Land und Leute | 16. August 2022

Hier kommen nicht nur Enkelkinder ins Staunen

Von Christa Maier
Urlaub bei uns: Wer sich für Technik aus früheren Zeiten interessiert, findet spannendes Anschauungsmaterial: In St. Märgen lockt die neu sanierte Rankmühle. In Hinterzarten, ganz nah beim Titisee, bietet das Museum für alte Landtechnik jede Menge Gerätschaften und Maschinen von einst.
Das Museum für alte Landtechnik beherbergt zahlreiche Schätze nicht nur aus der Landwirtschaft, sondern auch Alltagsgegenstände von einst.
„Wenn man da nicht aufpasste, waren die Fingernägel oder noch mehr weg”, zeigt Alois Schubnell auf eine alte Futterschneidemaschine, die neben zahlreichen Exponaten im Museum für alte Landtechnik in Hinterzarten die Zeitgeschichte teilweise um mehrere Jahrhunderte zurückdreht. Fast ehrfürchtig treten die beiden kleinen Museumsbesucher einen Schritt zurück und schauen den alten Futterstuhl lieber aus sicherer Entfernung an.
Das Museum für alte Landtechnik wurde auf Initiative von Oskar und Theresia Ganter vom benachbarten Weberhof zusammen mit Alois und Gertrud Schubnell in der Hofscheune des über 400 Jahre alten Bankenhofs eingerichtet. In diesem historischen Ambiente präsentiert sich eine beeindruckende Sammlung alter landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen, wie sie heute kaum noch zu finden ist.
„Nach Aufgabe unserer Landwirtschaft 1990 überlegten wir, was wir mit dem großen Ökonomiegebäude machen könnten”, sagt Schubnell. Da er mit seiner Familie nicht nur Waldwirtschaft sondern auch den benachbarten Campingplatz betreibt, dachte man zunächst auch an Unterstellmöglichkeiten für Wohnmobile und Wohnwagen. Doch der erstmals 1446 erwähnte Hof, der durch seinen späteren Besitzer, Christian von Bank aus Vorarlberg, seit 1585 den Namen Bankenhof trägt, war dafür eigentlich zu schade. Und zudem: Wohin mit all den landwirtschaftlichen Maschinen und Gerätschaften, die noch aus Zeiten stammen, als mit Stier und Pferd gepflügt und geerntet wurde, und über die Jahrhunderte aufbewahrt wurden? Da hatte Nachbar Oskar Ganter, ein leidenschaftlicher Sammler historischer Landmaschinen und Gegenstände, die zündende Idee für das heute unter Denkmalschutz stehende historische Gebäude.
Was aus dem Gemeinschaftsprojekt wurde, lässt staunen: Mehrere hundert Ausstellungsstücke berichten vom früher entbehrungsreichen und oft harten Leben auf einem Bauernhof im Hochschwarzwald. Für viele Besucherinnen und Besucher, meist Feriengäste, aber auch Vereine oder Schulklassen, ist es heute schwer vorstellbar, mit welchen Mühen die Landwirtschaft in früheren Zeiten verbunden war.
Auf der Wanderung durch die Geschichte der Landtechnik der vergangenen Jahrhunderte entdeckt man Schärle- und Häufelpflüge, Dreschmaschinen, Schrotmühlen, Putzmühle mit liegendem Windrad, Mähmaschinen oder einen Holzschneepflug, mit dem in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Hinterzarten noch die Straßen geräumt wurden. Drei alte Traktoren, die zur Freude der Kinder auch bestiegen werden dürfen, lassen das Herz der Oldtimerfans höher schlagen.
 Wie mit Schenkelbank und Ziehmesser Schindeln für die Dacheindeckung und Fassadenverkleidung eines Hofs hergestellt wurden, lässt sich ebenso gut nachvollziehen. Denn zahlreiche Bilder halten die Erinnerung, wo und wie die Maschinen eingesetzt wurden, wach.
Ein Blick nach oben rentiert sich ebenfalls, denn ein Teil der Dachkonstruktion einschließlich Dachlatten und Holznägeln des fast 600 Jahre alten Hofs ist noch im Urzustand. Abgerundet wird die Ausstellung durch Haushaltsgegenstände, wie Butter- und Springerlemodel, Butterfässle, Fleischwölfe, Kaffeemaschinen, Wäschemangel, Bettpfannen und -flaschen, Badewannen oder Milchkannen.
Und: Einen Korbkinderwagen, der auch im Winter dank Holzkufen problemlos über Schnee und Eis geschoben werden konnte, oder einen Perlkranz, der früher an Allerheiligen das Grab schmückte, findet man genauso wie einen Osterschwamm, der nach dem Anzünden am Osterfeuer wie ein Rauchfass geschwungen und von Haus zu Haus getragen wurde.
Neben dem Haus ist auch eine Hofkapelle mit einem schönen Marienaltar einen Blick wert.
Im Museum dürfen die Ausstellungsstücke durchaus angefasst werden.
Öffnungszeiten Museum: Immer donnerstags von 14 bis 17 Uhr. Größere Gruppen können auch auf Anfrage (Telefon 07652/5888 oder 982136) außerhalb der Öffnungszeiten eine Führung bekommen. Eintrittspreise: Erwachsene 3 Euro, Kinder bis 15 Jahren haben freien Eintritt.
Anfahrt: Über die B 31 nach Titisee, Richtung Bruderhalde/Bärental. Vom Bahnhof Titisee besteht eine direkte Busverbindung, Linie 7300,  zur Haltestelle „Feuerwehrheim-Jugendherberge”. Von dort sind es 50 Meter Fußweg.

