Eine außergewöhnliche Spargelsaison nimmt Fahrt auf: Die Corona-Krise hat sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite erhebliche Auswirkungen. Wo das hinführt, lässt sich momentan nicht abschätzen.
Die Marktversorgung in dieser Woche ist knapp.
Klar war am Dienstag dieser Woche nur eines: Im Moment gibt es viel zu wenig Spargel, um die vorösterlich freundliche Nachfrage zu bedienen. Es fehlt an Saisonarbeitskräften, wobei der Mangel in den einzelnen Betrieben sehr unterschiedlich stark ausgeprägt ist. „Es gibt Betriebe, die haben nur 20 Prozent ihrer geplanten Saisonarbeitskräfte im Einsatz. Es ist schlimm und ich hoffe, dass die Versorgung sich durch die Flüge verbessern wird”, sagt Hans Lehar, Geschäftsführer der Obst- und Gemüseabsatzgenossenschaft Nordbaden (OGA) in Bruchsal. Obwohl die Preise in der frühen Saisonphase hoch sind, ist Lehar mit Blick auf die knappen Mengen und die Perspektiven frustriert. Die Arbeitskosten werden durch die Auflagen für die Beschäftigung der einzufliegenden Saisonarbeitskräfte steigen. Lehar wurmt, dass nicht alle Kunden im Lebensmittel-Einzelhandel Verständnis für die höheren Preise zeigen. Jetzt Preise drücken zu wollen, sei unfair, kritisiert er dieses Gebaren.
Auch Lorenz Boll hätte gerne mehr Ware zu vermarkten, seine Kunden im Lebensmittel-Einzelhandel fragen interessiert nach. Der Geschäftsführer des Erzeugergroßmarktes Südbaden (EGRO) hat bisher noch keine Ware von Erzeugern angeboten bekommen, die üblicherweise viel in die Gastronomie vermarkten – ein Absatzweg, der in diesem Jahr wegen der Corona-Krise im Moment wegfällt. „Manche Felder sind noch gar nicht angedämmt worden”, beobachtet er. Der begrenzende Faktor werden seiner Einschätzung nach die Erntehelfer sein, trotz der diversen Erleichterungen durch die Politik.
Bisher hohes Preisniveau
Das Niveau bei den Verbraucherpreisen lag in der vergangenen Kalenderwoche mit 11,03 Euro/kg etwas höher als in der Saison 2019 mit 10,26 Euro/kg, berichtet Michael Koch von der
Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI). Die Nachfrage war etwas schwächer als im Jahr zuvor: 4,2 % der Verbraucher kauften Spargel, 2019 waren es im gleichen Zeitraum 4,4 %. Die Verbraucher seien nicht nur durch die Corona-Krise verunsichert, sondern auch durch Medienberichte über teuren Spargel und den Wirrwarr bei Erntehelfern.
In der laufenden Woche seien die Preise bei hoher Nachfrage durch das Ostergeschäft sowohl im Lebensmittel-Einzelhandel als auch an den Großmärkten erfreulich und legten zu Wochenbeginn an den Großmärkten sogar gegenüber der Vorwoche noch zu. Wie es dann weitergeht, ist angesichts der vielen unsicheren Faktoren in diesem Jahr völlig ungewiss. Keiner kann im Moment abschätzen, welche Mengen angesichts der fehlenden Saisonarbeitskräfte geerntet werden können, auch wenn wegen steigender Temperaturen das Angebotspotenzial jetzt schnell zunimmt.
Der Entfall der Gastronomie als Absatzkanal wiegt schwer: Knapp 30 Prozent des Spargels werden laut Koch hierzulande mittlerweile über die Gastronomie vermarktet und dies mit steigender Tendenz. „Möglicherweise heben sich die Mengen, die wegen fehlender Arbeitskräfte nicht geerntet werden, mit den Mengen auf, die nicht in der Gastronomie abgenommen werden”, kann sich Koch vorstellen.
Abzuwarten bleibe, ob die Restriktionen wegen Corona noch während der Spargelsaison aufgehoben würden. Aber selbst wenn man in absehbarer Zeit wieder in Restaurants essen gehen könne, sei nicht sicher, ob die Verbraucher angesichts der Verschlechterung der wirtschftlichen Lage dann nicht ihr Geld zurückhaltender ausgeben würden.
Die eingetrübte wirtschaftliche Lage dürfte nach Einschätzung von Koch auch die Preisspielräume für höherpreisige Produkte wie Spargel begrenzen, auch wenn die Ernte klein ausfällt.