Das Bundeslandwirtschaftsministerium soll seinen Etat kräftig zusammenstreichen. Das könnte erhebliche Auswirkungen auf die Gemeinschaftsaufgabe (GAK) haben.
Für die Entwicklung der ländlichen Räume in Deutschland spielt die Gemeinschaftsaufgabe eine zentrale Rolle.
Wie vergangene Woche in Regierungskreisen in Berlin bestätigt wurde, erwartet Bundesfinanzminister Christian Lindner von seinem Kabinettskollegen Cem Özdemir im Haushalt 2024 Ausgabenkürzungen von mehr als 400 Mio. Euro. In diesem Jahr beträgt der Etat des Agrarressorts gut 7,1 Milliarden Euro.
Im Agrarhaushalt entfallen nach wie vor knapp 60 % der Mittel auf den Bereich der sozialen Sicherung. Bis auf den verbliebenen Rest der Bundesmittel zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung (LUV) von 100 Mio. Euro sind die Gelder gesetzlich verankert und bei möglichen Einsparungen erst einmal außen vor.
Damit rückt die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) in den Fokus. Sie ist mit 1,13 Milliarden Euro zweitgrößter Ausgabenposten im Einzelplan 10. Dem Vernehmen nach laufen die Vorstellungen im Finanzressort darauf hinaus, die GAK um mindestens 300 Mio. Euro zu kürzen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, zeigte sich alarmiert. Er warnte eindringlich davor, die GAK weitgehend zu entkernen.
Ebenso wie das Landwirtschaftsministerium sollen die meisten anderen Ressorts 2024 mit deutlich weniger Geld auskommen. Von Kürzungen ausgenommen bleiben aller Voraussicht nach nur das Arbeits- und das Verteidigungsministerium.
Nachdem sich Lindner bislang nicht mit den Fachkollegen einigen konnte, soll es nun der Bundeskanzler richten. In Dreier-Gesprächen will Olaf Scholz vermitteln. Über mögliche Annäherungen ist nach ersten Runden am vergangenen Freitag noch nichts bekannt geworden. Auch Özdemir war ins Kanzleramt geladen. Damit wird fraglicher, ob der Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 noch vor der Sommerpause beschlossen wird.
Sie musste schon dieses Jahr Federn lassen
Die GAK ist das wichtigste
nationale Förderinstrument für die Landwirtschaft und die ländlichen
Räume. Bereits in diesem Jahr hat sie Federn lassen müssen: Gegenüber
2022 sind die Bundesmittel um 190 Mio. Euro gekürzt worden, darunter der
Sonderrahmenplan Ländliche Entwicklung um 30 Mio. Euro.
Dennoch spielt die GAK für die Entwicklung ländlicher Räume nach wie
vor eine zentrale Rolle. Die Maßnahmen reichen von der Förderung der
Dorfentwicklung und der ländlichen Infrastruktur über Hilfen zum Ausbau
der Breitbandversorgung bis zur Unterstützung von Kleinstunternehmen
der Grundversorgung. Bundesmittel müssen durch die Länder in der
Regel im Verhältnis 60 zu 40 kofinanziert werden. Eine neuerliche
Kürzung würde deren Spielraum in der Unterstützung ihrer ländlichen
Räume erheblich einschränken.
Unverzichtbar
Die GAK sei unverzichtbar für gleichwertige
Lebensverhältnisse und trage erheblich zur gesellschaftlichen Stabilität in den ländlichen Räumen bei, erklärte Rukwied. Keinesfalls
dürften die Entwicklungschancen auf dem Land ausgebremst werden. Dabei
hat Rukwied auch die Agrarinvestitionsförderung im Auge, die eine
weitere Säule der GAK bildet. Für unzumutbar hält er auch eine
Streichung der LUV-Bundesmittel. Seinen Angaben zufolge würde die daraus
resultierende Anhebung der Berufsgenossenschaftsbeiträge die Betriebe
massiv belasten.
Unterdessen wandte sich der Vorsitzende der Familienbetriebe Land und
Forst, Max von Elverfeldt, gegen eine Kürzung bei der Förderung der
Wiederaufforstung von geschädigten Waldflächen im Rahmen der GAK. Er warf dem Finanzministerium vor, es wolle diese Förderung schleichend aus
der Zuständigkeit des Landwirtschaftsministeriums herauslösen und in
das Umweltministerium überführen.