Wer einen Ferienhof in Baden-Württemberg betreibt, darf nun wieder Gäste begrüßen. Wir haben bei Gastgeberinnen nachgefragt, wie der Re-Start lief – und wie sie die Corona-Krise bisher erlebt haben.
Der Kugelschreiber auf dem Labbronnerhof hat frei. Sonst haben ihn die Gäste immer in die Hand genommen, um mit ihm das Anmeldeformular auszufüllen – jetzt liegt der Kulli verwaist in der Schublade. „Die Gäste müssen ihren eigenen Stift benutzen”, sagt Gastgeberin Helene Frei-Zeilinger aus Baiersbronn. Eine Vorsichtsregel gegen die Übertragung Corona. Zur Begrüßung gibt’s keinen freundschaftlichen Handschlag mehr, bezahlt wird möglichst bargeldlos – und auch sonst: am besten keinen Kontakt zu den Gästen. Eigentlich paradox, besticht ein Urlaub auf dem Bauernhof doch auch durch die Nähe zwischen ihnen und den Gastgeberfamilien.
Urlaub auf dem Bauernhof ist wieder angesagt. Welche Erfahrungen machen Anbieterinnen und Anbieter nach der coronabedingten Pause?
Helene Frei-Zeilinger hat Verständnis für die behördlichen Einschränkungen, der Kampf gegen die Pandemie stehe nun mal an erster Stelle. Die damit einhergehenden zwischenmenschlichen Einschränkungen findet sie allerdings äußerst bedauerlich. Auf dem Labbronnerhof wird derzeit nur eine der beiden Wohnungen vermietet, obwohl Anfragen zuhauf vorhanden sind. „Die Gäste suchen bei uns Abstand von Corona”, sagt sie. „Sie wollen wieder den Kopf freikriegen.”
Chance ergreifen auf dem Landeckhof
Die Unsicherheit war groß.
Wie auf allen Ferienhöfen der Nation wusste auch auf dem Landeckhof in
Oberwolfach über Wochen niemand, wann Urlaubsgäste wieder zu ihnen
kommen dürfen. Gastgeberin Martina Faist hat sich in der Pause
zwischenzeitlich mit einem Leben ganz ohne Gäste befasst, nun nach dem
Re-Start aber gemerkt, wie sehr sie es genießt und braucht,
Urlauberinnen und Urlauber willkommen zu heißen. An die meisten Vorgaben
habe sie sich schnell gewöhnt, erzählt sie. Auch die Gäste, die seit
vergangener Woche wieder auf dem Hof sind, hielten sich an die Regeln.
Bei der alltäglichen Arbeit mit den Pferden im Stall sei es zwar etwas
schwieriger, immer Abstand zu halten, sagt Martina Faist, „aber das geht
momentan eben nicht anders.”
Fördermittel für den Ausfall während
der Coronakrise habe sie nicht erhalten, die nun rapide steigende Zahl
an Buchungen entschädige aber ein wenig. „Wir müssen jetzt die Chance
nutzen, für Bauernhofurlaub und Schwarzwaldtourismus zu werben – und die
Menschen dafür gewinnen, hier Urlaub zu machen.”
Zeit genutzt auf dem Kernenhof
Elke
Bähr mag nicht lange Trübsal blasen. Sie guckt lieber nach vorne, macht
das beste aus den Dingen, auch aus einer CoronaKrise. Als der Lockdown
die Welt Mitte März lahmlegte, stand der Kernenhof in St. Georgen nicht
lange still. Elke Bähr und ihr Team packten kräftig an: Den Spielplatz
erweiterten sie um eine Rutsche, sie legten eine neue Sonnenterrasse an,
strichen Wände, werkelten an den beiden neuen Ferienwohnungen. So viel
Zeit haben sie im Frühling sonst nie für solche Dinge, denn da sind die
Wohnungen belegt, zahlreiche Gäste auf dem Hof.
Und nun sind sie wieder da, die Gäste, die froh sind
rauszukommen, Kinder, die eine Ablenkung von Homeschooling brauchen. Die
Nachfrage sei riesig, sagt Elke Bähr. Im Mai musste sie Anfragen aus
der Schweiz ablehnen, Einreisen war nicht möglich. Sie bewarb die
freigewordenen Wohnungen über die sozialen Medien. „Innerhalb eines
Tages hatte ich alles für den Rest des Monats belegt”, sagt Elke Bähr.
Plötzlich neue Zielgruppe auf dem Maienbrunnenhof
Familien
hatten bisher nicht zur Hauptzielgruppe des Maienbrunnenhofs in
Ihringen gezählt. Nun aber fragen auch junge Eltern nach einer
Unterkunft auf dem Winzerhof. „Eher untypisch”, sagt Stefanie Kiss.
„Aber alle sehnen sich nach Urlaub – und viele wollen einfach nur hinaus
ins Grüne, hinaus aufs Land.” Etliche ältere Menschen, die zur
Risikogruppe gehören, haben ihre Urlaube auf dem Maienbrunnenhof
storniert. Ansonsten ist die Auslastung bis in den Herbst hinein laut
der Gastgeberin äußerst gut.
Die Lockerungen, findet Stefanie Kiss,
seien zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Am Anfang, Mitte März, war sie
erleichtert, als das Verbot kam, weil die Situation sowohl Gästen als
auch Gastgebern nicht zuzumuten war. Nun allerdings hat sich die Lage
beruhigt und die Sehnsucht nach Urlaub ist groß. „Jetzt können wir
wieder mit einem guten Gefühl Gäste begrüßen”, sagt Stefanie Kiss.
Und
auch die Gäste scheinen ein gutes Gefühl zu haben, wie sie erzählt:
„Die Freude am Urlaub überstrahlt die Einschränkungen durch Corona.”