Bis 2018 bewohnt
Wenn die Mauern der Rankmühle sprechen könnten, was würden sie nur erzählen? Ganz bestimmt wären es spannende Geschichten vom Rankhof-Bauern, der in der glücklichen Lage war, fließendes Wasser auf einem Grundstück 700 Meter von seinem Hof entfernt zu haben. Damit war 1736 der Weg frei für den Bau einer von einem Wasserrad angetriebenen Getreidemühle. Erzählen könnten die Mauern  auch von vielen Tagelöhnerfamilien und sonstigen weniger bemittelten Familien, denen die alte Bauernmühle eine einfache Wohnmöglichkeit und ein unabhängiges Leben und Wirtschaften dank großer Rauchküche, Stube, Stall, Oftere (Tenne), Pachtfeld und einem Bauerngarten bot.  Denn während die meisten Schwarzwaldmühlen reine Mühlengebäude waren, war die Rankmühle bis 2018 bewohnt.  Dann rettete ein Förderverein das Wohn- und Mühlengebäude mit Mahlwerk und Wasserrad vor dem Verfall:  Nach 1000 Stunden Eigenleistungen und 400000 Euro Investitionskosten erstrahlt die Mühle nicht nur in neuem Glanz, sondern ist heute wieder voll funktionstüchtig.
Das Wasserrad dreht sich gemächlich: Nach umfangreicher Sanierung ist die Rankmühle wieder voll funktionsfähig.
Als „Hauptmotor” bei der Sanierung gilt der stellvertretende Vereinsvorsitzende, Josef Saier. Er hat es sich mit seinen außergewöhnlich engagierten Mitstreitern zum Ziel gemacht, die Rankmühle als historisches Zeitdokument zu erhalten und die Technik der Schwarzwälder Wohnmühle, aber auch die traditionelle Arbeits- und Lebensweise im Hochschwarzwald öffentlich zugänglich  zu machen. Das ist ihnen gelungen.
 „Wir haben alles in Originalzustand versetzt, soweit dies möglich war”, zeigt Josef Faller bei einer Führung auf die wieder freigelegten alten Balken und das Holztäfer in der Wohnstube oder die alte Rauchküche mit dem roten Ziegelsteinboden.
 Ursprünglich gehörte auch ein typischer Schwarzwälder Bauerngarten zur Rankmühle. Heute überrascht eine enorme Artenvielfalt mit 350 verschiedenen heimischen Kräutern sowie Wild- und Wiesenblumen  in den Außenanlagen, die in Kooperation mit dem Schwarzwaldverein angelegt und betreut werden.  Ein Besuch lohnt sich allemal.
Die Zeitreise in die Vergangenheit kann im Klostermuseum in St. Märgen in der Ortsmitte fortgesetzt werden. Dort ist bis Januar 2023 eine Sonderausstellung Holzräderuhren gewidmet, wie sie im 17. bis 19. Jahrhundert in waldreichen Gebirgsgegenden Mitteleuropas gefertigt wurden.
Öffnungszeiten der Mühle: Jeden letzten Samstag im Monat. Der Eintritt ist frei,  Spenden willkommen. Busse der Linie 7216 verkehren ab den Bahnhöfen Kirchzarten und Hinterzarten, Linie 7261 ab Bahnhof Neustadt (Achtung: mit Umleitungen wegen Straßensanierung am Thurner rechnen). Fußweg zur Rankmühle: Vom  Ortskern St. Märgen führt der Landfeldweg vorbei am Hotel Hirschen in rund 10 Minuten zur Mühle. www.rankmuehle.de