Land und Leute | 01. August 2022

Flora, Fauna und Genuss nebenan

Von Thomas Güntert
Urlaub bei uns: In dieser Folge hüpfen wir über die Grenze und sind ganz im Norden der Schweiz unterwegs: Per Fahrrad lohnt eine gemütliche Tour rund um Osterfingen im Unterklettgau. Und zu Fuß lässt sich auf dem Natura Trail Schaffhausen ab Merishausen gut dem Alltagstrubel entfliehen.
Vom Hagenturm reicht der Blick weit über Wiesen und Wälder bis rüber auf die deutsche Seite.
Der Ausgangspunkt der Rundwanderung auf dem Natura Trail ist die Gemeinde Merishausen, die wir vom Bahnhof Schaffhausen in zehn Minuten mit dem Bus Linie 23 erreichen (Ausstieg Gemeindehaus). Von dort geht es ein paar Schritte entgegen der Fahrtrichtung, um dann rechts Richtung Kirchgasse abzubiegen. Die Kirche mit dem bunten Mosaikdach soll in der vorreformatorischen Zeit eine regionale Wallfahrtskirche gewesen sein. Unmittelbar nach der Kirchenmauer biegen wir rechts in einen Wiesenweg ein und folgen immer den gelben Wanderrauten.
Übrigens: Neben mehr als 30 Orchideenarten, die meist im Frühsommer blühen, tummeln sich nach Angabe der Naturfreunde Schaffhausen etwa 160 Wildbienenarten, ein Dutzend Heuschrecken- und 80 Tagfalterarten rund um Merishausen. Mit Glück lassen sich an den Wiesen und Weiden auch Heidelerchen oder Waldschnepfen beobachten.
 Doch zurück zum Weg: In einem Buchenwald geht es über Wurzelstöcke, Felsbrocken und Naturtreppen einen Kilometer steil bergauf. An einer Feuerstelle können wir eine erste Verschnaufpause einlegen. Dann wird es flacher und wir erreichen die Randen-Hochfläche mit satten Getreidefeldern, bunten Magerwiesen und auffallend vielen Wochenendhäusern und Waldhütten.
Ein Teil der Strecke deckt sich mit einem Themenweg, auf dem verschiedene Infotafeln auf die Bewirtschaftung der trockenen Magerwiesen hinweisen. Zwischen den Baumwipfeln thront bereits der 40 Meter hohe Hagenturm, der auf 912 Meter und somit auf dem höchsten Punkt vom Kanton Schaffhausen steht.
Nach viereinhalb Kilometern und rund 500 Höhenmetern erwarten uns noch 225 Treppenstufen bis zur Aussichtsplattform des Stahlwerkturms. Wir genießen eine grandiose Rundumsicht bis in den Großen Kanton, wie die Schweizerinnen und Schweizer  das deutsche Grenzgebiet bezeichnen. Nun geht es eigentlich nur noch abwärts. Nach einem kurzen Stück durch einen lichten Föhrenbestand zweigen wir links auf einen Waldweg ab, wo  die gelben Rauten weiter zum Parkplatz Häidebomm und über den Gutbuck zum Chrüzwäg führen. Die Route zum Buchberghaus ist nun ausgeschildert und nach 13 Kilometern erreichen wir das 100 Jahre alte Naturfreundehaus der Sektion Schaffhausen, das über 40 Betten verfügt und die Besucherinnen und Besucher  mit Wasser aus der eigene Quelle versorgt. Die Herberge mit Spielwiese und offener Grillstelle eignet sich vorzüglich für eine kleine Auszeit für die ganze Familie. Unter der Woche können die mit Bettwäsche ausgerüsteten Zimmer und die Massenlager von Selbstversorgern bezogen werden und an den Wochenenden wird das Haus von Ehrenamtlichen zu moderaten Preisen bewirtschaftet.
Das Buchberghaus ist ein zentraler Treffpunkt für Wandersleute.
Das letzte Stück des Natura Trails führt  auf der nur mit Sonderbewilligung befahrbaren Zufahrtsstraße zur Bettlerhalde, wo wir zwischen den Bäumen drei stillstehende Windräder erkennen, die sich in der Nachbargemeinde im Großen Kanton eigentlich drehen sollten. Auf einem steilen Waldpfad über die Chürbse erreichen wir nach 15 Kilometern wieder Merishausen, wo wir  an der Haltestelle Im Kerr wieder in den Bus steigen können. Weitere Info unter www.na turfreunde.ch/ueber-uns/natura-trails/schaffhausen/.

