Land und Leute | 30. August 2022

Aussichtsreich und viel Natur

Von Silke Kohlmann
Urlaub bei uns: Jede Menge Entdeckungen lassen sich auf diesen Touren machen – die Ausblicke reichen bei der Runde auf den Langenhard zwischen Lahr und Seelbach bis in die Vogesen. Der Ettenheimer Naturerlebnisweg öffnet zwischen Dörlinbacher Grund und Münstergraben den Blick für Pflanzen und Insekten.
Von der Konradskapelle reicht der Blick bis zur Burg Hohengeroldseck hinten am Horizont.
Wer den Aussichtsberg Langenhard erobern will, startet am besten in Seelbach. Am Ende der Ludwig-Auerbach-Straße beginnen die Wanderwege. Die Schwarzwald-Tourismus empfiehlt die Tour gegen den Uhrzeigersinn, doch wir entscheiden uns für die Gegenrichtung: So erwartet uns beim Abstieg vom Langenhard ein toller Ausblick Richtung Hohengeroldseck. Zudem können wir recht gemächlich loszuckeln – durchs malerische Litschental. Wir folgen dem Wegweiser Richtung Omersbach und Gasthaus Schwert und gelangen zu einem der bemerkenswertesten Bauwerke Seelbachs: zum Wasserschloss Dautenstein, einer ehemaligen Tiefburg aus der Stauferzeit. Obwohl im Lauf der Geschichte mehrmals zerstört und umgebaut, ist es noch immer wunderhübsch anzusehen: Breite Rundtürme begrenzen das Anwesen, die Fachwerkfassade strahlt leuchtend weiß, Apfelbäume strecken ihre Zweige ins Bild. Wir genießen den Blick vom Wanderweg aus: Besuchen kann man das Schloss nicht, es ist in Privatbesitz. Wir verlassen den Ort, wandern an Gärten und Streuobstwiesen entlang Richtung Süden. Ein paar Ziegen meckern am Hang. Irgendwann begrenzen die Pferdeweiden des Schwörerhofs den Weg und wir erreichen den Naturlehrpfad Litschental. Er bietet viele Informationen über das vielfältige Leben zwischen Bachlauf und Wiesen: Viele Insekten und Vögel leben hier, Ringel- und sogar Schlingnattern fühlen sich wohl. Besonders schön ist es, einfach über die Bohlenstege zu spazieren, hier ins Schilf einzutauchen, dort auf die Blumenwiese hinauszutreten, dem Gezwitscher der Vögel zu lauschen und Blüten ringsum zu entdecken. Am Sohlbach geht es weiter. Und dieser hält an seinem Lauf eine besondere Überraschung bereit: Sein Wasser treibt nämlich eine alte Hammerschmiede an: die Geroldsecker Waffenschmiede, die noch immer betrieben wird – und an Wochenenden besichtigt werden kann. Unter der Woche ist es still, nur der Bach plätschert unter dem alten Gemäuer hindurch. Wir haben noch einen ordentlichen Aufstieg vor uns. Der Weg oberhalb des Gasthauses Schwert führt steil auf den Hasenberg hinauf. Immer wieder bleiben wir stehen, um den Blick zu genießen – und um Atem zu schöpfen. Irgendwann haben wir es geschafft und treten am Höhengasthaus Sternen aus dem Wald heraus. Ein Paradies mit Terrasse und riesigem Spielplatz. Noch ist es zu früh für eine Einkehr – dafür sind wir in Seelbach zu zeitig gestartet. Wir wandern hinauf zu den Karlsbänken, genießen unser Vesper dort in der Sonne und biegen anschließend rechts ab Richtung Kempfenbühl und Langenhard. Hier ist der  höchste Punkt der Runde erreicht. Der Weg zieht sich jetzt eben über den Höhenrücken des Langenhards. Mal sind wir im Wald unterwegs, mal zwischen Weiden. Und bald tauchen  mächtige Windräder auf. Wir lassen sie zügig hinter uns und wandern dem Freizeithof Langenhard entgegen. Einst erstreckte sich hier ein Truppenübungsplatz der Kanadier, heute gehört das Hochplateau zum Nationalen Naturerbe. Noch ist der menschliche Eingriff in die Natur vorherrschend: Ein breiter Feldweg führt schnurgerade zwischen den Weiden hindurch. Der Blick öffnet sich linker Hand in die Rheinebene, dahinter das lange Band der Vogesen. Noch anmutiger aber ist der Blick nach rechts, wo sich ein bewaldeter Schwarzwaldgipfel vor den anderen schiebt. Begleitet von dieser Aussicht biegen wir noch vor dem Freizeithof rechts Richtung Schindelwald ab. Jetzt wird es wilder, ursprünglicher: Zwischen Felsen steigen wir vom Steingraben abwärts zur Konradskapelle. Und dieser Weg eröffnet uns die schönsten Hochgefühle der Tour: Zwischen den Bäumen erhaschen wir immer wieder einen Blick hinunter nach Seelbach und hinüber zur Burg Hohengeroldseck. An der Kapelle breitet sich ein Traumpanorama vor uns aus. Fast am Ende der 13 Kilometer langen Tour angekommen, heißt es nun: hinsetzen und genießen.  
Von Lahr, Haltestelle Schlüssel, fährt der Bus Linie 106, Ausstieg Seelbach Bergstraße. An der Sporthalle Seelbach ist ein Parkplatz. www.kurzelinks.de/ brya

