Entdeckungen: Landwirtschaft weltweit und heimische Angebote
Eine Führung übers Gelände dauert etwa anderthalb Stunden und gibt einen Einblick in unzählige Themen, die mit der globalen Landwirtschaft zusammenhängen. Wenn es einzig darum geht, eine ausgewogene Ernährung bereitzustellen, dann reicht die Fläche locker für einen Menschen: Bei einem Ertrag von fünf Tonnen je Hektar erntet man auf 1000 Quadratmetern 500 Kilo Reis – von 1,37 Kilo am Tag wird ein Mensch mehr als satt, und es bleibt noch genug Fläche für die Beilage. Doch je mehr Fläche man nun für Biodiesel, nachwachsende Rohstoffe, Baumwolle und auch Tierfutter verwendet, und je mehr Lebensmittel nicht verzehrt, sondern aus verschiedensten Gründen weggeworfen werden, desto fragwürdiger wird, ob die vorhandene Ackerfläche für alle Menschen ausreichen kann. Eine intensive Landwirtschaft erreicht kurzfristig höhere Erträge und schafft damit mehr Spielräume, neben Lebensmitteln eben auch nachwachsende Rohstoffe anzubauen. Landwirtschaftliche Techniken, die den Boden schonen und langfristig fruchtbarer machen, sorgen für etwas niedrigere, aber dafür langfristig gesehen stabile Erträge und senken den Rohstoffverbrauch, der für die Bewirtschaftung anfällt. Denn ein humusreicher, tief durchwurzelter Boden kommt mit weniger Schlepperfahrten und mit weniger Mineraldünger aus.
So authentisch wie möglich möchte das Weltacker-Team die reale Situation des weltweiten Ackerbaus darstellen. Damit taucht auch die Frage auf, ob, und wenn ja, wie tropische und subtropische Kulturen in Überlingen gedeihen können. „In Gewächshäusern benachbarter Betriebe können wir Pflanzen vorziehen, für die unsere Vegetationsperiode zu kurz wäre. Manche Kulturen haben hier einfach keine Chance. Statt Zuckerrohr haben wir stellvertretend für die süßenden Genusspflanzen die Zuckerhirse gesetzt”, erklärt Jannis Richter, Landwirt und Student der Agrarwissenschaften, der den Anbau auf dem Weltacker neben seinem Studium den Sommer über verantwortet. 20 bis 30 Stunden in der Woche braucht er von Mai bis Oktober, um die Kulturen in Schuss zu halten. Die weiteren Mitglieder des insgesamt elfköpfigen Teams haben überwiegend andere Aufgaben wie Führungen und Bildungsangebote, Marketing und Fundraising.
Neben den Führungen gehört auch ein kulturelles Programm zum Überlinger Weltacker. Im vergangenen Jahr fanden mehrere Konzerte und ein Theaternachmittag statt. Das Ackerklavier ist in einem wetterfesten Schrank auf dem Gelände untergebracht und darf auch von Gästen bespielt werden. Andreas Haslacher, freier Musiker aus der Region, hat das Eventmanagement übernommen. „In diesem Jahr möchte ich den Schwerpunkt auf improvisierte Musik legen”, berichtet er, „denn das, was ein improvisierender Musiker auf der Bühne leistet, hat für mich viel mit den Fähigkeiten zu tun, die wir als Menschheit brauchen, um auf diesem Planeten miteinander auszukommen. Wenig ist bis ins Detail planbar. Aber wenn jeder seine Fähigkeiten einbringt und zugleich darauf achtet, dass sein Beitrag mit den anderen Künstlern harmoniert, kann etwas Schönes entstehen – auf der Bühne wie im echten Leben.”
Das Gelände befindet sich am Ortsausgang vom Überlinger Ortsteil Andelshofen direkt an der B31n und ist täglich von 8 bis 20Uhr geöffnet. Von Dienstag bis Sonntag gibt es je um 16Uhr eine öffentliche Führung. Weitere Führungen, Bildungs- und Kulturangebote unter www.ue berlinger-weltacker.de.
Auf einer Strecke von 7,1 Kilometern liegen fünf verschiedene Hofläden. Beginnend im Ortskern von Lippertsreute geht es über den Schellenberg zum Obsthof Knoll mit frischem Obst der Saison und eigenen Edelbränden. Von hier sind es nur wenige Hundert Meter bis zum Hofladen Neuhaus, der unter anderem Bauernbrot und Nudeln führt. In weitem Bogen führt der Weg zum Sielmann-Biotop. Es ist Teil eines Netzes von neuen Lebensräumen für Tiere und Pflanzen in Sielmanns Biotop-Verbund Bodensee. Ziel ist es, dass sich Flora und Fauna erholen und verschwundene Arten zurückkehren können.
Weiter geht es zum Hagenweiler Hof mit seinen Käsespezialitäten. Der Rückweg zum Dorf führt über den Hippmannsfelder Hof mit eigener Metzgerei und den Hofladen Marquart mit Obst, Bränden, Eiern und Honig aus eigener Imkerei.
Die beste Zeit für diesen Themenpfad ist jeden Freitagnachmittag – denn dann haben alle Hofläden geöffnet: Wer den Obsthof Knoll direkt nach des-sen Mittagspause gegen 13 Uhr erreicht, kann sich hier und im ganztags geöffneten Hofladen Neuhaus Zeit lassen, bis der Hagenweiler Hof um 14 Uhr seine Türen öffnet. Bis der Hippmannsfelder Hof um 18 Uhr und der Hofladen Marquart um 18.30 Uhr schließen, sollte die Runde abgeschlossen sein.
Übrigens: Der Regionalbus der Linie 7379 verbindet den Bahnhof Überlingen mit den beiden Ortsteilen Lippertsreute und Andelshofen.