Betrieb und Wirtschaft | 22. März 2018

Südbadische Milch geht ins Allgäu

Von René Bossert
Milcherzeuger können bei der Bewältigung der Insolvenz der Berliner Milcheinfuhr-Gesellschaft (BMG) nicht auf staatliche Unterstützung hoffen. Die Milch der allermeisten ehemaligen BMG-Lieferanten ist inzwischen anderweitig am Markt untergebracht worden – zumindest vorübergehend.
Das gilt auch für die Erzeuger der Milcherzeugergemeinschaft Ortenau (MEG) und der Erzeugergemeinschaft Milchland Baden-Württemberg. Die Milch der rund 140 Erzeuger der MEG Ortenau mit einer jährlichen Liefermenge von rund 20 Mio. Kilogramm wird nun an die Käserei Denklingen in Schönau im bayerischen Allgäu geliefert, ist aus dem Markt zu hören. Vertraglich fixiert ist die Lieferung bis Ende April.
Die Milch der Erzeugergemeinschaft Milchland Baden-Württemberg – die im östlichen Schwarzwald und weiter östlich sowie in Richtung Bodensee rund 30 Mio. kg Jahresliefermenge auf sich vereinigt – geht ebenfalls ins Allgäu, und zwar in das Schongauer Werk der Hochland-Gruppe. Hier ist von einer  ähnlichen Laufzeit die Rede. 
Die Preisbasis dürfte in beiden Fällen der Spotmarkt sein. Dessen Preise bewegen sich in diesen Tagen zwischen 22 und 25 Cent/kg franko Molkerei.
Insbesondere auf dem Biomilch-Markt ist es im Moment schwer bis unmöglich, als Anbieter Mengen unterzubringen.

Sie haben im Vergleich zur vergangenen Woche um 2 bis 3 Cent/kg nachgegeben, berichteten Marktbeteiligte am Mittwoch. Dies könne an der BMG-Insolvenz liegen, allerdings hätten sich zuletzt auch die Anlieferungsmengen auf dem deutschen Markt etwas nach oben bewegt. Dass zwischen Spotmarkt und dem restlichen Markt eine Preisdifferenz von runden 10 Cent liegt, führt die auskömmliche Marktversorgung vor Augen. Bio-Milch sei im Moment am Spotmarkt praktisch überhaupt nicht unterzubringen.
Branche gefragt
Die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner erteilte Forderungen des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) nach einem staatlichen Nothilfefonds eine Absage. Sie müsse diejenigen enttäuschen, die darauf setzten, der Staat werde es richten, erklärte Klöckner am Donnerstag vergangener Woche beim Berliner Milchforum. Stattdessen sei die Branche gefragt. Sie müsse „alle Kräfte mobilisieren”, die gesamte Milch der BMG-Lieferanten abzuholen.  
Ähnlich äußerte sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied. Er sprach sich gegen staatliche Bürgschaften aus und erinnerte daran, dass sich die BMG in einem besonders volatilen Marktsegment bewegt habe. DBV-Milchpräsident Karsten Schmal erklärte, dass für einen Großteil der betroffenen rund 900 Betriebe  – darunter knapp 200 Betriebe in Baden-Württemberg – alternative Abnehmer gefunden seien. 
Insgesamt hat die BMG zuletzt rund 950 Mio. kg Rohmilch im Jahr erfasst. Schmal hatte an die hiesigen Molkereien appelliert, ihrer Gesamtverantwortung für den Milchmarkt nachzukommen und Möglichkeiten zur kurzfristigen Aufnahme von Milchbauern einzurichten. Die Molkereien sieht Schmal nicht zuletzt auch deshalb in der Pflicht, weil sie zum Teil ebenfalls von der Flexibilität des Rohmilchhandels profitiert hätten.
Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk will die Milchbauern der MEG Ortenau nicht unterstützen, erklärte er gegenüber dem Südwestrundfunk. Es sei ein Fehler gewesen, dass sie sich 2014 von der Schwarzwaldmilch getrennt und neue Vertriebswege gesucht hätten. Demgegenüber zeigte Hauk Verständnis, dass die Schwarzwaldmilch die Milch der MEG nicht abnehmen wolle. Die Ortenauer Milchbauern hatten Hauk und Ministerpräsident Winfried Kretschmann um Unterstützung gebeten.