Auf Druck der EU musste jeder Mitgliedsstaat einen Aktionsplan zum Verzicht auf das Schwänzekupieren beim Schwein erarbeiten. Jetzt beginnt in Deutschland die Umsetzung des nationalen Aktionsplans. Über die Konsequenzen berichtet das Stuttgarter Landwirtschaftsministerium.
Mit der Tierhalter-Erklärung bestätigt der Landwirt die Durchführung einer Risikoanalyse.
Deutschland hat im Herbst 2018 der EU einen Aktionsplan zur Reduzierung des Schwänzekürzens vorgelegt. Ziel des Aktionsplans ist, in den Kupierverzicht einzusteigen. Es geht aber gegebenenfalls auch darum, die Notwendigkeit des Schwänzekupierens für den jeweiligen Betrieb zu begründen und zu dokumentieren sowie die getroffenen Maßnahmen gegen Schwanzbeißen darzulegen. Der Aktionsplan betrifft alle schweinehaltenden Betriebe, die nicht auf das Kupieren der Schwänze verzichten.
Zur Unterstützung der Branche bei der Umsetzung der notwendigen betrieblichen Maßnahmen haben bereits erste Informationsveranstaltungen seitens der Veterinär- und
der Landwirtschaftsverwaltung stattgefunden. Auch der Berufsstand bietet entsprechende Veranstaltungen an. Die Landesanstalt für Schweinezucht Boxberg wirkt bei diesen Informationsveranstaltungen mit und bietet zur Thematik ein passendes Fortbildungsangebot für Tierhalter und Tierärzte an. In zwei neuen Beratungsmodulen in „Beratung.Zukunft.Land” wurde der Aspekt aufgrund der Aktualität explizit aufgenommen.
Was kommt auf die Schweinehalter zu?
Erfasst werden müssen bei der Riskoanalyse erhebliche Schwanz- und/oder Ohrverletzungen. Hilfe bei der Einordnung dieser Verletzungen bietet der KTBL-Leitfaden Tierschutzindikatoren. Er ist kostenlos
abrufbar unter www.ktbl.de/fileadmin/user_upload/Allgemeines/Download/Tierwohl/Leitfaden_Indikatoren_Mastschweine.pdf.
Zum
1. Juli 2019 muss jeder Betrieb mit Saugferkeln, Aufzuchtferkeln, Mastschweinen bzw. Zuchtläufern und Jungsauen, der weiterhin Tiere mit kupierten Schwänzen halten will, eine gültige Tierhalter-Erklärung haben und gegebenenfalls bei seinem Lieferanten vorlegen. Diese ist dann ab dem Ausstellungstag ein Jahr lang gültig. Mit der Tierhalter-Erklärung bestätigt er:
- die Durchführung einer Risikoanalyse
- gegebenenfalls die Einleitung geeigneter Optimierungsmaßnahmen im Betrieb
- gegebenenfalls das Auftreten von Schwanz-/Ohrverletzungen trotz eingeleiteter Maßnahmen als Begründung, dass weiter kupiert werden darf bzw. Schweine mit kupierten Schwänzen gehalten werden
- gegebenenfalls das Halten einer Tiergruppe mit unkupierten Schwänzen.
Konkrete Maßnahmen im Bestand
- Der schweinehaltende Betrieb (der kupiert bzw. kupierte Tiere hält) erhebt zweimal jährlich anhand einer Stichprobe die Schwanz-/Ohrverletzungen von Saugferkeln, Aufzuchtferkeln, Mastschweinen bzw. Zuchtläufern und Jungsauen und beurteilt einmal jährlich die sechs Risikofaktoren nach der EU-Empfehlung 2016/336 (siehe PDF).
- Traten in den zurückliegenden zwölf Monaten nachweislich Verletzungen von mehr als zwei Prozent an den Schwänzen/Ohren auf, dürfen weiter Schweine mit kupierten Schwänzen gehalten werden. Allerdings müssen Maßnahmen zur Reduzierung von Schwanz-/ Ohrverletzungen eingeleitet werden.
- Ohne den Nachweis von Schwanz- bzw. Ohrverletzungen muss mindestens eine Gruppe Schweine mit unkupierten Schwänzen im Bestand gehalten werden. Die Anzahl der Tiere mit unkupierten Schwänzen richtet sich nach den Tierplätzen in dem Maststall, in den sie kommen. In der Mastphase ist eine Tiergruppe mit unkupierten Schwänzen zu halten, deren Anzahl mindestens einem Prozent der vorhandenen Stallplätze entspricht. Lagen die Schwanz-/Ohrverletzungen bei den Schweinen mit unkupierten Schwänzen in den letzten zwölf Monaten unter bzw. gleich zwei Prozent, ist der Tierhalter erfolgreich in den Kupierverzicht eingestiegen. Die Anzahl an Schweinen mit unkupierten Schwänzen ist dann schrittweise zu erhöhen.
Das Ziel: intakte Ringelschwänze
Der Aktionsplan betrifft alle Betriebe, vom Ferkelerzeuger über den spezialisierten Aufzuchtbetrieb bis zum Mäster. Die Betriebe sollen schrittweise und mit Unterstützung durch Tierärzte und Berater aus dem Schwanzkupieren aussteigen. Dafür sollen sie Erfahrungen mit einer unkupierten Kontrollgruppe gewinnen und mithilfe von umgesetzten Optimierungsmaßnahmen in Zukunft auf das Kupieren verzichten können. Hält der Tierhalter ab dem 1. Juli 2021 weiterhin Tiere mit kupierten Schwänzen, muss er der zuständigen Unteren Veterinärbehörde weitergehende Optimierungsmaßnahmen vorschlagen. Gibt es nachweislich Probleme, sodass auf das Kupieren nicht verzichtet werden kann, dürfen die Schwänze beim Ferkelerzeuger gekürzt werden.
Austausch der Tierhalter-Erklärung
Die Tierhalter-Erklärung soll zwischen den Partnerbetrieben in der Produktionskette als Nachweis ausgetauscht werden. Hat ein vor- oder nachgelagerter Betrieb Probleme mit Schwanz-/Ohrverletzungen, so kann weiterhin kupiert werden. In diesem Fall muss die Tierhalter-Erklärung des Problembetriebs beim Ferkelerzeuger und den anderen Partnerbetrieben vorliegen. Der Austausch der Tierhalter-Erklärungen zwischen den Partnerbetrieben ist bei Direktbeziehungen einfach, wird aber umso aufwendiger, je mehr Betriebe und Viehhändler dazwischengeschaltet sind. Dennoch ist der Austausch eine Absicherung für die einzelnen Betriebe.
Importferkel sollen einbezogen werden
Grundsätzlich müssen auch Importferkel in die Systematik des Aktionsplans und den Austausch der Tierhalter-Erklärung eingebunden werden. Hierzu finden aktuell Gespräche unter anderem mit den Niederlanden und Dänemark, also den wichtigsten Herkunftsländern für Importferkel, statt.