Land und Leute | 28. Juli 2016

Erfrischende Pfade und ein Museum mit Pfiff

Von Christa Rinklin
Erfrischendes Nass, Kaiserstühler Flora und Fauna und ein Dorfmuseum mit Pfiff, das mit abwechslungsreichen Thementagen regelmäßig von sich reden macht, gilt es dieses Mal in Bötzingen beziehungsweise in Eichstetten zu entdecken.
Der Wasserspielplatz am Schambachbrunnen sorgt für viel gute Laune. Diese Station verbindet den Bötzinger Brunnenpfad mit dem Schambachtal-Erlebnispfad.
Manchmal, besonders im Sommer, tut es gut, einen Tag mal vor sich hin plätschern zu lassen. In Bötzingen am Kaiserstuhl geht dies bestens, denn hier sorgt der Bötzinger Brunnenpfad für erfrischende Abwechslung. Außerdem lässt er sich auf etwa der Hälfte der Strecke sehr gut ergänzen durch den Schambachtal-Erlebnispfad, der interessante Einblicke beispielsweise in die Insektenwelt bietet.
Der Brunnenpfad führt auf einer Strecke von rund sieben Kilometern  an zwölf Laufbrunnen und zahlreichen anderen Sehenswürdigkeiten vorbei. Auf 17 Thementafeln steht Interessantes über die Bedeutung des Wassers, ohne das es kein Leben gäbe: Wasser als Lebensmittel, Reinigungsmittel, Energiequelle und wesentlicher Bestandteil von unzähligen Materialien. Beginnend beim Bahnhof, führt die Tour zum Rathausbrunnen und von dort über ein paar Ecken zum Biggiträgerbrunnen, dessen Name an die starken Männer erinnert, die früher die schwere Last der geernteten Trauben auf ihrem Rücken trugen. Zu den weiteren Stationen des Weges gehört unter anderem die kühle Buntehahlegasse. Dieser tief eingefurchte Lösshohlweg ist im Lauf der Jahrhunderte durch Tritt- und Wagenspuren mit anschließender Erosion durch Wind und Wasser entstanden. Seine bis zu zehn Meter hohen Wände bieten einen einzigartigen Lebensraum für eine große Tier- und Pflanzenvielfalt.
Auch die schmucken Gassen des Oberdorfs, durch die der Themenpfad führt,  sind sehenswert. Mal erinnert ein Brunnen daran, dass es früher meist die Frauen waren, die das Wasser mit Eimern in die Häuser trugen, mal bietet eine Station wie der Brunnen vor dem Rebstock ein schönes Wasserspiel, in dessen Nähe auch der Besuch der St.-Albans-Kapelle lohnt. Ein besonderer Höhepunkt ist der Schambachbrunnen, mit Wasserspielbereich, der die mechanischen Kräfte des Wassers spielerisch zur Geltung bringt. Hier besteht die Möglichkeit, eine ergänzende, 1,7 Kilometer lange Schleife zu drehen und den Schambach-Erlebnispfad zu erkunden (siehe unten). Nach diesem Abstecher zurück auf dem Brunnenpfad geht es an verschiedenen nassen Stationen vorbei, um dann bei der katholischen Kirche über die Hauptstraße hinweg in Richtung March zu führen. Dort wartet der Spielplatz „Im Grün” mit einem Wasser-Matsch-Bereich. Letzte Station ist schließlich eine Mühle, bevor der Weg zum Bahnhof zurückführt. Dieser ist gut mit der Breisgau-S-Bahn erreichbar.
Genau vor 25 Jahren aus ihrem Dornröschenschlaf wachgeküsst wurde die „Obere Schule” von Eichstetten am Kaiserstuhl. Schnell stand fest, dass ihre historischen Mauern und die idyllische Lage der ideale Rahmen für ein bürgerfreundliches Dorfmuseum sind. Heute ist es an seinen Öffnungstagen ein Ort, zu dem die Leute regelrecht pilgern.
Wer beim Wort „Museum” an gähnende Langeweile denkt, liegt im Eichstetter Fall gänzlich falsch. Von Anfang an war für den örtlichen Heimat- und Geschichtsverein klar, dass Geschichte in diesem Haus nicht nur erkennbar, sondern auch erlebbar gemacht werden soll. Umgesetzt wird dieses Konzept mit den sogenannten Themensonntagen, die je nach Motto manchmal nahezu Volksfestcharakter haben.
Ein wichtiger Themenbereich ist das Handwerk vergangener Jahrzehnte. Ob Hausmetzgen, Kachelofenbau, die Rasur beim Barbier oder das Schneiderhandwerk: Hautnah ist zu erleben, was früher etwas ganz Alltägliches war und heute ein Stück weit Nostalgie ist – ohne zu vergessen, immer wieder einen Bogen in die Gegenwart zu spannen. Dabei kommt auch der Spaß nie zu kurz: Wenn das Eichstetter Dorfmuseum in das Thema „Nahversorgung” entführt und das Sanitärhandwerk vorstellt, bleibt auch ein lustiger Badetag im Waschzuber nicht aus. Ganz wichtig ist den Verantwortlichen, Jung und Alt unter einen Hut zu bringen und den Museumsbesuch zu einer Attraktion für die ganze Familie zu machen. Aus diesem Grund wird in der Museumsscheune immer ein Kinderprogramm angeboten, das mit dem Thema der Erwachsenen korrespondiert und die jüngsten Gäste zur kreativen Auseinandersetzung mit der Geschichte animiert. Basteln, Malen oder Experimentieren: Hier ist erlaubt, was Spaß macht und gefällt.
