Tierhaltung | 17. Januar 2019

Tierwohl: Auch in der Rindermast ein Thema

Von Uwe Eilers und Tobias Fink, LAZBW Aulendorf
Mastrinder werden nach wie vor meist auf Vollspaltenboden gehalten. Von der Öffentlichkeit wird dies zunehmend kritisch gesehen. Doch welche sinnvollen Alternativen gibt es? Wir stellen beispielhaft einige tierfreundlichere Umbaulösungen vor.
Gummiauflagen machen Vollspaltenbodenbuchten grundsätzlich tiergerechter. Allerdings verändert sich das Klauenwachstum der Mastrinder. Die Haltungsdauer muss deshalb begrenzt werden.
Wenig Platz, unstrukturierte Buchten und harte, nicht isolierte Betonflächen zum Liegen – das sind die kritischen Punkte der Rindermast auf konventionellen Vollspalten. Sie führen zu Verhaltensproblemen wie atypischem Aufstehen und Abliegen und haltungsbedingten Verletzungen wie Haut- und Gelenkveränderungen bis hin zu offenen Wunden oder Schwanzspitzenverletzungen.
Um den Boden von Vollspaltenbodenbuchten tiergerechter zu machen, gibt es seit rund zehn Jahren Gummiauflagen speziell für die Bullenmast. In verschiedenen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass sie sich positiv auf das Verhalten und die Gesundheit von Gelenken und Schwanzspitze auswirken. In Wahlversuchen ziehen die Tiere eine gummierte Fläche einer Betonfläche als Liegeplatz eindeutig vor. Eine ganzflächige Ausstattung der Buchten mit Gummiauflagen hat jedoch mangelnden Klauenabrieb zur Folge.  
In einer Untersuchung des LAZBW in Aulendorf wurde festgestellt, dass die gesamte Mastdauer auf Gummibelag stattfinden kann. Aufgrund des deutlich stärkeren Nettowachstums der Klauen ist es jedoch zu empfehlen, die Haltungsperiode auf maximal zwölf Monate zu begrenzen. Sonst wäre ein Korrekturschnitt der Klauen nötig.
So lassen sich Vollspalten tiergerechter machen
Einschränken lässt sich das Klauen-Nettowachstum auch mit einer Teilflächenausstattung der Buchten. Da die gummierte Fläche jedoch allen Tieren ausreichend Platz zum Liegen bieten muss, wird der Flächenbedarf je Tier durch die Strukturierung der Bucht größer (Tab. 1). Da in bestehenden Gebäuden die Buchten oft nicht ausreichend tief sind, um diese Unterteilung sinnvoll vorzunehmen, böte sich die Vormast (bis 400 kg) ohne und die Endmast mit Gummiauflage an. Diese Variante hätte außerdem den Effekt geringerer Veränderungen der Gelenke, die auf Betonboden besonders in der Endmast zu beobachten sind.
Verhaltensabweichungen sowie Verletzungen sind auf Vollspalten häufig auch auf eine Überbelegung der Buchten zurückzuführen. Gesetzliche Vorgaben für das Mindest-Platzangebot je Tier gibt es bisher nicht. Die einschlägigen Empfehlungen, auf die man sich beziehen kann, stammen unter anderem von der Bauförderung Landwirtschaft und vom Europarat (Tabelle 1).
Wie sich ein größeres  Platzangebot auswirkt, wurde unter anderem im schweizerischen  Tänikon in Vollspaltenbuchten mit Gummiauflage untersucht. Die Bedenken von Praktikern, dass es zu einer stärkeren Verschmutzung von Boden und Tieren kommen würde sowie zu einer größeren Aktivität der Rinder inklusive Aufreiten mit Verletzungsfolge, bestätigten sich nicht. Vielmehr wurden durch das größere Platzangebot die täglichen Zunahmen, das Liegeverhalten und die Tierverschmutzung verbessert.
Bei einem Platzangebot von 3,5 m² je Tier für die Periode von etwa 360 bis 550 kg Lebendgewicht konnten diesbezüglich deutlich positive Effekte festgestellt werden. Dass sich das größere Platzangebot auch für den Bullenmäster rechnen kann, haben Auswertungen der Landesanstalt für Landwirtschaft Bayern ergeben. Dabei wurde festgestellt, dass eine Reduzierung der Belegungsdichte bzw. größere Flächenangebote von bis zu 2,9 m² je Tier in der Endmast durch höhere tägliche Zunahmen und verkürzte Mastdauer zu besseren Betriebszweigergebnissen führen können. 
 
