Ungewöhnliche Trockenheit in Deutschland
Von Torben Meinert und Corina Schube, Deutscher Wetterdienst
Aufgrund eines anhaltenden Niederschlagsdefizites ist es seit Anfang Mai 2018 in weiten Teilen des Bundesgebietes ungewöhnlich trocken. Im Folgenden werden aus meteorologischer Sicht die Folgen für die Landwirtschaft beschrieben und statistisch eingeordnet.
Flächenbrand im südlichen Sachsen-Anhalt am 1. Juli 2018
Im Zeitraum Mai und Juni 2018 wurde das Bundesgebiet weitgehend von Luftmassen aus nordöstlicher Richtung angeströmt. Gemäß ihres Ursprungsgebiets in Nordosteuropa handelte es sich dabei um sehr trockene Luftmassen. Entsprechend wurden bundesweit in diesen Monaten aufgrund geringer Bewölkung beträchtliche Sonnenscheindauern erreicht, die zu teilweise außergewöhnlich hohen Temperaturanomalien führten.
Extreme seit Mai
Der Standardized Precipitation Index (SPI) vom 2. April bis 2. Juli 2018 zeigt das Niederschlagsdefizit. In Mittel- und Nordostdeutschland sackt der Index unter -2 ab und zeigt eine extreme Dürre an.
Schon im Mai gab es Temperaturrekorde. Ursache für die trockene Witterung waren beständige Hochdruckgebiete, die sich im Mai mit ihren Schwerpunkten von Großbritannien bis Südskandinavien erstreckten und ab Juni weiter nach Norden verlagerten. Tiefdruckgebiete wurden dadurch Richtung Nordmeer gesteuert und konnten in weiten Teilen Deutschlands keinen oder nur wenig Regen bringen. Die deutschlandweit außergewöhnlich hohen Temperaturen wurden im Süden und Westen des Landes punktuell begleitet von Gewittern, Starkniederschlägen und lokalen Hochwasserereignissen und einer ausgeprägten Trockenheit im Norden.
Auswirkungen auf die Landwirtschaft
Wegen der hohen Globalstrahlung und der niedrigen relativen Feuchte wurden in vielen Gebieten tägliche Verdunstungsraten erzielt, die häufig in der Nähe der maximal möglichen Werte von rund 8 mm in 24 Stunden lagen. Dies führte bei Wintergetreide besonders auf leichten Böden zu einem Absinken der Bodenfeuchte unter den für Beregnung maßgeblichen Schwellenwert von 50 % nutzbarer Feldkapazität (nFk).
Im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Kulturen sind die in Deutschland angebauten Getreidearten am meisten von der Trockenheit betroffen. Da während des Schossens – 2018 war dies Ende April bis Anfang Mai – die Anlage der für die Mehleigenschaften relevanten Ährenbestandteile erfolgt, war zu diesem Zeitpunkt bereits eine Beeinträchtigung der Produktqualität absehbar. Zudem verringerte das Bodenfeuchtedefizit die Pflanzenverfügbarkeit von Nährstoffen, sodass Düngemaßnahmen nur eingeschränkt wirksam waren. Die Abreife des Getreides war durch die meteorologischen Bedingungen deutlich beschleunigt. Vielfach führte dieser Vorgang zu einer weiteren Verkümmerung der Ähren und entsprechend reduziertem Massenertrag und Qualitätsverlusten. In den Beregnungsgebieten Niedersachsens wurden auf Winterweizen typischerweise vier bis fünf Bewässerungsmaßnahmen à 30 mm durchgeführt. In den neuen Bundesländern, in denen die zugehörige Infrastruktur kaum vorhanden ist, mussten Noternten des Getreides durchgeführt und das Erntegut als Ganzpflanzensilage verwendet werden.
Auch für Sommerungen wird es immer enger
Auch die Sommerkulturen wie Hackfrüchte und Mais zeigen zunehmenden Wasserbedarf. In Niedersachsen wurden bei Zwiebeln und Kartoffeln beispielsweise drei bis vier Beregnungsmaßnahmen durchgeführt. Dagegen weisen Zuckerrüben auf schweren Böden bisher noch keine Anzeichen von Trockenstress auf. Im Falle von Grünland konnten frühzeitig der erste Silageschnitt sowie eine gute Heuqualität erreicht werden. Allerdings beeinträchtigt die Trockenheit den zweiten Aufwuchs, sodass im weiteren Jahresverlauf Ertragsdefizite bei Silage und Heu zu erwarten sind. Dies kann für viehhaltende Betriebe Zukäufe von Futter notwendig machen.
Aufgrund niedriger Bodenfeuchte mussten im Mai, und somit während der Phasen mit geringer Bodenbedeckung durch Sommerkulturen, für weite Teile Nord- und Ostdeutschlands Hinweise vor Winderosion vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in den Landesbehörden ausgegeben werden.
Mit zunehmender Fortdauer der Trockenheit nahm die grundsätzliche Gefährdung durch Wald- und Grasbrand zu. Darüber hinaus sorgten in den mittleren und nordöstlichen Landesteilen ab Ende Juni unter anderem heißgelaufene Teile von Erntemaschinen verbreitet für Flächenbrände.
In Niedersachsen wurde durch die kommunalen Wasserversorger unter anderem im Heidekreis im Mai zeitweise die Nutzung von Trinkwasser für die private Gartenbewässerung untersagt. Ursache war kein Defizit an Grundwasser, sondern eine Überschreitung der Fördermenge der Wasserwerke.
Klimatologische Einordnung
Ranking der Bodenfeuchte unter Winterweizen auf leichten Böden vom 25. Juni bis 2. Juli, bezogen auf die klimatologische Zeitreihe seit 1961. Min. = 1, Max. = 17.
Um das aktuelle Niederschlagsdefizit statistisch einordnen zu können, kann der Standardized Precipitation Index (SPI) herangezogen werden. In der Abbildung unten links ist dieser Index auf Basis des dreimonatigen Zeitraumes von Anfang April bis Anfang Juli 2018 im Vergleich zum klimatologischen Referenzzeitraum 1961 bis 1990 dargestellt.
Besonders in einem von Mittel- bis Nordostdeutschland reichendem Gebiet erreicht dieser Index Werte bis unter minus zwei und zeigt damit eine extreme Dürre an. Entsprechend dem fehlenden Niederschlag der vorausgegangenen drei Monate verringerte sich die Bodenfeuchte mit gleicher räumlicher Verteilung.
Die Abbildung rechts zeigt die Einordnung der zwischen 25. Juni und 2. Juli 2018 simulierten zeitlichen Mittelwerte der Bodenfeuchte unter Winterweizen auf leichtem Boden in die klimatologische Zeitreihe seit 1961. Es lässt sich feststellen, dass die in der betrachteten Woche vorliegenden Werte in den mittleren und nordöstlichen Teilen Deutschlands nahe den absoluten Minima für diesen Zeitraum liegen.