Land und Leute | 25. August 2021

Von Borstenbündeln und dem schwarzen Teufel

Von Julia Schüz
Urlaub bei uns: Wer auch mal steilere Wegpassagen mag, ist am abwechslungsreichen Ritterpfad am Scharfenstein genau richtig. Und Spannendes zur regionalen Geschichte finden handwerklich Interessierte im Bürstenmuseum in Todtnau.
Friedrich Busse zeigt im Museum gerne, wie Bürsten gefertigt wurden – noch immer sind Todtnau und Schönau wichtige Orte der Produktion.
Vor rund 250 Jahren begann die Erfolgsgeschichte der Bürstenherstellung in Todtnau, die bis heute anhält. Im September 2020 wurde diesem Erfolg zu Ehren das Bürstenmuseum in der Spitalstraße 1b in Todtnau eröffnet. Jeweils mittwochs und sonntags von 14 bis 17 Uhr ist die Ausstellung geöffnet – ein Besuch lohnt sich!
Die Besucherinnen und Besucher werden in dem kleinen Museum gleich freundlich empfangen: Auf einem großen Bildschirm begrüßt ein junger Bürstenhändler in historischer Zunftkleidung die Gäste, über seiner Schulter hängen diverse Bürsten. Er stellt sich als Lorenz Wunderle vor (gespielt von Schauspieler Ruben Dietz) – tatsächlich der erste bekannte Schwarzwälder Bürstenhändler. Und schon ist man mitten drin in der Geschichte der Bürstenmacherei, die tief in Todtnau verwurzelt ist. Es geht um den 1746 geborenen Müllerssohn Leodegar Thoma, der schon als Kind seine erste Bürste aus einem Stück Holz und Schweineborsten bastelte, als er die elterliche Mühle schrubben musste. Später machte Leodegar Thoma die Bürstenbinderei zu seinem Handwerk und stellte mit seiner Familie hochwertige Bürsten her, die besagter Lorenz Wunderle mit auf Reisen nahm und an die Kundschaft brachte. Auch viele andere Todtnauer Familien vertrieben sich die Zeit in den langen, dunklen Wintermonaten mit der Herstellung von Bürsten in mühsamer Handarbeit.
Wie sie das gemacht haben, weiß Friedrich Busse. Der Bürstenmacher beherrscht sein selten gewordenes Handwerk und lässt sich  gerne auf die Finger schauen. Mitreißend erzählt er von unterschiedlichen Materialien und Herstellungsweisen und zieht dabei ein Borstenbündel nach dem anderen in die entstehende Bürste ein. Wie viel Fingerfertigkeit und Arbeit in den historischen und teils sehr kunstvoll gefertigten Bürsten in den hübsch dekorierten Regalen und Vitrinen des kleinen Museums steckt!
Im zweiten Ausstellungsraum geht es raus aus der bäuerlichen Manufaktur und mitten hinein in die Industrialisierung. Nach einem kurzen Wiedersehen mit Lorenz Wunderle auf einem weiteren Bildschirm führt Rainer Zahoransky – ganz in echt – durch die Mechanisierung der Bürstenbinderei. Die ausgestellten Maschinen sind faszinierend anzusehen und dürfen teilweise sogar noch zeigen, wofür sie einmal gebaut worden sind.  Zahoransky erzählt dabei von der schrittweisen Weiterentwicklung der Maschinen – die teilweise von seiner Familie ausgetüftelt wurden. Sein Großvater Anton Zahoransky gründete 1902 ein Unternehmen in Todtnau, das Stopfmaschinen zur Bürstenherstellung fertigte. Heute sitzt die Firma Zahoransky  immer noch in Todtnau und ist zum Weltmarktführer im Bürstenmaschinenbau geworden. Damit ist die Reise vom erfinderischen Müllersjungen zur heutigen Bürstenindustrie zu Ende – sie lohnt sich definitiv!
Im kleinen Shop können unterschiedliche Bürsten als praktisches Andenken an den Museumsbesuch gekauft werden. Teilweise wurden sie sogar von Friedrich Busse im Museum handgefertigt. Hier steht auch ein Spendenkässchen bereit, in das gerne eine kleine Anerkennung geworfen werden darf. Der Eintritt ist nämlich frei.
Todtnau Busbahnhof ist mit dem Bus der Linie 7215 ab Kirchzarten zu erreichen, ebenso mit Linie 7300, der Titisee und Zell i.W. verbindet.

