Pflanzenbau | 13. August 2015

Trockenstress lässt Erträge schrumpfen

Von Professor Dr. Martin Elsäßer, LAZBW Aulendorf
Welche Folgen hat die Trockenheit für den Grünlandbestand und was können Landwirte tun, um Futterlücken zu schließen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des folgenden Beitrags.
Vertrocknete Grasbestände mit welkendem Löwenzahn. Nur Luzernestöcke ertragen diese lang andauernde Dürre noch einigermaßen gut.
Die in Baden-Württemberg nahezu flächendeckend vorhandene extreme Trockenheit führt in vielen landwirtschaftlichen Betrieben zu akuten Problemen bei der Grundfutterversorgung. Grünlandgräser verdorren und die Bestände sind in Abhängigkeit vom Standort teilweise ein Bild des Jammers. Auf den Weiden muss schon seit einiger Zeit zugefüttert werden und oft frägt man sich, ob auch noch der letzte Halm tief abgefressen werden sollte oder ob der Weidebetrieb umgehend eingestellt werden muss.

Da das vegetative Wachstum von Futtergräsern in besonderem Maße von der Wasser- und der Stickstoffversorgung (N) abhängig ist, führt Trockenstress unabhängig von der N-Versorgung stets zu einem Verlust an ober- und unterirdischer Biomasse von wichtigen Grünlandgräsern wie zum Beispiel Deutschem Weidelgras. Ursache der vergleichsweise geringen Biomasse ist die reduzierte Triebmasse und Blattfläche, eine eindeutige Wirkung auf die Zahl der Triebe und Blätter wurde dagegen bisher nicht gefunden.
 
Da die Triebzahlen weitgehend unbeeinflusst bleiben, ist hieraus zu schließen, dass auch unter semiariden (das sind halbtrockene) Bedingungen die Gräser in der Lage sein müssten, einen gleichbleibend dichten und geschlossenen –  wenn auch im Wuchs schwächeren –  Bestand zu bilden. Man könnte also davon ausgehen, dass sich auch in Trockenzeiten ein ordentlicher Bestand entwickeln dürfte. Da aber Grünland andererseits sehr hohe Ansprüche an den Wasserhaushalt hat, bewirkt selbst eine periodische Trockenheit durch eine nachhaltige Verminderung der Kampfkraft der Gräser eine Veränderung der Narbenzusammensetzung. So können Arten, die sich zügig aus Samen und Ausläufern regenerieren, wertbestimmend für den Aufwuchs werden. Es ist also mit Vorteilen für Quecke, Jährige Rispe, Gemeine Rispe, Löwenzahn oder Brennnesseln zu rechnen. Vor allem der Stumpfblättrige Ampfer profitiert aufgrund seiner sehr tiefen Wurzel. In der Folge verschlechtern sich die Bestände drastisch.
 
Ein weiterer Nachteil des begrenzten Wasserangebotes ist schließlich darin zu sehen, dass die Grasbestände weniger häufig und somit in späten Stadien geerntet werden müssen, was einem Verlust an Verdaulichkeit des Futters gleichkommt. Andererseits kann  der Landwirt aber mit einer höheren Nutzungseffizienz der verfügbaren Wassermenge und –  am Ende eines Aufwuchses –  mit vergleichsweise höheren N-Gehalten im Futter rechnen (aufgrund des geringeren Ertrags und somit geringeren N-Verdünnungseffekts).
Im Zweifelsfall jetzt schneiden
Für die weitere Entwicklung der Grasbestände ist es entscheidend, in welchem Wachstumsstadium etwaige Niederschläge die Grünlandgräser treffen. Fällt Regen auf das Grünland bei fertig entwickelten Halmen, also  etwa im Stadium der Blüte oder sogar nachher, ist die Wirkung des Wassers für die weitere Ertragsentwicklung begrenzt. Das LAZBW empfiehlt deshalb, im Zweifelsfall (siehe PDF) eher jetzt einen Schnitt zu machen, auch wenn nur wenig Aufwuchsmasse vorhanden ist, weil dann aus dem nächsten Aufwuchs noch ein deutlich besserer Ertrag erzielt werden kann –  immer vorausgesetzt natürlich, dass der Regen sich nicht weiterhin so rar macht wie bisher. Mit einer wesentlichen Beschattung des Bodens durch den Grünlandbestand und damit weniger starke Austrocknung ist in der Regel nicht zu rechnen. Der Boden ist bereits jetzt völlig durchgetrocknet.

