Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will Deutschland möglichst schnell unabhängig von Energieimporten machen. Ein Eckpunktepapier zur geplanten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von Ende Februar enthält ambitionierte Ziele für den Strommarkt.
Bis 2035 soll der Strom in Deutschland nun „nahezu vollständig” aus erneuerbaren Energien stammen. Laut geltendem EEG 2021 sollte dies noch „vor dem Jahr 2050” geschafft sein. Dazu soll unter anderem die Flächenkulisse von Photovoltaik-(PV-)Freiflächenanlagen „maßvoll erweitert” werden, insbesondere um zusätzliche Flächen der neu ausgewiesenen benachteiligten Gebiete sowie um landwirtschaftlich genutzte Moorböden.
„Überragendes öffentliches Interesse”
Die „besonderen Solaranlagen”, also die
Doppelnutzung als Agri-PV, schwimmende PV und Parkplatz-PV, sollen laut
dem Eckpunktepapier eine dauerhafte Perspektive erhalten und dazu von
den Innovationsausschreibungen in das EEG überführt werden. Zur
Beschleunigung des Ausbaus ist zudem geplant, im EEG den Grundsatz zu
verankern, dass die Nutzung erneuerbarer Energien „im überragenden
öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient”.
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine soll es mit der Energiewende
nun schnell gehen. Deshalb befindet sich aktuell bereits ein
Referentenentwurf zur EEG-Novelle in der Ressortabstimmung. Nach
bisheriger Planung wird sich das Bundeskabinett am 6. April mit dem
abgestimmten Entwurf befassen. Das Gesetzgebungsverfahren soll noch vor
der Sommerpause abgeschlossen werden.
Wegen der starken Abhängigkeit von russischem Öl und Gas hat die
deutsche Energiepolitik plötzlich eine starke sicherheitspolitische
Komponente erhalten. Beobachter in Berlin schließen deshalb noch
inhaltliche Anpassungen an der Neufassung des EEG nicht aus.
Biogas als flexibles Backup
Ein positives Echo auf sein Papier erhielt Habeck aus
der Bioenergiebranche. „Wir begrüßen die in den Eckpunkten angekündigte
Stärkung der Rolle der Bioenergie als flexible Backup-Kapazität im
Stromsystem”, erklärte Büroleiterin Sandra Rostek. Kurzfristig lasse
sich allein aus dem bestehenden Bioenergieanlagenpark ein enormes
Potenzial an flexibler und gesicherter Leistung heben, wenn die
Rahmenbedingungen stimmten. Importabhängigkeiten ließen sich dadurch
signifikant verringern und die Versorgungssicherheit durch nachhaltige
heimische Energie deutlich steigern.
Bund muss reagieren
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sieht den
Bund in der Pflicht, die Versorgung und Bezahlbarkeit von Energie
sicherzustellen. „Das größte Problem der Wirtschaft durch den russischen
Angriff auf die Ukraine ist die Furcht vor einem Mangel an bezahlbarer
Energie”, erklärte Aiwanger vergangene Woche am Rande der zweiten
Wirtschafts-Task Force „Ukraine/Russland”.
Der Bund müsse jetzt rasch auf die zuletzt stark gestiegenen Preise für
Gas, Erdöl und Strom reagieren. „Die Mehrwertsteuer auf Energie muss
runter, die Energiesteuern sind auf das europarechtlich mögliche
Mindestmaß zu senken und die Verbraucher sollten auch durch einen
Bundeszuschuss von den Netzentgelten entlastet werden”, forderte der
bayerische Wirtschaftsminister.