Pflanzenbau | 27. August 2020

Terminbestimmung für die Apfelernte

Von Dr. Christian Scheer und Dr. Daniel Neuwald, KOB
Die Wahl des richtigen Erntetermins gehört zu den wichtigsten Maßnahmen, um den Kunden Früchte in hoher Qualität bieten zu können. Dabei gilt es, einen der Vermarktung entsprechenden Kompromiss zwischen Geschmack und Haltbarkeit zu finden.
Die Bekämpfung von Lagerfäulen setzt vor der Ernte ein.
Bei unreifen Früchten hat sich noch kein ausreichendes Aroma bilden können. Jedoch verschlechtert sich mit späteren Ernten die mögliche Lagerdauer. Über die Saison beeinflussen die Wachstumsbedingungen der Früchte am Baum die schlussendliche äußere und innere Qualität sowie die Lagerfähigkeit. Unerlässlich sind dabei ein guter Behang mit einem ausgewogenen Frucht-Blatt-Verhältnis und einer ausreichenden Versorgung mit Nährstoffen und Wasser sowie fördernde Witterungsbedingungen.
Vor allem die Umwelteinflüsse entscheiden über den Zeitpunkt und Verlauf des Aus-
triebs, der Blüte, der Zellteilungs- und der Wachstumsphase und folglich auch über den Beginn der Reife und des richtigen Erntezeitpunkts. Aufgrund des wechselhaften Wetters sind jedes Jahr neue Messungen zur Reife und Qualität vonnöten, um Erntebeginn, Fruchtqualität und Haltbarkeit optimal steuern zu können.
Verschiedene Messmethoden
Jeder Obstbauer sollte die zur Verfügung stehenden Methoden zur Reife- und Qualitätsbestimmung selbst nutzen, um verlässliche Ergebnisse zu der eigenen Obstanlage zu erhalten. Labormethoden wie die Bestimmung des Anstiegs der Ethylenproduktion und der Atmung der Äpfel sind mit einem hohen Zeit- und Geräteaufwand verbunden. Es gibt aber auch verschiedene hilfreiche Schnellmethoden:
  • Fruchtgröße und Morphologie: Kelchhöcker-Abstand möglichst groß – größer als 23 mm; Kelchgruben möglichst tief und Fruchtfleisch möglichst dick – mehr als 20 mm.
  • Refraktometer: Im Fruchtsaft wird der Gehalt an löslicher Trockensubstanz bestimmt, der bei reifen Äpfeln ungefähr 85 Prozent des Zuckergehaltes entspricht. Die Messwerte werden in Grad Brix angegeben.
  • Fruchtfleischfestigkeit: Verwendet wird ein Festigkeitsmessgerät (Penetrometer) mit einer Stempelgröße von 11 mm, das entspricht einem Quadratzentimeter Durchmesser. Die Fruchtfleischfestigkeit wird meist in kg/cm2 angegeben.
  • Stärkeabbauwert: Die mit Jodlösung – Lugol’scher Lösung – behandelte Schnittfläche durch die Frucht quer zum Kernhaus färbt sich an den noch stärkehaltigen Partien dunkel und wird entsprechend einer mehrstufigen Skala von eins bis zehn bewertet. Die verschiedenen Sorten zeigen zur Erntezeit eine sortentypische Stärkeabbaustufe.
  • Reifetest nach Streif. Er ist verlässlich und weit verbreitet. Berechnet wird der Index, indem man die Festigkeit F dividiert durch den Refraktometerwert R mal dem Stärkewert S. Je niedriger der Wert, desto reifer sind die Früchte.
Um ein möglichst repräsentatives Bild des Reife- und Entwicklungszustandes der gesamten Obstanlage zu erhalten, muss eine ausreichend große und homogene Menge an Früchten entnommen und untersucht werden. Weiterführende Angaben zum Reifetest sind auf der Homepage des Kompetenzzentrums Obstbau-Bodensee (KOB) Bavendorf zu finden – www.kob-bavendorf.de.
Zügig, aber dennoch schonend ernten
Damit der berechnete Erntetermin eingehalten werden kann und die Lager schnell befüllt sind, sind eine gute Ernteorganisation und eine schlagkräftige Pflückmannschaft unabdingbar. Dabei muss auf eine behutsame Vorgehensweise beim Pflücken und Transportieren geachtet werden, damit keine Beschädigungen wie Druckstellen, abgerissene Stiele oder Verletzungen durch Fingernägel entstehen. Sorten, die ungleichmäßig reifen und/oder viel Deckfarbe brauchen, müssen mehrmals durchgepflückt werden. Dann sollte generell die erste Ernte für eine geplante langfristige CA-Lagerung verwendet werden. Später gepflückte Äpfel werden entweder nur kurz gelagert oder kommen in den Direktverkauf.

Regulierung von Lagerkrankheiten
Bis zur Ernte muss konsequent die Schorfbekämpfung fortgeführt werden. Als Faustregel gelten je nach Schorfbefall acht bis 14 Tage Abstand zwischen den Applikationen oder 25 bis 35 mm Niederschlag. Damit können Ausfälle durch Lagerschorf auf ein Minimum reduziert werden. Captanhaltige Produkte sind hier von Bedeutung und können bis 21 Tage vor der Ernte eingesetzt werden. Nur ist deren Wirkungsgrad gegen Neofabraea und Gloeosporium zu schwach oder durch die Wartezeit begrenzt. Daher sollte in Abhängigkeit vom erntenahen Witterungsverlauf gezielt ein ausgewiesenes Fungizid zur Lagerfäulenbekämpfung eingesetzt werden. Zugelassen sind unter anderem Produkte mit Einzelwirkstoffen wie Flint (WZ sieben Tage) und Geoxe (WZ drei Tage) sowie Produkte mit zwei Wirkstoffen wie Pomax (WZ drei Tage), Luna Experience (WZ 14 Tage), Switch (WZ drei Tage), Bellis (WZ sieben Tage) und Consist Plus (WZ 35 Tage). Aus Resistenzgründen sollten Produkte mit zwei Wirkstoffen bevorzugt werden. Konträr hierzu sind jedoch die Rückstandsbegrenzungen des Lebensmitteleinzelhandels zu sehen, die einen fachgerechten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln insgesamt einengen. Für Ware, die über diesen Weg vermarktet werden soll, sollten die Vermarktungsvorgaben eingehalten werden.
Denkbar wäre in solchen Anlagen ein Einsatz von Flint, bei anfälligen Sorten wie Golden Delicious, Elstar und Pinova – nach Abstimmung mit den Genossenschaften auch Geoxe. Mehrjährige Untersuchungen am KOB zu mehreren Sorten belegen, dass der Wirkungsgrad von Flint gegen Gloeosporium vergleichbar gut ist. Switch, Geoxe und Pomax zeigten über eine Vielzahl von Versuchen an den Sorten Pinova und Golden Delicious sehr gute Wirkungsgrade.