Urlaub bei uns: Für die beiden Ziele dieser Folge gilt es Zeit mitzubringen: Der Kreiterhof bei Egerten bietet nebst Weinwirtschaft in und neben seinem Hofmuseum ein sehenswertes Sammeslsurium an Kuriositäten. Das Textilmuseum in Wehr gibt Einblick in die Welt der Stoffe.
Von diesem Schreibtisch aus kümmerte sich der einstige Chef Carl Denk darum, dass der Betrieb in der Textilfabrik lief.
Wer das von außen eher unscheinbar wirkende
Textilmuseum Brennet betritt, ist schlicht beeindruckt: Über vier Etagen – eine für jede Generation der Unternehmerfamilie – und über insgesamt mehr als 1000 Quadratmeter Fläche erstreckt sich die Ausstellung. Von unten reicht der Blick bis hinauf ins offene Deckengebälk. Obwohl die Räume randvoll mit Informationen zur Mechanischen Buntweberei Brennet (MBB) und der Familie sind, die diese Firma führte, wirken sie nicht überladen, sondern vielmehr liebevoll gestaltet.
Inge Hemberger führt mit Leib und Seele durch das Museum, dazu gehört auch ein Einblick in die zeitgemäß eingerichteten Räume des daran anschließenden ehemaligen Wohnhauses der Unternehmerfamilie Denk. Gegründet wurde die Firma 1881 von Anton Denk, Carl August Hipp und Joseph Raphael Schenz. Wenige Jahre zuvor hatte Denk Hipps jüngere Schwester Maria Anna geheiratet, mit der er elf Kinder hatte.
Maria Denk ist eine wichtige Figur in der Generation der Firmengründer gewesen. „Sie war hauptverantwortlich für die Rasenbleiche und hat den kompletten Versand organisiert”, erklärt Inge Hemberger. Zu bestaunen gibt es auf dieser ersten Etage vor allem die verschiedenen Webstühle, Modelle der einzelnen Standorte der MBB – ein voriger befand sich in Bad Säckingen, in Hausen im Wiesental war die Spinnerei – sowie die bewegliche Miniatur des Wehrer Eisenhammers, dessen Funktionsweise Hemberger demonstriert.
„Bis 1863 wurde hier nämlich noch Eisen produziert”, weiß die Museumsführerin. Das neue Verfahren der Eisenverhüttung des Engländers Henry Bessemer im Ruhrgebiet (mit Kohle) brach der hochrheinischen Eisenindustrie (mit Holzkohle) aber das Genick, weshalb hier bald die Webstühle und nicht mehr der Eisenhämmer klapperten.
In der zweiten Etage dreht sich alles um die zweite Generation, also um Carl Denk und Sophie, eine geborene Schenz. Ausgestellt ist der originale Schreibtisch des Chefs, seine Aktentasche hängt noch daran, als sei er gerade nur kurz aus dem Raum gegangen.
Zu bestaunen sind auch die dicken Musterbücher: „Jedes einzelne ist so schwer, das müssen mindestens zwei Personen gemeinsam tragen”, erläutert Museumsleiterin Rita Augstein. Weiter hinten steht ein großer Baumwollballen. „So kam die Baumwolle in der Weberei in Hausen an, wo sie gesponnen wurde”, erklärt Hemberger den Ablauf. „Gefärbt und gewebt wurde sie schließlich hier in Wehr.”
Ein Blick in die Ausstellung im Textilmuseum. Sie zieht sich über vier Etagen.
Je höher es die Treppen des Museums hinaufgeht, umso tiefer taucht man in die Geschichte des Familienunternehmens ein. Zu sehen gibt es außergewöhnliche Kunstwerke, Trikots der firmeneigenen Fußballmannschaft sowie Musterhemden in Kleinkindgrößen für die großen Messen, auf denen die MBB vertreten war.
Ein Pionier war das Unternehmen in Sachen Heimarbeit: In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bekamen die Kriegswitwen eine Nähmaschine gestellt, an der sie von zu Hause aus die damals so beliebten Stofftaschentücher nähten.
Am 31. März 2013 schloss schließlich die letzte Produktionshalle des Textilunternehmens. „Der Punkt war erreicht, an dem die hier produzierte Ware mit den Preisen aus Fernost nicht mehr mithalten konnte”, erläutert Hemberger. Seitdem wird das Museum nach und nach um weitere Details und Einzelstücke aus der Unternehmensgeschichte erweitert. Wer nach so viel spannend illustrierter Geschichte hungrig und durstig geworden ist, kann direkt gegenüber im Museumscafé Denk-Pause einkehren, das mit selbstgebackenem Kuchen lockt.