Fels und Schlucht
Nichts für faules Fußvolk: Der Ritterpfad im Münstertal weist kleinen und großen Abenteuerlustigen den teils steilen und steinigen Weg zur Burgruine Scharfenstein und weiter in die Stampfbachschlucht. Wer gut zu Fuß ist, kann sich auf einen wunderschönen und abwechslungsreichen Ausflug freuen.
Los geht es am Wanderparkplatz Scharfenstein an der L 123. Der Parkplatz kann gar nicht verfehlt werden: Er befindet sich zwischen Obermünstertal und Wiedener Eck, direkt zu Füßen des gigantischen Felsens Scharfenstein, der hier fast 100 Meter beinah senkrecht in die Höhe ragt. Eine große Tafel verkündet den Start des rund fünf Kilometer langen Rundwegs. Ein kleines rotes Schild, auf dem ein weißer Ritterhelm abgebildet ist, führt die Wanderlustigen zunächst entlang des Glashofbachs. Der Name des Bachs erinnert übrigens an zwei Glasbläsereien, die hier im 16. Jahrhundert standen. Nach etwa einem Kilometer zweigt der Weg links auf einen schmalen Bergpfad ab, den es nicht zu verpassen gilt. Weiter geht es durch einen abenteuerlich aussehenden Wald, der schon seit Langem nicht mehr bewirtschaftet wird. Wer Geduld und etwas Glück hat, soll hier Gämsen beobachten können. Schließlich gelangt man nach einem steilen Anstieg zu den Überresten der Burg Scharfenstein, die sich allerdings nur noch erahnen lassen – von der aus dem 12. Jahrhundert stammenden Burg ist nicht mehr viel übrig. Erbaut haben soll sie der Raubritter Hugo von Scharfenstein, dessen Beiname „der schwarze Teufel” Übles ahnen lässt. Heute lädt eine Bank bei schöner Aussicht zu einer Vesperpause ein. Auf einer weiteren Infotafel finden sich Angaben zur Geschichte der Burg sowie eine Karte, auf der ihre Überbleibsel markiert sind. Heute noch gut zu erkennen ist der ehemalige Burggraben, der sich tief durch die Felsen zieht.
 
Abstecher zu Wasserfällen
Vom Stampfbachtal aus ist der Scharfenstein gut zu sehen.
Auf gut beschilderten Wegen geht es dann wieder hinab und weiter in die wunderschöne Stampfbachschlucht. Von hier aus lässt sich noch einmal der Koloss Scharfenstein bewundern, den man soeben erfolgreich bezwungen hat. Der Weg führt am idyllisch plätschernden Stampfbach entlang und an einigen hübschen Schwarzwaldhäusern vorbei. Wer Lust hat, kann den Ritterpfad hier kurz verlassen und auf dem Stampfbachpfad einen Abstecher zu den kleinen Wasserfällen machen, die von einer Brücke aus besichtigt werden können. Denselben Weg zurückkommend führt ein zwischen den Häusern verstecktes Schild wieder auf den Ritterpfad – am besten nach „Haus Scharfensteinblick” Ausschau halten. Von hier aus geht es an sonnigen Kuh- und Pferdeweiden vorbei zur Scharfensteinhütte und dann zurück auf den Wanderparkplatz.
Wer die Wanderung mit einem Grillfeuer abschließen möchte, findet bei der Scharfensteinhütte eine gemütliche, überdachte Grillstelle vor. Die Hütte kann beim Forstrevier Branden reserviert werden unter Telefon 07636/791407 oder 0171/1401210,  forstrevierbranden@muenstertal.de.