Betrieb und Wirtschaft | 19. September 2019

Ukraine hat Export-Mais ohne Ende

Von René Bossert
Kurz vor dem Start der Ernte im Rheintal sind die Erwartungen bei den Erträgen eher bescheiden. Und auch bei den Preisen werden kleine Brötchen gebacken.
Auf dem Rhein werden seit einigen Tagen wieder Kleinwasser- zuschläge erhoben.
Wieder ist es ein Maisjahr, in dem die Erträge stark streuen. Vor allem nach unten hin reicht das bis fast zum Totalausfall. Einige trockenheitsgeschädigte Bestände im Rheintal sind bereits in den Biogasanlagen gelandet, berichteten Erfasser und Landwirte am Dienstag im Gespräch mit der BBZ.
Das gilt nicht nur für Baden, sondern auch für andere Teile Deutschlands. Schlimm hat es offenbar Brandenburg erwischt, wo in diesem Jahr praktisch gar kein Körnermais geerntet werden kann. Im Elsass wird eine leicht unterdurchschnittliche Ernte auf Vorjahresniveau erwartet. Dort fehlen die Spitzenerträge auf guten Standorten. 
Es gibt im Rheintal aber auch zufriedene oder mindestens einigermaßen zufriedene Stimmen: „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen” – diesen Satz hört man mehr als einmal. Alles in allem werden die Erträge über dem letztjährigen Niveau  – 8,8 t/ha in Baden-Württemberg – gesehen. Aber das langjährige Durchschnittsniveau – 2014/18 in Baden-Württemberg 10 t/ha, wobei die Erträge im Rheintal in der Regel etwas darüber liegen –  dürfte wohl nicht ganz erreicht werden.
„Die Kolben sind nicht überall voll”, nennt ein Erfasser einen Grund für die vorsichtigen Einschätzungen. Zurückhaltend sind die Erwartungen insbesondere in der Ortenau, wo manche Marktteilnehmer sogar Erträge erwarten, die den Vorjahresdurchschnitt nicht erreichen.
Haupternte startet erst im Oktober
Mit dem Erntestart wird auf leichten Böden kommende Woche gerechnet, wobei einzelne zünslergeschädigte Bestände im Raum Mannheim bereits geerntet worden sind. Die Haupternte wird erst im Oktober starten und damit nach dem extremen Frühstart im Vorjahr wieder in einigermaßen normalem Rahmen liegen. Frühdruschprämien sind in diesem Jahr kein Thema.
Die Ernteerwartungen für die EU liegen auf durchschnittlichem Niveau, die jüngste Schätzung der EU-Kommission wurde vergangene Woche leicht nach unten korrigiert und liegt nun bei einem Durchschnittsertrag von 7,63 t/ha. Für Deutschland erwartet die EU-Kommission eine Ernte leicht unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre von knapp 4 Mio. t.
Für die EU insgesamt werden rund 66 Mio. t prognostiziert. Das US-Agrarministerium ist für die EU-Ernte mit 64,8 Mio. t etwas vorsichtiger in seiner Schätzung. Die Weltbilanz für Mais 2019/20 sieht das US-Agrarministerium bei einer Produktion von 1,105 Milliarden Tonnen und einem Verbrauch von 1,128 Milliarden Tonnen bei einem Endbestand von  110,5 Mio. t.
Die Produktion wurde wegen einer etwas schwächer bewerteten US-Ernte im jüngsten Marktbericht in der vergangenen Woche etwas zurückgenommen, die Korrektur war im Markt aber schon erwartet worden und führte zu keinen größeren Bewegungen bei den Kursen.
In dieser Woche im grünen Bereich
Knapp ist Mais also nicht und in Verbindung mit der großen Weizenernte und einer erneut großen Maisernte in der Ukraine – deren Exportpotenzial veranschlagt das US-Agrarministerium auf rund 30 Mio. t –  ist die Marktversorgung aus heutiger Sicht komfortabel. Das drückt sich auch im momentanen Preisniveau aus: Bei rund 150 Euro/t   frei Wasserplatz liegt der Erzeugerpreis am Oberrhein, an das Landlager geliefert sind es etwa 145 Euro/t. Der Preis bewegte sich in der ersten Wochenhälfte leicht im grünen Bereich – ein freundlicher Grundtenor im Markt für Agrarrohstoffe sorgte dafür.
Wie geht es weiter? Auf den ersten Blick ziemlich langweilig, ziemlich wenig bewegt: Viel weiter runter sollte es bei dem schon relativ tiefen Preisniveau nicht mehr gehen, erwarten die Marktteilnehmer. Angesichts der mengenmäßig nicht überbordenden Ernte am Oberrhein – zu den nicht üppigen Erträgen kommt auch ein leichter Flächenrückgang – dürfte auch kein übermäßiger Erntedruck aufkommen. Andererseits sehen viele Stimmen im Markt auch keinen Spielraum nach oben, weil aus der Ukraine und Ungarn – von dort übrigens per Zug –  genügend günstige Ware zur Verfügung steht und Weizen reichlich vorhanden ist.
Wenn korrigiert wurde, dann nach unten
Wer sich ein positives Marktszenario ausdenken möchte, verweist auf den seit Monaten bröckelnden Eurokurs. Der erleichter Exporte aus der EU heraus. Wenn das Exportgeschäft mit Weizen weiter so gut läuft wie bisher, könnte es irgendwann im Frühjahr doch Spielräume geben für eine Preisbefestigung beim Körnermais. 
Auch die wenn auch leichten Abwärtskorrekturen bei der US-Maisernte in Verbindung mit den Abwärtskorrekturen für die EU-Erntemenge in der vergangenen Woche werden von optimistischer gestimmten Marktbeobachtern stärker beachtet.
Sie weisen gleichzeitig darauf hin, dass nicht nur die Weizenernte hoch ist, sondern auch der Verbrauch weiter klettert. Und der Markt habe auch in den vergangenen zwölf Monaten unter den Spannungen im Handel zwischen den USA und China gelitten. Falls sich hier eine Entspannung ergeben sollte, seien Preisbefestigungen durchaus möglich.