Das Textilmuseum ist jeden zweiten und vierten Sonntag im Monat geöffnet, wer eine Führung möchte (auch außerhalb der Öffnungszeiten) kontaktiert Museumsleiterin Rita Augstein,
rita.augstein@brennet.de.
Anfahrt: Das Textilmuseum in Wehr zu finden, braucht ein klein wenig detektivisches Geschick. An der Stelle, wo die Schopfheimer Straße im 90-Grad-Winkel nach links in die Todtmooser Straße abknickt, nicht dem Straßenverlauf folgen, sondern sich geradeaus halten, um auf das Gelände der ehemaligen Mechanischen Buntweberei Brennet zu gelangen. Links stehen die Gebäude der ehemaligen Weberei und Färberei, rechts befindet sich ein Parkplatz, direkt vor Kopf ein Verwaltungsgebäude. Und direkt gegenüber von diesem Gebäude, untergebracht in der ehemaligen Arbeiterunterkunft, befindet sich das Textilmuseum (Im Hammer 2).
Wer mit dem Bus nach Wehr kommt, nutzt die Linie 7320 (Todtmoos – Bad Säckingen) oder 7335 (Schopfheim – Bad Säckingen), Haltestelle „Katholische Kirche”, von dort sind es rund 300 Meter Fußweg.
Hofgeschichte und mehr
An und vor der Fassade im Bereich des Außensitzbereichs lässt sich ein spannendes Sammelsurium entdecken.
Der 200 Jahre alte
Kreiterhof am Ortseingang
Egerten bei Wollbach ist aus verschiedenen Gründen einen Besuch wert:
Neben der Weinwirtschaft, die auch köstliche Obstwaie serviert, gilt es
Spannendes in einem kleinen Museum zur Hofgeschichte im Obergeschoss des
alten Hofhauses zu entdecken. Denn gekauft hatte den Hof bereits
Kreiters Urgroßvater.
Noch aus der damaligen Zeit existieren zahlreiche
Dokumente. Aber auch ein Löwe aus Ton zieht die Blicke auf sich: Er hat
im First des Dachs einen Brand sowie all die Jahre bis heute
überdauert. Zu sehen ist er jetzt in einem Schaukasten. Aus dem Zweiten
Weltkrieg wiederum ist ein Notizbuch übriggeblieben, in dem Kreiters
Großmutter sowohl die Erntemengen, die Kalbungen der Kühe und anderes
rund um die Landwirtschaft notierte, aber auch, wann die Bomben auf das
Tal am Fuße des Kreiterhofs fielen. Stoff für zahlreiche solcher
Geschichten schlummern im Museum.
Und auf dem Hofgelände findet sich noch mehr Spannendes – ein buntes
Sammelsurium an Gerätschaften, altem Geschirr, Milchkannen, Öfen,
Möbeln, Fuhrwerken, Traktoren, Maschinen und mehr. Mit dem Sammeln
begonnen hat Betriebsleiter Armin Kreiter vor gut 20 Jahren, „Es hat
sich einfach so ergeben”, berichtet er. Meist kamen die
Ausstellungsstücke über Mundpropaganda zu ihm.
Übrigens: Der Hof bietet auch zwei Gästezimmer und sechs Stellplätze für
Wohnmobile. Und wer jetzt schon an den Dezember denken mag – dann
verkauft Kreiter hier selbstgezogene Weihnachtsbäume.
Armin Kreiter zeigt an den Wänden seines
Museums verschiedene Dokumente und
Zeitungsausschnitte von anno dazumal.
Zu erreichen ist der Kreiterhof auf vielen Wegen: Spaziergänger können
auf der Wittlinger Höhe parken und folgen dann den Wegweisern des
Wandervereins Südschwarzwald in Richtung Egerten. Bergab gabelt sich der
Weg. Hier gilt es dem weißen Holzpfeil mit roter Schrift zu folgen, der
nach rechts zum Kreiterhof weist. Von hier aus sind es noch gute 20
Minuten zu Fuß, den Hof kann man bald am Gegenhang erkennen. Bereits
beim letzten Stück des Wegs, das nun wieder zwar kurz, aber dafür recht
steil bergauf führt, lässt sich schon die Sammelleidenschaft des
Betriebsleiters erkennen.
Zudem führt ein beliebter Weg für Tageswanderungen von Kandern durch die
Wolfsschlucht bis zum Kreiterhof und anschließend von dort über den
Planetenweg zurück.
Der Hof ist von April bis Dezember offen, die Weinschenke öffnet
Dienstag bis Donnerstag ab 17 Uhr, Freitag bis Sonntag und Feiertage ab
11 Uhr. Führungen sind auch außerhalb der Saison mit vorheriger
Anmeldung möglich.