Ohne Niederschläge bleibt zum derzeitigen Zeitpunkt für den Grünland-Landwirt allerdings wenig zu tun, denn ohne Beregnung ist es zurzeit nicht möglich, auf den eigenen Flächen zusätzliches Futter zu produzieren. Eine Nachsaat zum derzeitigen Zeitpunkt ist risikoreich, denn die Samen würden das kurzfristig vorhandene Wasser einzelner Niederschläge zwar für die Keimung nutzen, bei Ausbleiben von weiterem Regen würden die Keimlinge aber sehr schnell wieder vertrocknen. Besser ist es also, jetzt schon Saatgut zu bestellen und auf Vorrat zu halten, um in den wieder einsetzenden regenreichen Perioden rasch mittels  einer Nachsaat (Schlitzsaat mit Köckerling oder Vredogerät empfiehlt sich) reagieren zu können. 
Gemeine Rispe und Ampfer bekämpfen
Einen positiven Nebeneffekt kann man dem Extremjahr allerdings doch noch abgewinnen: Die Gemeine Rispe hat unter der Trockenheit offensichtlich noch stärker als die anderen Gräser gelitten und ist fast überall abgestorben. Es ist durchaus sinnvoll, die Bestände oberflächig mittels einer Egge aufzureißen, um die vorhandene Gemeine Rispe auszukämmen und Platz für die nachzusäenden Samen zu schaffen. Achtung: Durch eine solche Maßnahme werden auch die im Samenvorrat des Bodens schlummernden Unkrautsamen zur raschen Keimung angeregt. Deswegen wäre es bei verfügbarer Arbeitskapazität sicher gut, die jetzt überall stehenden Blütenstände des Ampfers abzuschneiden, einzusammeln und abzufahren (je Pflanze  wären das immerhin zwischen 15 000 und 60 000 Samen).

Je nach angestrebter Nutzungsintensität des Grünlandes sollten die Anteile an Deutschem Weidelgras in der Nachsaat-Mischung variiert werden. Es ist aber aufgrund der Konkurrenzkraft vorherrschender Ungrasarten unbedingt auf das Vorhandensein von Weidelgras in der Nachsaatmischung zu achten (NSI –  NST oder in Hochlagen Mischung NSU verwenden mit 25 kg /ha Saatgutaufwand).
Nachsaat: Nicht zu viel Stickstoff geben
Das LAZBW macht bereits seit Jahren Versuche mit trockenheitsverträglicheren Grasarten. Zur Ansaat kamen Rohrschwingel (Festuca arundinacea) und Knaulgras (Dactylis glomerata) sowie Wiesenrispe und als Leguminose die Luzerne. Alle Arten ertragen die Trockenheit besser als die anderen Grünlandarten. Im Fall von Knaulgras und Rohrschwingel ist die Aufnahme als Weidefutter aber stark reduziert, auch die sanftblättrigen Sorten des Rohrschwingels werden nicht allzu gerne aufgenommen. Im Fall von Heubereitung ist mit keinen Einschränkungen zu rechnen. Auch Silagebereitung ist möglich. Trotzdem empfehlen wir die Einsaat mit diesen Arten nur in oft trockenfallenden Gebieten. Die Nachsaat ist bis etwa Mitte September möglich. Zusätzliche N-Düngung bei der Nachsaat stärkt eher den Altbestand als die Nachsaat, deswegen sollten Stickstoff-Gaben auf etwa 15 kg N/ha beschränkt werden.

Für Mischbetriebe mit Ackerland besteht  noch die Möglichkeit des Anbaus von Zwischenfrüchten. Nachdem die Feldfrüchte den Acker geräumt haben, sollte aber auf die Ansaat von Zwischenfrüchten in den ausgetrockneten Acker eher verzichtet werden. Erst bei einsetzenden Niederschlägen kann ein zügiges und gleichmäßiges Auflaufen erwartet werden. Bis Anfang September kann auch eine verspätete Aussaat von Einjährigem oder Welschem Weidelgras noch sinnvoll sein (45 kg/ha Saatmenge). Diese Aufwüchse könnten dann am besten frisch verfüttert werden. Das Gleiche gilt für Futterraps, der noch gute Erträge liefern könnte (Saatmenge: 15–20 kg/ha). Welsches Weidelgras zur Frühjahrsnutzung kann auch noch bis Ende September ausgesät werden (Aussaatmenge 40 kg/ha).