Strukturierte Zweiflächenbucht
Wie bereits angesprochen, ist es bei Umbaumaßnahmen oft schwierig, die Buchten sinnvoll zu strukturieren. Neubauvarianten bieten dagegen die Möglichkeit, im Vollspaltensystem mehr Tierkomfort über die komplette Mastzeit zu schaffen, indem die Buchten in zwei Flächen unterteilt werden. Dabei nimmt der Fressbereich im vorderen Teil der Bucht mit Betonspalten etwa 45 Prozent und der hintere Teil als Liegefläche mit gummierten Spalten bzw. Spaltenauflage aus Gummi 55 Prozent der Fläche ein.
In Tabelle 1 sind die Mindestflächenangebote für eine strukturierte Zweiflächenbucht dargestellt. Für eine bessere Sauberkeit der Tiere und eine geringere Ammoniakbelastung in den Buchten kann die Liegefläche mit etwa fünf Prozent Gefälle zum Schlitz ausgestattet werden. Dies begünstigt das Ablaufen von Flüssigkeiten und die Fläche trocknet schneller ab. Zudem kann über eine minimale Einstreu mit Häckselstroh Feuchtigkeit besser gebunden werden, was sich positiv auf die Tiere auswirkt.  
Liegeboxen
Bei Beachtung der spezifischen Empfehlungen sind Liegeboxen für Mastbullen gut geeignet.
Vollspaltenbuchten lassen sich neben Gummiauflagen auch durch den Einbau von Liegeboxen optimieren bzw. in Zweiflächenbuchten umbauen. Liegeboxen haben neben ihrem geringen Platzanspruch den Vorteil einer einstreuarmen und damit arbeitswirtschaftlichen Rinderhaltung. Der Preis für diese Vorteile sind rund 200 Euro je Tierplatz für Matratze und Boxenabtrennung. Zur Eignung von Liegeboxen für Mastbullen sind inzwischen ausreichend Erfahrungen gesammelt worden, so dass folgende Empfehlungen für die Gestaltung gegeben werden können:
  • Robuste Komfortmatratze (zum Beispiel EVA- oder Gummimatratze mit Noppen an der Unterseite)
  • Matratze als Bahnenware oder Einzelmatten mit stabilen Befestigungsschwellen
  • Gefälle 5 bis maximal 8 %
  • Leichte Einstreu zum Binden von Feuchtigkeit
  • Mindestens drei Boxenabmessungen für einen Mastdurchgang (siehe Tabelle 2).
Wie bei Milchkühen bedürfen die Liegeboxen einer regelmäßigen Reinigung. Um gefährliche Situationen zu vermeiden, darf das nur stattfinden, wenn die Tiere entweder sicher im Fressgitter fixiert sind oder sich außerhalb der Bucht befinden.
Beim Umbau von vorhandenen Stallungen hängt der Aufwand von den jeweiligen räumlichen und baulichen Gegebenheiten ab. Bei einer Buchtentiefe von 4,0 m lassen sich Liegeboxen für Bullen bis zu einem Gewicht von etwa 300 kg einbauen, ohne dass weitere Baumaßnahmen am Gebäude nötig wären. Wenn die Buchten weniger Tiefe haben oder schwerere Tiere in größeren Liegeboxen untergebracht werden sollen, muss ein gegebenenfalls vorhandener Treibgang der Bucht zugeschlagen oder die Wand nach außen versetzt werden.
Je nach räumlichen Gegebenheiten können die Liegeboxen auch in Anbauten, als Couchetten oder in separaten Gebäuden mit Laufhofverbindung zum alten Maststall mit Fressplatz untergebracht werden.
 
Tretmistsysteme
Eine grundsätzlich tiergerechtere Form der Rindermast ist die Haltung auf eingestreuten Liegeflächen. Tretmistsysteme gibt es als Ein- oder Zweiflächenbuchten sowie mit Gefälle der Liegefläche nach vorne oder hinten. Sie haben mit 2,5 bis 5 kg Stroh je Großvieheinheit und Tag im Vergleich zu Tieflaufställen den geringeren Strohbedarf. Um eine sichere Funktion des Systems zu erhalten, sind Tiergewichte von mindestens 200 kg (männlich) bzw. 250 kg (weiblich) bei einem Gefälle der eingestreuten Fläche von 4–5 % (männlich) bzw. 8–10 % (weiblich) nötig.
Bei Bullen mit einem Gewicht von über 550 kg ist es sinnvoll, mit weniger oder gar keinem Gefälle zu arbeiten. Es besteht sonst die Gefahr, dass aufgrund der hohen Aktivität der Tiere keine Mistmatratze entsteht bzw. sie vollständig über die Abrisskante getreten wird und die Tiere auf dem Betonboden liegen müssten.
Eingestreut wird immer am oberen Ende der Liegefläche. Die Liegefläche soll maximal eine Tiefe von fünf bis sechs Metern haben. Je schwerer die Tiere sind, umso tiefer kann sie sein.
Anbau einer Liegehalle
Vollspaltenbuchten können durch einen Anbau gut zu einer Zweiflächenbucht mit Tretmistliegefläche erweitert werden.
Vollspaltenbuchten können durch eine Tretmistliegefläche mit Gefälle nach hinten und eine Kotabrisskante an der Außenwand des Anbaus zu einem eingestreuten Verfahren erweitert werden. Der Mist wird durch einen 30 cm hohen Schlitz nach außen getreten. Dieser Außenbereich muss zum Auffangen von Mist und Jauche entsprechend befestigt sein. Das Räumen dieser Fläche kann relativ selten erfolgen, da sie sich außerhalb des  Aufenthaltsbereichs der Tiere befindet. Die unveränderte Vollspaltenbucht stellt den Fressplatz dar.
Vollspaltenbuchten oder Anbindeställe können auch durch den Anbau einer tiefeingestreuten Liegefläche kostengünstig tiergerechter gemacht werden. Um im Altgebäude einen adäquaten Fressplatz zu erhalten, müssen bei Anbindeställen die Anbindungen entfernt, ein Kopfrohr installiert, der Boden aufgegraben und mit Spalten versehen werden. Das Einstreuen und Ausmisten der angebauten Liegefläche kann sehr rationell mit Frontlader oder Radlader erfolgen.
Die aktuellen Anforderungen des Tierschutzes bedeuten auch für die Rindermast eine Anpassung bei den Haltungssystemen. Vollspaltenbuchten lassen sich über Gummiauflagen und ein größeres Platzangebot je Tier diesbezüglich deutlich verbessern. Bei den tierfreundlicheren eingestreuten Systemen sind aus arbeitswirtschaftlicher Sicht sinnvolle Lösungen gefragt.