Schweizer sehen die Grenze erreicht
Da in der Schweiz alle Sauen gemäß Tierschutzverordnung frei abferkeln, also nicht mehr in Kastenständen gehalten werden, ist es wichtig, Sauen zu züchten, die möglichst wenig Ferkel erdrücken. Deshalb wurde das Merkmal „Saugferkelverluste” aufgenommen. Schweinehalter auf Biobetrieben in Deutschland und Österreich, die auf Schweizer Genetik setzen, haben beobachtet, dass diese Sauen in der freien Abferkelung außerdem auch umgänglicher seien als internationale Sauengenetiken, bemerkt Albrecht.
Züchtet man auf noch größere Würfe, ist nicht nur ein Ausgleich zwischen den Würfen kaum oder nicht mehr möglich, sondern es sterben auch mehr Ferkel. Das hat Roland Weber am Zentrum für tiergerechte Haltung der eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope in Tänikon festgestellt. Der Hauptgrund: Bei großen Würfen kommen mehr leichtgewichtige Ferkel zur Welt, die unter einem Kilogramm wiegen. Von diesen sterben bis zum Absetzen deutlich mehr Tiere als von den normalgewichtigen.
Je größer die Würfe werden, desto länger dauert die Geburt. Der Sau bereite eine lange Geburt mehr Schmerzen und sie sei stärker erschöpft, sagt Weber. Auch das Risiko schmerzhafter Wundliegegeschwüre an der Schulter steige an. Denn je stärker die Sau abmagert, desto mehr reibt ihr Schulterblatt beim Liegen in Seitenlage auf dem Boden.
Außerdem kommt es zu mehr Unruhe am Gesäuge. Die Sau unterbricht das Säugen häufiger und ändert vermehrt ihre Liegeposition. Dadurch nimmt das Risiko zu, dass Ferkel erdrückt werden.
Doch schon vor der Geburt wird es eng für die Ferkel. Weber spricht vom „intrauterinen Crowding”: Mehr Ferkel bedeuten weniger Platz in der Gebärmutter mit der Folge, dass mehr Embryonen absterben. Es kommen mehr tote und unterentwickelte Ferkel zur Welt. Da die Geburt bei großen Würfen im Durchschnitt länger dauert, ersticken mehr letztgeborene Ferkel in den Eihäuten.
„In der Schweiz züchten wir seit Langem nicht mehr auf größere Würfe, sondern auf sinkende Ferkelverluste und weniger untergewichtige Ferkel”, fasst Adrian Albrecht die Zuchtstrategie der Schweizer Schweinezucht zusammen. Dabei sei man erfolgreich gewesen.
Neu entwickelt die Suisag dazu auch einen Zuchtwert für den Anteil tot geborener Ferkel.
Würden Ferkelverluste bewusst in Kauf genommen, nur weil sich die Leistungssteigerung wirtschaftlich noch ein wenig rechne, widerspreche das den Grundsätzen des Tierschutzes. Deshalb warnt Weber davor, die Wurfgrößen weiter zu steigern.
Eine Ammensau wird mehrfach belastet. Sie muss fremde Ferkel akzeptieren, länger Milch geben und den Rhythmus des Säugens anpassen. Denn junge Ferkel wollen öfter saugen als ältere.
Bei technischen Ferkelammen gibt es diese Probleme nicht. Doch häufig entwickeln die Ferkel Verhaltensstörungen wie das Belly nosing. Sie massieren sich gegenseitig am Bauch, wie sie es am Bauch der Mutter beim Säugen machen. Diese Verhaltensstörung behalten sie auch während der Mast bei.