Abgeschiedenheit
Am Wegrand: die Geroldsecker Waffenschmiede
Platsch, plitsch, wusch: Ein Stock nach dem anderen fliegt im hohen Bogen in den Bach. Die beiden Jungs sind vollkommen vertieft in ihr Spiel, suchen neue Wurfgeschosse, erfreuen sich am Aufspritzen des Wassers. Die Großen haben es sich derweil auf den Bänken am Wegrand gemütlich gemacht, schauen hinauf ins grüne Blätterdach, lauschen dem Rauschen und Platschen. Alle sind weit weg vom Alltag, alle vollkommen glücklich in der Abgeschiedenheit des kleinen Tals.
 Der Ettenheimer Naturerlebnispfad hält, was er verspricht: Auf der 8,5 Kilometer langen Teilstrecke, die wir uns vorgenommen haben, erleben wir die herrlichsten Naturräume – und begegnen dabei selbst an einem sonnigen Sonntag kaum einem Menschen. Gestartet sind wir im Dörlinbacher Grund, jenem kleinen Tal mit schönen Blütenwiesen, alten Obstbäumen und plätscherndem Bachlauf. Wir lassen die letzten Häuser hinter uns und folgen den Schildern des Naturerlebniswegs in Richtung Sperrstock. Ab dem Waldparkplatz windet er sich als schmaler Pfad rechts bergauf. Wie die Bergziegen laufen die Kinder voran. Während es unten im Tal feucht und kühl war – der Dörlinbacher Grund ist der Kältepol der Ortenau –, wird uns nun ordentlich warm.
Der Pfad entlässt uns bald auf einen breiteren Weg, aber schon am Wegpunkt Hirschrain wechseln wir auf einen schmalen Pfad – immer dem grünen Wegweiser des Erlebniswegs folgend. Schwarzwaldverein und Stadt Ettenheim haben hier eine tolle Wanderstrecke zusammengestellt, der Naturschutzbund hat sie mit interessanten Infotafeln ergänzt. Zunächst sind wir im dichten Wald unterwegs: Wie durch einen grünen Tunnel steigen wir durch den niederen Buchenwald bergan. Später säumen Nadelbäume den Weg. Feucht ist der Wald hier, ein dicker Teppich aus Moos bedeckt den Boden, rankt an den Stämmen empor und überwuchert selbst Zweige. Wo sich das Blätterdach  lichtet, werden wir von einer wunderbaren Aussicht empfangen: Das Tal lenkt den Blick hinaus in die Rheinebene. Im Morgendunst ragt der Kirchturm von St. Landolin in Ettenheimmünster auf, in der Ferne streckt sich St. Bartholomäus empor. Die Vogesen verschwinden im Nebel. Eine Pause auf der Bank, und wieder tauchen wir ein in den Wald. Nun umgibt uns nur noch das Zwitschern der Vögel. Auf der Karte ist dieser Abschnitt des Wegs als Hutpfad ausgeschrieben. Das Wichtigste für uns: Er ist wild und schmal – ein Weg, wie Kinder ihn lieben. Sie springen über die Wurzeln, rascheln durchs Laub, sammeln Stöcke und Steine. Am Schönheidenbrünnle wechseln wir auf die andere Talseite hinüber und müssen dazu die L103 überqueren. Am Wochenende heißt es hier Acht geben: Eine ganze Menge Motorräder brettert die Landstraße hinab. Sobald wir die Stufen hinunter ins Dickicht genommen haben, können die Kinder erneut lossausen. Nun ist der Wald lieblicher, lichter: Die Sonnenstrahlen schaffen es bis auf den Boden, bunte Blumen säumen den Wegrand, Schmetterlinge tanzen. Wir erreichen den Bachlauf des Münstergrabens. Und hier treffen wir auf diesen schönen Rastplatz am Wasser, legen die Beine hoch, lassen die Kinder am Bach spielen. Irgendwann zieht es alle aus dem schattigen Wald zurück ins sonnenbeschienene Tal. An der Kappler Hütte mit Grillstelle erreichen wir wieder die Wiesen des Naturschutzgebiets. Der Weg schlängelt sich am Bachlauf entlang, leuchtend gelbe Sumpfdotterblumen breiten sich in den feuchten Niederungen aus. Wo der Naturerlebnispfad links bergauf abbiegt, gehen wir geradeaus weiter und erreichen in wenigen Minuten den Ortsrand von Ettenheimmünster. Blütenbunte Gärten, Ziegenweiden und hübsche Fachwerkhäuser säumen die Straßen. An der Kreuzung finden wir den Wegweiser zum Dörlinbacher Grund und gelangen über die Straße hinweg wieder an den Ausgangspunkt unserer Tour – um ganz viele Naturerlebnisse reicher.
Anfahrt per Bahn bis  Orschweier, weiter mit Buslinie 114 bis Ettenheimmünster Kirche, dann zu Fuß über die Münstertalstraße zum Startpunkt (ca. 1,5 Kilometer). Die Tour ist Teilstück des Ettenheimer Naturerlebniswegs, der 25 Kilometer rund um Wallburg, Ettenheimmünster und Münchweier führt. www.ettenheim.de/ettenheimer-naturerlebnisweg