Vorbei am Steinloch
Wer gerne mit dem Rad unterwegs ist, dem oder der empfehlen wir eine Runde um das kleine Weindorf Osterfingen, das zur Schweizer Gemeinde Wilchingen gehört. Als Startort wählen wir die Bergtrotte, wo wir das Auto gratis abstellen können. Osterfingen ist aber auch vom Bahnhof Wilchingen-Hallau mit der Buslinie 27 zu erreichen.
Auf den ersten Kilometern fahren wir auf dem Rebweg in westliche Richtung und folgen dann der Beschilderung der Schaffhauserland Bikeroute 50. Nach einem Kilometer machen wir  Halt beim Winterlislöchli. Zwei ältere Damen sitzen im kühlen Schatten der eindrucksvollen Nagelfluhhöhle und erzählen, dass in dem Steinloch angeblich die Hausiererin Winterlise gehaust haben soll. Vor dem Schützenhaus Wilchingen verlassen wir die Bikeroute 50 und fahren hinauf in den Osterfinger Rebberg. wir setzen uns auf eine Bank und genießen den grandiosen Ausblick auf das Chläggi, wie in der Schweiz dieser Teil des Klettgaus genannt wird.
Die über 400 Jahre alte Bergtrotte wurde vor ein paar Jahren mit einem Anbau erweitert. Die alte Baumpresse ist das Herzstück des Gebäudes.
Nach einer Abfahrt durch die Serpentinen des Rebbergs folgen wir bei der Kirche wieder der Bikeroute 50. Nun erwartet uns eine etwa dreieinhalb Kilometer lange Steigung mit knapp 200 Höhenmetern. Im kleinsten Gang fahren wir gemächlich den nicht allzu steilen Waldweg hinauf. Nach drei Kilometern verpassen wir jedoch die Abzweigung und stehen plötzlich vor der Wasen-Wanderhütte. Da wir kein Grillzeug dabei haben, kehren wir um und fahren zum Ausflugsrestaurant Rossberghof, wo wir einen Genuss-Stopp einlegen und uns für den langen Anstieg  eine kühle Erfrischung samt deftigem Essen gönnen. Zum Dessert genießen wir die lange Abfahrt bis zum Biotop Wangental, wo wir  Libellen, kleine Amphibien und ein paar Enten beobachten. Auch der Biber soll sich hier niedergelassen haben.
Nach einem kurzen Stück auf der Zollstraße biegen wir auf den neuen Radweg ein, der seit ein paar Wochen direkt nach Osterfingen führt. Schade, dass der Weg nur geschottert und damit für Rennräder nicht geeignet ist, um die gefährliche Verbindungsstraße zwischen Jestetten und Osterfingen zu umfahren. Gut, dass wir mit breiten Stollenreifen unterwegs sind. Das letzte Sahnestück der Genusstour ist die Zusatzrunde durch das abgelegene Straßendorf Osterfingen, in dem rund 350 Menschen wohnen und das sich mit seinen stattlichen Riegelhäusern mit den bäuerlichen Vorgärten wohl zu den schönsten Dörfern der Schweiz zählen darf. Nach 16 Kilometern erreichen wir wieder die Bergtrotte, das Aushängeschild vom Schaffhauser Blauburgunderland, dem Dachverband der Schaffhauser Rebleute und Weinmacher. Im Eingangsbereich steht eine große alte Baumtrotte und im Weinregal vom Restaurant 1584 – benannt nach dem Baujahr der Trotte –  locken über 60 verschiedene Weine aus dem Blauburgunderland. Zum Wohl!