducken. Stattdessen müsse sich der Minister in Brüssel für eine umfassende Folgenabschätzung und Korrekturen an der Vorlage einsetzen.
Anlass war ein Antrag der Union
Unionsberichterstatter Artur Auernhammer sprach von
einem ideologiegeleiteten Vorschlag der EU-Kommission, der zur Unzeit
gekommen sei. Notwendig seien „praxistaugliche Ansätze, jedoch kein
weiteres Bürokratieungeheuer”. Ein Antrag der CDU/CSU bildete den Anlass
für die Anhörung. Darin fordern die Parlamentarier, dass die
„Erreichung umweltpolitischer Ziele in der Landwirtschaft bei
gleichzeitiger Sicherstellung der ernährungspolitischen Souveränität in
der Europäischen Union maßvoll und praxistauglich sein” müsse. Bei
Vorschriften zur Verringerung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln
müssten die Bedarfsgerechtheit und die Effizienz im Vordergrund stehen
und nicht die pauschale Reduktion.
Der Ausschuss wird eine Position zu der Brüsseler Vorlage erarbeiten.
Es ist zu erwarten, dass der Unionsantrag mit der Mehrheit der Stimmen
der Ampelfraktionen abgelehnt wird.
Weniger Pflanzenschutz erhöht Artenvielfalt nicht
Die Regulierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes ist dem Göttinger Agrarwissenschaftler Professor Andreas von Tiedemann zufolge „die falsche Stellschraube” zur Sicherung der Biodiversität. „Pflanzenschutzmittel beeinträchtigen zwar die Individuenzahl einer Schadorganismenpoplulation, gefährden aber nicht die Existenz einer Art”, sagte der Leiter der Abteilung für Pflanzenpathologie und -schutz am Department für Nutzpflanzenwissenschaften in Göttingen am Montag bei der öffentlichen Anhörung zum Thema Pflanzenschutz im Ernährungsausschuss des Bundestages. Seinen Angaben zufolge ist ein unmittelbar durch Pflanzenschutzmitteleinsatz verursachter Artenverlust auf Behandlungsflächen nicht belegt; auf Nichtzielflächen sei er auszuschließen.
Wirkungsvoller für den Biodiversitätsschutz sei stattdessen die Sicherung von Lebensräumen in der Agrarlandschaft. Den Brüsseler Verordnungsvorschlag zur Einschränkung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes kritisierte von Tiedemann als „wissenschaftlich nicht begründbar”.
Der Phytomediziner plädierte für die Entwicklung alternativer Pflanzenschutzverfahren, warnte aber vor Euphorie. Dies gelte insbesondere für biologische Pflanzenschutzmittel und die Robotik. Deutlich interessanter seien die aktuellen Entwicklungen in der Biotechnologie.
Von Tiedemann bezeichnete die neuen Züchtungsmethoden als wichtiges Innovationsfeld, das seiner Auffassung nach nicht länger durch eine unklare Rechtslage blockiert werden dürfe. Gleichzeitig dürfe auch hier nicht außer Acht bleiben, dass es selbst nach einer Beseitigung rechtlicher Hürden in der EU noch Jahre dauern würde, bis Züchtungsergebnisse vorliegen. Zudem könnten auf diese Weise gezüchtete Sorten zwar den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel reduzieren, ihn jedoch keinesfalls ersetzen.