Thementage
Die große Museumsstube im Erdgeschoss, wo in früheren Zeiten den frechen Buben die Ohren vom Lehrer langgezogen wurden, ist das Herzstück des historischen Hauses. Zwischen einer Tasse Kaffee und einem großen Stück selbstgebackener Torte kann man hier in einzigartigen Exponaten versinken und sein Wissen an übersichtlich gestalteten Infotafeln erweitern. Das übergeordnete Thema der Museumssaison 2016/2017 lautet „Kunst und Kultur am Kaiserstuhl”. Wie üblich erwartet Interessierte hier kein verstaubtes Museumseinerlei, sondern eine mit viel Herzblut geschaffene Ausstellung, die dieses kreative Thema zum Greifen nah macht. Besonderen Raum nimmt dabei die Erinnerung an den Eichstetter Kunstmaler Helmut Vögtlin (1920–2000) ein, dessen Atelier mit viel Liebe zum Detail nachgebildet wurde. Blickfänge sind seine typischen, in Öl gemalten Landschaftsbilder und Dorfansichten. Einzigartige und noch nie der Öffentlichkeit gezeigte Dokumente der Zeitgeschichte befinden sich in einer gesonderten Vitrine: Es sind Entwürfe eines Malermeisters für die Innenbemalung der ehemaligen Eichstetter Synagoge, die nie umgesetzt wurden. Die weiteren Thementage beschäftigen sich unter anderem mit „Stein & Design” und „Schmucker Kunst”.
Zu den Aktionen des Dorfmuseums Eichstetten kann auch mal ein lustiger Waschtag im Badezuber dazugehören.
Im Dachgeschoss verläuft die Eichstetter Zeitreise von der Steinzeit bis heute. Diese illustre Dauerausstellung enthält auch einen Gruselmoment: „Die Toten vom Wannenberg” heißt es auf einer der Infotafeln, die von der Entdeckung eines großen Friedhofs aus dem Frühmittelalter berichtet. Mitten in den heutigen Rebbergen wurden 1975 zahlreiche Reihengräber entdeckt, in denen Verstorbene in Kleidung und mit Accessoires wie Schmuck und Gürteln oder auch mit Waffen beigesetzt wurden. Ein weiteres interessantes Thema sind das immense Bevölkerungswachstum im Dorf während des 18. und 19. Jahrhunderts und die damit verbundenen Auswanderungswellen, die Eichstetter Familien bis nach Nordamerika trieben. Die wenigen Habseligkeiten, die sie mitnahmen, bewahrten sie in Auswanderertruhen auf. Eine davon ist im Museum zu bestaunen.
 Kinder können sich auch in dieser Ausstellung  spielerisch mit der Geschichte auseinandersetzen. Dabei lernen sie  beispielsweise mit einem Memory Wörter aus dem Jiddischen und deren Aussprache im Eichstetter Dialekt kennen.
Das Museum im Altweg 93 hat geöffnet  von Mai bis November in der Regel am 3. Sonntag des Monats von 14 bis 18 Uhr (August bis 19 Uhr). Im Juli ist das Museum geschlossen. Führungen sind nach Voranmeldung unter Telefon  07663/3522 möglich. Bushaltestelle Nohlweg. 
Von Blaukernaugen, Rapsweißlingen und einem Gierschlund
Der 1,7 Kilometer lange und kinderwagentaugliche Schambachtal-Erlebnispfad beginnt an Station 10 des Brunnenpfads mit einem Wasserspielplatz, kann aber natürlich auch unabhängig von diesem Themenweg gegangen werden. Dann ist der Einstieg einen Kilometer vom Bahnhof entfernt über Bahnhof-, Haupt- und Sieglestraße zu erreichen. Das liebliche Schambachtal mit seinem Wasserreichtum bietet nicht nur ideale Anbaubedingungen für frisches Gemüse, knackiges Obst und vollmundige Weine, sondern auch optimalen Lebensraum für seltene kaiserstuhltypische Pflanzen und Tiere. So ist die nächste Station auf dem Pfad eine aus Steinen eines alten Bötzinger Bauernhofs erbaute Trockenmauer, die Eidechsen und Blindschleichen Unterschlupf bietet. Durch ein Guckloch lässt sich die Umgebung aus der Sicht einer Eidechse betrachten.
Spaß für Groß und Klein bietet ein durch Sonnenenergie betriebenes Wiedergabegerät. Hier erklingen Kaiserstühler Vogelstimmen, um sie  den abgebildeten Vogelarten zuzuordnen. Eine Wohltat für die Ohren ist jedoch vor allem auch die Stille, von der es im Schambachtal viel gibt.
Eine Gucklochstation bietet Informationen über Maikäfer.
Blühstreifen aus Samen von Kaiserstühler Trockenwiesen, Insekten, Hecken, Totholz sowie Stein- und Reisighaufen säumen den Weg und bieten Schmetterlingen, Wildbienen und dem Mauswiesel Nahrung und ein Zuhause. Dabei führt der Weg zu einem Bewohner, dem Maikäfer, der zwar hübsch anzusehen ist, aber durch seine gefräßigen Engerlinge große Schäden anrichtet. Eine Guckloch-Station bietet einen Einblick in das Leben des kleinen Gierschlunds.
Mauerfuchs, Rapsweißling, Blaukernauge oder Veränderliches Widderchen: Hinter diesen sonderbaren Namen verstecken sich an der nächsten Station wunderschöne Schmetterlinge. Mit einem Daumenkino lässt sich die Metamorphose des Schwalbenschwanzes vom Ei über die Raupe zum Schmetterling miterleben. Wandert man den Erlebnispfad weiter, schließt sich der Kreis der Naturentdeckungen mit einem Schaubienenkasten.